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Die Geschwister Linda und Lorenz Riele haben den Betrieb übernommen. Die Basis des Geschäftes: Der „Photometer 5010, V5“ .

© Robert Riele GmbH

Exportschlager aus Reinickendorf: Dieser Berliner Familienbetrieb stellt weltweit gefragte Analysegeräte her

Die Firma Riele aus Hermsdorf exportiert ihren Photometer in 40 Länder. Damit können Blut- oder Wasserproben analysiert werden.

Die größte Stärke der deutschen Wirtschaft ist der Mittelstand. Er stabilisiert die Ökonomie des Landes gerade auch in Krisenzeiten. Kleinere Unternehmen mit kurzen Entscheidungswegen sind flexibler als die Großen, egal welcher Branchen.

Deren Aktien werden zwar oft global gehandelt, die Namen sind weltbekannt. Sie glänzen nach außen, scheinen den Markenkern des „Made in Germany“ auszumachen.

Aber tatsächlich sind es gerade mittelständische Familienunternehmen, die in Krisenzeiten so etwas wie einen Stabilitätsanker bilden.

Unter ihnen gibt es die „Hidden Champions“, die versteckten Branchenführer und Hersteller von Spezialgeräten und Maschinen, die in der ganzen Welt gefragt sind. Eines davon feierte kürzlich in der Hermsdorfer Kurfürstenstraße 75-jähriges Bestehen.

Linda und Lorenz Riele, Geschwister, haben zum Jahreswechsel die Geschäftsführung von den immer noch aktiven Eltern übernommen, sie sind die dritte Generation.

Ihr Unternehmen, die „Robert Riele GmbH & Co KG“ liegt mitten in einem Wohngebiet. Wer nicht weiß, dass hier Analyse-Instrumente für Blutüberprüfung und Qualitätsuntersuchungen von Wasser und Chemikalien hergestellt werden, läuft achtlos vorbei. Das ist so gewollt. Die Rieles machen nicht viel Aufhebens von sich.

Labor für die Arzttasche: Der „Photometer 5010, V5“ (oben).
Labor für die Arzttasche: Der „Photometer 5010, V5“ (oben).

© Robert Riele GmbH

Linda Riele, die promovierte Physikerin, 37 Jahre alt, kümmert sich um die technische Weiterentwicklung des Produktes, der 35-jährige Bruder Lorenz besorgt den kaufmännischen Teil.

Beide wurden von den Eltern nicht beeinflusst, unbedingt in das Unternehmen einzusteigen. Linda Riele sagt sogar, bei ihr sei die definitive Entscheidung erst nach der Promotion gefallen.

Das Produkt aus dem Norden Berlins wird von 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gefertigt und in mehr als 40 Länder in der ganzen Welt geliefert.

Das Gerät ist so groß wie eine Aktentasche - kann aber im Prinzip alles

Es ist so groß wie eine Aktentasche, aber es kann im Prinzip alles, was moderne Großlabore mit gewaltigem, technischen Aufwand tagtäglich an hunderttausenden Gewebe- und Blutproben auch machen:

Unter Zusetzung von Reagenzien die Zusammensetzung der Probe analysieren und Auffälligkeiten anzeigen, vor allem den Ärzten, damit Hinweise auf Erkrankungen und so den Schlüssel zu Therapien geben. In Entwicklungsländern, in den Weiten Chinas oder Südamerikas oder Afrikas, gibt es keine Großlabors. Wenn der Arzt auf dem Land nicht die Möglichkeit zur schnellen Analyse hat, kann er seinen Patientinnen und Patienten oft nicht helfen.

Photometer ist die exakte Bezeichnung des Produktes. Besonders gefragt ist es gerade in China, in Libyen und im Jemen. Natürlich gebe es Konkurrenzprodukte aus Asien, sagt Linda Riele.

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Vermutlich sind sie auch billiger. Aber Rieles Photometer ist eben „Made in Germany“, die Geräte funktionieren über Jahre und Jahrzehnte. Ersatzteile werden über regionale Vertreter geliefert.

Aber keiner aus der Familie Riele – auch Mutter Isabel nicht – kann sich erinnern, dass jemals ein Gerät als funktionsuntauglich zurückkam. Noch bis vor 50 Jahren standen auch in Deutschland in vielen Arztpraxen die unauffälligen Photometer aus der Hermsdorfer Kurfürstenstraße. Dann kam die Zeit der Großlabore, die an einem Tage Proben von hunderten von Arztpraxen analysieren konnten, und damit deutlich kostengünstiger arbeiteten als die handlichen Geräte aus dem Berliner Norden.

Das Schicksal der 1946 in Berlin-Mitte gegründeten, aber 1949 in den Westen der Stadt, nach Reinickendorf, umgezogenen Firma, schien besiegelt.

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Aber die Eltern von Linda und Lorenz Riele, Isabel und Wolfgang Riele, setzten entschlossen auf das internationale Geschäft. Und ihre Vermutung erwies sich als richtig: Nämlich, dass vor allem in Entwicklungsländern, aber auch in sehr großen Nationen abseits der Hauptverkehrsachsen der Bedarf an solchen spezialisierten Geräten mit dem medizinischen Fortschritt eher steigen werde.

Das 75-Jahr-Fest konnte coronabedingt nicht groß gefeiert werden

Und so, wie aus dem beschaulichen Hermsdorf die immer weiter entwickelten und vervollkommneten Photometer in die ganze Welt verschickt werden, ist das Gerät im Kleinen umgekehrt auch ein Spiegelbild der globalen Vernetzung:

Das Display kommt aus China. Das Gehäuse aber wird im Schwarzwald gebaut, und die Metallteile liefert ein Hersteller aus Lübars.

Eigentlich wäre am 26. März ein großes 75-Jahr-Fest fällig gewesen. Aber das zu feiern, ging bekanntlich wegen der Corona-Pandemie nicht. Gedacht hat man des Jubiläums natürlich trotzdem.

Und eben weiter gearbeitet. Wie es sich für einen „versteckten Champion“ gehört.

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