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Eine Restauratorin bereitet eine aus dem Gebiet des heutigen Kongo stammende Holzfigur für ihren Umzug ins Humboldt Forum vor.

© Kitty Kleist-Heinrich

Exponate für das neue Humboldt Forum: Auf der Dahlemer Restaurierungsstraße

Im Südwesten Berlins werden die Objekte für das Humboldt Forum vorbereitet. Für das alte Museum gibt es erste Pläne.

Anfang der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts bereiste eine deutsche Expedition das ehemalige Königreich Loango im heutigen Kongo, geleitet von Adolf Bastian, Gründungsdirektor des Ethnologischen Museums Berlin, das damals noch Museum für Völkerkunde hieß.

Von der Reise brachte der Ethnologe einen zweibändigen, 1874/75 veröffentlichten Expeditionsbericht und viele für seine Wissenschaft bedeutsame Objekte mit. Auch die aus Holz geschnitzte, ausgehöhlte Figur eines Hundes gehörte dazu, auf dem Rücken muss er ein Gefäß getragen haben, das bis auf Reste verloren gegangen ist.

Die vergangenen Jahrzehnte befand sich die Figur im Museumskomplex zwischen Lans- und Arnimallee in Dahlem, doch wenngleich die Eröffnung des Humboldt Forums noch ein weiteres Jahr auf sich warten lässt – der Umzug ins Schloss ist doch absehbar und die Vorbereitungen laufen.

Am Donnerstagmittag jedenfalls lag der Holzhund sorgsam auf ein weißes Kissen gebettet, während Restauratorin Susanne Litty mit feinem Gerät daran herumtupfte, lose Partien der Oberfläche aufzuspüren und mit Spezialkleber zu befestigen suchte. In der Station daneben beugte sich eine Kollegin währenddessen über eine alte Kultmaske aus Papua-Neuguinea, hantierte mit extrafeinem Pinsel und einem Klebstoff, den sie besserer Verständlichkeit halber „Tapetenkleister“ nannte, der aber ganz bestimmt nicht aus dem Baumarkt stammte. Eine dritte hatte eine ganze Kollektion von ziemlich neuen Strohhüten aus der Südsee vor sich, offenbar für den Verkauf an Touristen gedacht, auch dies ein Arbeitsgebiet der Ethnologie.

Rund 10.000 Exponate sind für das Humboldt Forum bestimmt

Willkommen also im „Backstage-Bereich des Humboldt Forums“. So nannte es Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der nach Dahlem gebeten hatte, um, unterstützt von Museumsdirektoren und Chefrestauratoren, über die dortigen Vorbereitungen des Umzugs und erste Planungen für eine Weiternutzung des denkmalgeschützten Museumskomplexes zu informieren.

Auch Kultmasken aus Papua-Neuguinea gehören zu den in der „Restaurierungsstraße“ behandelten Objekten.
Auch Kultmasken aus Papua-Neuguinea gehören zu den in der „Restaurierungsstraße“ behandelten Objekten.

© Kitty Kleist-Heinrich

So über die „Restaurierungsstraße“ des Ethnologischen Museums, die im Obergeschoss eingerichtet wurde und deren Stationen die rund 10.000 fürs Humboldt Forum bestimmten Exponate – ein Bruchteil des gesamten musealen Materials – durchlaufen. Die erste, eine Trockenreinigung, bei der die Objekte von Staub und, soweit es geht, von den Resten alter Biozide befreit werden, haben sie da schon hinter sich. Nach der Restaurierung werden sie schriftlich und fotografisch dokumentiert, spezialverpackt und in großen Schränken zwischengelagert, mittels Schildern wie „Afrika“ oder „Südsee“ grob nach Herkunft geordnet.

Für die 2016 begonnenen und bis 2020/21 reichenden Arbeiten werden über 100 Restauratorinnen und Restauratoren eingesetzt, festangestellte oder freiberufliche, das sind weit mehr, als der Berliner Raum an Fachkräften bietet.

Aus dem Dahlemer Museumsbau soll ein Forschungscampus werden

Auch das Asiatische Museum lässt seine Bestände restaurieren, in Dahlem und Berliner Ateliers, sogar auch in Leipzig und Köln. In seinem Teil des Humboldt Forums werden nur etwa 2200 Objekte gezeigt, doch soll die Ausstellung alle drei Monate ausgetauscht werden. Es müssen also sehr viel mehr Sammlungsstücke konservatorisch auf den großen Auftritt im Schloss vorbereitet werden, beim Ethnologischen Museum sind es etwa 10.000 Objekte.

Selbst Strohhütte aus der Südsee werden bearbeitet.
Selbst Strohhütte aus der Südsee werden bearbeitet.

© Kitty Kleist-Heinrich

Die verschobene Eröffnung störe da nicht weiter, sagte Parzinger. Man liege gut in der Zeit, könne die zusätzliche Zeit aber gebrauchen. Allerdings wird der Umzug dadurch teurer. Zuvor seien 32 Millionen Euro veranschlagt gewesen, jetzt werden es sechs Millionen Euro mehr. Der Dahlemer Museumsbau bleibt nicht als leere Raumflucht zurück, soll vielmehr zu einem Forschungscampus ausgebaut werden.

Die Kosten sind noch nicht abzuschätzen

Dafür wurde durch das Architektenbüro Arnold und Gladisch eine „Potenzialstudie“ erstellt, die klären sollte, ob all die angedachten Inhalte in den Gebäudekomplex überhaupt hineinpassen. Die Kernaussage des Papiers: Es passt. Und es soll besser zusammenpassen als bislang, der Komplex durch eine „Campusachse“ zwischen Arnimallee und Lansstraße erschlossen werden

In Dahlem bleibt das Museum Europäischer Kulturen, will sich sogar noch vergrößern, zu einem „Europa-Forum“ entwickeln, ausgelagerte Teile wie Verwaltung, Bibliothek, Restaurierungswerkstätten und Depots aus einem ehemaligen Magazingebäude des Geheimen Staatsarchivs heimholen. Auch das Institut für Museumsforschung und das Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museum sollen in die Lansstraße übersiedeln.

Die drei Bibliotheken des Ethnologischen Museums, des Asiatischen Museums und des Museums Europäischer Kulturen sollen zu einer 230.000 Bände umfassenden Spezialbibliothek zusammengefasst werden. Eine Flächenrochade steht also bevor, mit dem Ziel einer Mischung aus Ausstellungsflächen, Bibliothek, Archiv, Verwaltung, Werkstätten und Depots. Die Kosten? Noch nicht abzuschätzen.

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