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Mark Rackles, bis vor einem Jahr Staatssekretär für Bildung in Berlin und langjähriger Sprecher der SPD-Linken.

© dpa

Ex-Staatssekretär nimmt Auszeit von der Berliner SPD: Mark Rackles sieht „einzigartigen Substanzverlust“ seiner Partei

Der ehemalige Sprecher der SPD-Linken, Mark Rackles, übt scharfe Kritik an seiner Partei. Er will jetzt für das bedingungslose Grundeinkommen werben.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Mark Rackles, ehemals Vize-Landeschef der Berliner SPD und Ex-Sprecher der Parteilinken, der im April 2019 als Bildungsstaatssekretär in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde, nimmt sich jetzt eine "Auszeit von der SPD".

Das teilte der 53-jährige Politologe in einem Brief an die Genossen mit. Sein Parteibuch will er aber behalten. Es gehe ihm "nicht um eine Auszeit von der Sozialdemokratie". Rackles verbindet die interne Ankündigung mit einer grundsätzlichen Kritik am Zustand der SPD.

"Ich war 30 Jahre Funktionär und habe in diesen Zeiten viele Krisen kommen und gehen sehen", schreibt Rackles in dem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt. "Aber der seit mehreren Jahren anhaltende Substanzverlust in organisatorischer, politischer, inhaltlicher und personeller Hinsicht ist einzigartig."

Es gehe ihm aber nicht um die Benennung von einzelnen Schuldigen, die man schnell vom Hof jagen und dann weitermachen könne. "An dieser Krise haben wir als langjährige Funktionäre alle unseren Anteil", so Rackles.

Notwendig sei jetzt eine "zeitgemäße Wiederbelebung der sozialdemokratischen Idee". Deshalb wolle er jetzt "Funktionärszeit" einsparen und inhaltlich an Themen arbeiten, die in Bezug auf die SPD wichtig seien.

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Dazu zählt Rackles die Vermögensbesteuerung, eine menschenwürdige Seenotrettung und "das große Thema" des bedingungslosen Grundeinkommens, für das er ausdrücklich wirbt.

"Reflexhafte Abwehrrhetorik gegen bedingungsloses Grundeinkommen"

In einem mehrseitigen Aufruf "Mut zu neuen Wegen" kritisiert der gelernte Diplom-Kaufmann und Europaexperte, dass SPD und Gewerkschaften auf die anhaltende Debatte über ein bedingungsloses Grundeinkommen bisher mit "reflexhaft wirkender Abwehrrhetorik" reagierten und auf eine seriöse und ergebnisoffene Prüfung dieser Idee verzichtet hätten.

Die Antworten der Sozialdemokraten auf die Probleme der Arbeitsgesellschaft, Erwerbsarbeit und Stellung des Individuums in der Gesellschaft überzeugten im 21. Jahrhundert aber immer weniger Menschen.

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Rackles will nun Mitstreiter suchen, um die Diskussion über das bedingungslose Grundeinkommen voranzutreiben. Er wünschte den Genossen alles Gute und bedankte sich für die Geduld "bezüglich diverser Positionspapiere, Kommentierungen und Briefe" der letzten Jahre.

Rackles, der seit 1985 Mitglied der SPD ist, war stets berühmt und berüchtigt für seine kritischen innerparteilichen Thesenpapiere. Vor einem Jahr hatte er sich aber vorerst ins Privatleben zurückgezogen.

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