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Birgit Malsack-Winkemann (AfD) war von 2017 bis 2021 Bundestagsabgeordnete.

© imago images/photothek/Florian Gaertner

Update

Ex-Abgeordnete zurück im früheren Job: Linke-Senatorin lässt Richterin der AfD am Berliner Landgericht zu

Birgit Malsack-Winkemann kehrt nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag zurück ans Gericht. Laut Verwaltung ließ sich die Wiedereinsetzung nicht verhindern.

Ausgerechnet unter einer Justizsenatorin der Linkspartei kehrt in Berlin eine AfD-Politikerin nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag in ein Richteramt zurück.

Birgit Malsack-Winkemann war von 2017 bis 2021 Abgeordnete, nun ist sie zurück in ihrem früheren Job – als Richterin am Landgericht. Seit vorigen Montag arbeitet sie wieder in der für Baurecht zuständigen Zivilkammer 19A, wie die Justizverwaltung bestätigte.

Der Vorgang ähnelt dem Streit um den früheren Bundestagsabgeordneten und als rechtsextremistisch eingestuften AfD-Mann Jens Maier. Nach Eilanträgen auf Untersagung der Amtsgeschäfte sowie einem Disziplinarverfahren  untersagte das Dienstgericht für Richter dem früheren Bundestagsabgeordneten Maier am Freitagvormittag die Führung der Amtsgeschäfte.

Begründet wurde die vorläufige Entscheidung mit der Zugehörigkeit Maiers zum mittlerweile offiziell aufgelösten Flügel der AfD. Der Schritt sei zwingend geboten, "um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege aufgrund von außerhalb der richterlichen Tätigkeiten liegenden Tatsachen abzuwenden", hieß es in einer Erklärung des Dienstgerichts. Beantragt hatte die Entscheidung das Sächsische Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung.

Malsack-Winkemann wie auch Maier, die 2021 nicht wiedergewählt wurden, nutzten ihren Rückkehranspruch, der ihnen nach dem Abgeordnetengesetz zusteht. Sie saßen für eine Partei im Bundestag, die vom Bundesverfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft werden darf, wie das Verwaltungsgericht Köln vor zwei Wochen entschieden hat.

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Jens Maier gehörte zu dem inzwischen aufgelösten rechten Flügel der AfD.
Jens Maier gehörte zu dem inzwischen aufgelösten rechten Flügel der AfD.

© dpa/Sebastian Kahnert

Doch für ein hartes Vorgehen wie in Sachsen sieht die Verwaltung von Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) im Fall von Malsack-Winkemann wenig Spielraum. Eine Sprecherin bestätigte einen entsprechenden Bericht des Portals „Legal Tribune Online“ (LTO).

„Die rechtlichen Mittel sind in Berlin sehr begrenzt“

Dem Tagesspiegel sagte sie, der Fall sei ausgiebig geprüft worden, die Wiedereinsetzung Malsack-Winkemanns habe sich aber unter den gegebenen Bedingungen nicht verhindern lassen. „Die rechtlichen Mittel sind in Berlin sehr begrenzt“, sagte die Sprecherin. Daher würde die Justizverwaltung gern eine Änderung der rechtlichen Möglichkeiten anstoßen.

Aus dem parlamentarischen Raum signalisierten am Freitagmorgen mehrere Abgeordnete ihre Unterstützung für derartige Pläne. Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der Linksfraktion, sprach sich dafür aus, die im Fall Maier angewandte Richterklage auch in Berlin möglich zu machen. "Der Bundestag und alle Landtage bis auf Berlin, Bayern und dem Saarland haben diese Möglichkeit", erklärte Schlüsselburg.

Er fügte hinzu: "Das sollten wir jetzt zügig im Abgeordnetenhaus als Koalition angehen. Wir brauchen dieses Instrument, um Rechtsextremisten aus dem Richteramt zu entfernen." Das Vertrauen in eine unvoreingenommene, faire und diskriminierungsfreie Justiz dürfe durch Personen wie Richterin Malsack-Winkemann nicht erschüttert werden, erklärte Schlüsselburg weiter, schränkte aber ein: "Schnellschüsse, die vor Gericht scheitern könnten, wären nicht hilfreich." Er plädierte dafür, zunächst die Hauptsacheentscheidung im Fall Maier abzuwarten.

Zuvor hatte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Tom Schreiber, die Wiederanstellung Malsack-Winkemanns am Landgericht als "absolut inakzeptabel" bezeichnet.

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Beobachtern ist Malsack-Winkemann, die zunächst genau wie AfD-Landeschefin Kristin Brinker dem Bezirksverband Steglitz-Zehlendorf angehörte und aktuell Mitglied der AfD-Tempelhof-Schöneberg ist, bestens bekannt. Im März 2017, bei der Kandidatenaufstellung für die Bundestagswahl, warb Malsack-Winkemann mit der Forderung nach geschlossenen Grenzen für sich und kündigte an, „für unser Land kämpfen“ zu wollen.

Nähe zum rechtsextremen Flügel der AfD

Malsack-Winkemanns Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen des inzwischen offiziell aufgelösten rechtsextremen Flügels der AfD deutet auf eine Nähe der ehemaligen Abgeordneten zu der Gruppierung hin. So pflegte die Richterin bis zuletzt beste Kontakte in den vom Flügel dominierten Bezirksverband Marzahn-Hellersdorf, unterstützte diesen im Wahlkampf für die Abgeordnetenhauswahl 2021.

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Außerdem folgte Malsack-Winkemann unter anderem einer Einladung des Brandenburger Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré, der ebenfalls dem Flügel zugeordnet wird. Im September 2019 besuchte Malsack-Winkemann eine Dialogveranstaltung des Flügels in Berlin. Im Dezember 2018 saß Malsack-Winkemann auf Einladung der Brandenburger AfD gemeinsam mit Jens Maier auf einem Podium.

In Hoppegarten traten der Rechtsextremist Jens Maier (r.), Alexander Gauland und Birgit Malsack-Winkemann gemeinsam auf.
In Hoppegarten traten der Rechtsextremist Jens Maier (r.), Alexander Gauland und Birgit Malsack-Winkemann gemeinsam auf.

© AfD-Landesgruppe Brandenburg im Bundestag

Und auch vor der Kooperation mit einem der radikalsten Vertreter des Berliner Landesverbandes, dem mittlerweile ebenfalls ehemaligen Abgeordneten Andreas Wild, schreckte Malsack-Winkemann nicht zurück. Beide engagierten sich gemeinsam bei der Suche nach geeigneten Räumen für mehrfach an fehlenden Locations gescheiterten Landesparteitagen der AfD.

Im März 2020 nahm Malsack-Winkemann eine Einladung Wilds zu einer Veranstaltung in dessen Wahlkreisbüro an, der "Staatsreparatur" in Lichterfelde, und referierte dort über die Haushaltspolitik der Bundesregierung.

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