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Rund ein Millionen Missbrauchsopfer gibt es in Deutschland, schätzen Experten.

© Jens Kalaene/dpa

EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung: Missbrauchsbeauftragter sieht Chance auf besseren Kinderschutz

Der Europäisches Gerichtshof erlaubt bei der Datenspeicherung Ausnahmeregelungen für bestimmte IP-Adressen. Der Missbrauchsbeauftragte Rörig begrüßt das.

Johannes-Wilhelm Rörig, der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, betrachtet das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Vorratsdatenspeicherung als Chance im Kampf gegen Kindesmissbrauch.

Rörig sagte dem Tagesspiegel: „Das Urteil stimmt mich optimistisch, dass wir in Deutschland schon bald eine EU-rechtskonforme Vorratsdatenspeicherung im Kampf gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche haben werden. Bei der Herstellung oder Verbreitung von Missbrauchsabbildungen handelt es sich oft um schwerste Kriminalität.“

Der EuGH hatte zwar klargestellt, „dass eine generelle und unterschiedslose“ Speicherpflicht nicht vereinbar ist mit der Datenschutz-Richtlinie für die elektronische Kommunikation sowie der EU-Grundrechts-Charta. Allerdings erlaubt der EuGH eine Ausnahme für eine bestimmte Gruppen von IP-Adressen. Damit soll unter anderem der Kampf gegen Kindesmissbrauch erleichtert werden.

Rörig begrüßt diese Ausnahmeregelung. „Durch die derzeitige Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung können Spuren zu den Missbrauchstätern im Netz oft nicht verfolgt werden, weil die IP-Adressen von den Internetanbietern bereits gelöscht sind“, sagte er.

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„Dadurch kann in sehr vielen Fällen nicht ermittelt werden. In der Konsequenz heißt das: Kinder können nicht gerettet und Täter nicht verfolgt werden. Dadurch, dass der EuGH jetzt entschieden hat, dass eine anlasslose Speicherung von Quell-IP-Adressen zur Bekämpfung schwerer Straftaten möglich sein soll, sollte der deutsche Gesetzgeber jetzt schnell einen neuen und EU-rechtskonformen Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen."

Auch der Datenschutz müsse sich noch viel stärker als bisher den berechtigten Interessen des Kinderschutzes stellen. Datenschutz dürfe der ausufernden sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Netz „keinen Vorschub leisten“. Der Schutz der Privatsphäre öffne derzeit Missbrauchstätern im Netz sichere Kanäle für den Ausbau ihrer perfiden Netzwerke. „Das ist ein unhaltbarer Zustand.“

Justizministerium: Fahndungsdruck auf Täter soll erhöht werden

Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte, „der Europäische Gerichtshof wird über die Vereinbarkeit der deutschen Regelungen über die Vorratsdatenspeicherung mit dem europäischen Recht im dazu anhängigen Verfahren entscheiden“. Der Gesetzentwurf zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder, den Bundesjustizministerin Christine Lambrecht vorgelegt habe, habe das Ziel, den Fahndungsdruck und das Entdeckungsrisiko für Täter deutlich zu erhöhen.

Der Gesetzentwurf sehe auch vor, dass Ermittlungsbehörden die Vorratsdatenspeicherung zur Verfolgung dieser schweren Straftaten nutzen können, sofern das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof die deutschen Regelungen bestätigen.

Der Straftatenkatalog der Verkehrsdatenerhebung solle auf die neu gefassten Tatbestände der sexualisierten Gewalt gegen Kinder erstreckt werden. Zudem solle der Katalog auf die geänderten Kinderpornografie-Tatbestände erweitert werden. Anders als bislang wären nicht nur die gewerbs- oder bandenmäßige Verbreitung erfasst, sondern auch die übrigen Begehungsformen der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes von tatsächlicher oder wirklichkeitsnaher Kinderpornografie.

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