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Berlin. Das Coronavirus soll die Stadt Finanzexperten zufolge mehrere Millionen pro Monat kosten.

© dpa

Es wird richtig teuer: Das Coronavirus könnte den Berliner Senat Milliarden kosten

Der Senat rechnet mit einer hohen Haushaltslast durch Steuerausfälle, Ausgaben und Einnahmeverluste. Die Kosten werden die Milliardengrenze wohl überschreiten.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Coronakrise wird richtig teuer. Da sind sich auch in Berlin die Finanzexperten der Koalition einig. Nach ersten groben Schätzungen, die intern kursieren, wird der öffentliche Haushalt jeden Monat, den der Ausnahmezustand anhält, mit einer dreistelligen Millionensumme belastet. Massive Steuerausfälle, Einnahmeverluste in den Landeseinrichtungen und zusätzliche Ausgaben etwa für den Gesundheitsschutz und die Wirtschaftsförderung werden in Berlin in der Summe die Milliardengrenze voraussichtlich weit überschreiten.

Offizielle Prognosen wagt bisher aber niemand. „Belastbare Zahlen wird es vorerst nicht geben“, sagt der SPD-Haushaltspolitiker Torsten Schneider. „Da kann man nur raten – und das will ich nicht.“ Wer jetzt behaupte, er könne die finanziellen Folgen der Coronakrise schon benennen, „der ist nicht bei Sinnen“, warnt auch der Grünen-Haushälter Daniel Wesener vor voreiligen Schlüssen. Klar sei immerhin, dass in dieser Situation die gesetzliche Schuldenbremse außer Kraft gerate, so Wesener.

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Die Landeshaushaltsordnung lässt Ausnahmen vom Verschuldungsverbot „zur Bewältigung von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Landes entziehen und die Finanzlage des Landes erheblich beeinträchtigen“, zu. Die Lage sei schwierig, aber im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften seien Deutschland und Berlin „glücklicherweise nicht schlecht aufgestellt“, sagte der Grünen-Politiker dem Tagesspiegel.

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Einig sind sich die Regierungsfraktionen SPD, Linke und Grüne, dass der Senat finanzpolitisch voll handlungsfähig sei. Das gelte, so heißt es in Koalitionskreisen, beispielsweise für die schnelle Bewilligung außerplanmäßiger Ausgaben, für zusätzliche Kreditermächtigungen und Ausfallbürgschaften sowie Hilfsgelder etwa für kleine und mittlere Unternehmen oder freie Träger. Abgerechnet wird sicher erst, wenn ein Ende der Krise in Sicht ist. Spätestens dann ist ein Nachtragshaushalt für 2020 fällig, der es in sich haben wird.

Zillich: Mit Instrumenten normalen Haushaltsrechts ist Herausforderung nicht beizukommen

„Sehr große Ausgaben und sehr große Einnahmeausfälle sind zu erwarten.“ Konkreter will sich auch der Linken-Finanzexperte Steffen Zillich nicht festlegen. Er plädiert dafür, alle nur möglichen und sinnvollen Instrumente kreativ einzusetzen, soweit öffentliches Geld hilfreich sein kann. „Mit den Instrumenten des normalen Haushaltsrechts ist dieser Herausforderung nicht beizukommen.“ Schon deshalb sei ein Nachtragshaushalt kein aktuelles Thema. „Erst einmal müssen wir wissen, was in nächster Zeit tatsächlich auf uns zukommt“, sagte Zillich.

Die parlamentarische Kontrolle und Steuerung der öffentlichen Finanzen durch den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses muss in jedem Fall sichergestellt werden. Da sind sich alle Fraktionen im Parlament einig. Falls Gelder schnell freigegeben werden müssen, sind Sondersitzungen geplant, möglicherweise schon in dieser Woche.

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Die Finanzverwaltung des Senats hält sich mit Prognosen vollständig zurück. „Für valide Zahlen ist es noch viel zu früh“, sagte die Sprecherin der Behörde, Eva Henkel. Die finanziellen Reserven des Landes Berlin sind laut Haushaltsplan 2020 eher gering, es wird nur noch ein Überschuss von 167 Millionen Euro erwartet. Ohne Corona! Allerdings warten im landeseigenen Investitionsfonds Siwana noch 2,3 Milliarden Euro darauf, ausgegeben zu werden, und in der Konjunkturausgleichsrücklage liegen 327 Millionen Euro, die eingesetzt werden könnten, um das drohende Defizit ein bisschen abzufedern.

Vielleicht hat Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) auch wieder Glück und erzielt, wie in den vergangenen Jahren, einen deutlich höheren Überschuss als bislang vorgesehen. Im vergangenen Jahr lag der Landeshaushalt mit 1,6 Milliarden Euro im Plus.

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