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Ein Bild aus glücklicheren Abiturzeiten, hier feierten 2012 Schülerinnen und Schüler des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums.

© Doris Spiekermann-Klaas

„Es ist sehr enttäuschend“: Die Erinnerung an das Abi 2020 wird für immer virusbelastet bleiben

Die Mottowochen sind abgesagt, die Abschlussprüfungen werden vielleicht verschoben. Zwei Abiturientinnen erzählen, sie die Coronavirus-Krise erleben.

Es sollte der fröhliche Abschluss der Schulzeit werden. Eigentlich wollten Berlins Abiturienten in diesen Tagen ihre Mottowoche feiern und dazu jeden Tag anders verkleidet in die Schule kommen. Das Coronavirus hat ihnen den Spaß verdorben. Die Schulen sind geschlossen, wann die Abiturprüfungen geschrieben werden, ist unklar. Zwei Abiturientinnen erzählen, wie sie mit der Situation umgehen.

„Die Feierlaune ist erst mal nicht mehr da“

Johanna Bellon, 17, Abiturientin am Heinrich-Hertz-Gymnasium in Friedrichshain: „Die Tage vor der Schulschließung waren total aufwühlend. Niemand wusste, ob sie tatsächlich kommt. Alle waren mit der Vorbereitung von Kostümen und des Abistreichs beschäftigt. Als die Nachricht von der Schließung kam, war die Stimmung gedrückt.

Die Feierlaune ist jetzt erst mal nicht mehr da. Es fühlt sich jetzt definitiv anders an, als ich mir das Ende meiner Schulzeit vorgestellt hatte. Die letzten Tage mit meinen Freunden und Lehrkräften, die einem in den letzten Jahren ja irgendwie auch ans Herz gewachsen sind, verfallen nun einfach.

Andererseits liegt mein Fokus jetzt mehr auf den Prüfungen an sich. Und auf den Statistiken zur Ausbreitung des Virus ... An meiner Schule – wie an vielen anderen – wurde die ganze Mottowoche in einen Mottotag gepackt, der dann am Montag stattfand.

Viele waren unsicher, ob sie überhaupt kommen sollten und welches Kostüm den Umständen angemessen ist. Ich glaube nicht, dass wir die Mottowoche nachholen werden. Den Abistreich aber vielleicht irgendwann.

Zunächst gab es in meinem Jahrgang die Idee, sich im Park mit anderen Abiturienten zu treffen und die Mottowoche trotzdem durchzuziehen. Dann gab es aber andere, die denen ins Gewissen geredet haben, und so fanden diese Treffen zumindest ohne meinen Jahrgang statt.

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Ich finde, die Prüfungen sollten erst stattfinden, wenn die Situation halbwegs normal geworden ist. Es braucht ein bisschen Vorlauf, um Kontakt zu den Lehrkräften aufzubauen, um Materialien anders zusammenzusuchen und sich an die Situation zu gewöhnen.

Man sollte auch abwarten, bis die Bibliotheken wieder offen sind. Erst dann können Präsentationsprüfungen meiner Meinung nach fair gemacht werden. Ich denke, dass eine Verschiebung um ein paar Wochen kein Problem wäre. Schulen sollten Prüfungen aber auch selbst organisieren können, weil der schulische Schwerpunkt auch verschiedene Prüfungstermine betrifft.“

„Wir haben keinen, auf den wir sauer sein können“

Lisa Schneider, 17, Abiturientin am Hildegard-Wegscheider-Gymnasium in Grunewald: „Eigentlich fühlt man sich natürlich gut als Abiturientin. Man hat endlich das erreicht, worauf man zwölf Jahre lang hingearbeitet hat. Aber jetzt ist es sehr enttäuschend.

Das mit der Mottowoche hat leider gar nicht funktioniert. Wir hatten nur einen Mottotag, diesen Montag. Der war richtig schön, aber ein Tag kann nicht eine Woche ersetzen. Es ist kompliziert, andere Methoden zum Feiern zu finden, zum einen natürlich, weil es Priorität hat, die Verbreitung des Coronavirus zu verhindern, zum anderen, weil viele meiner Freunde gar nicht mehr rausgelassen werden von ihren Eltern. Außerdem kann meiner Meinung nach nichts die Mottowoche ersetzen.

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Das Schwierigste ist, dass wir keinen haben, auf den wir sauer sein können, theoretisch hat uns keiner unsere Mottowoche geklaut, höchstens das ganze Universum. Es ist einfach eine Folge der derzeitigen Lage. Ich glaube, man kann die Feiern nicht nachholen.

Es ist ungewiss, ab wann man wieder richtig feiern darf, und man darf auch nicht vergessen, dass die meisten Abiturjahrgänge sehr schnell Kontakt untereinander verlieren.

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Schulschließung an unserem Abitur nicht viel ändert. Ich bin absolut dagegen, dass das Abitur später geschrieben werden soll. Wir haben so lange dafür gearbeitet. Wir haben es verdient.

Außerdem kommen bei einzelnen Prüfungen nie mehr als 15 Personen zusammen. Diese sitzen eh mindestens 2,5 Meter voneinander entfernt, da jeder einen einzelnen Tisch zugewiesen bekommt.

Ich sehe weder das Risiko noch einen Grund das Abitur zu verschieben. Und lernen kann ich fürs Abitur jetzt wahrscheinlich sogar besser. Ich habe einfach mehr Zeit.“

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