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Scheidet die Geister: Das neue Café Kranzler.

© DAVIDS/Gerald Matzka

Eröffnung des neuen Berliner Cafés Kranzler: Wie, hier gibt es keine Kännchen?

Nicht jedem gefällt das brandneue Café Kranzler am Ku'damm. Früher war alles besser, sagen die Senioren. Eine tolle Location, finden die Jungen.

Von Sandra Dassler

„Absolut schrecklich“, sagt eine ältere Dame. „Echt klasse“, meint eine junge Frau. Am neuen Café Kranzler scheiden sich die Geister. Ein großer Teil der älteren Gäste, die das Traditionscafé kurz nach der Wiedereröffnung am zweiten Adventssonntag verlassen, sind regelrecht empört: „Das hat nichts mit einem Café zu tun!“ „Total ungemütlich und kalt!“ So lauten einige der Kommentare.

Einen Kaffee haben die meisten dieser Besucher gar nicht erst getrunken. „Da hätte ich ja eine Viertelstunde anstehen müssen“, sagt ein Mann. Seine Frau ergänzt: „Die hatten nur Croissants, wenig Kuchen – und keine Kännchen.“ Zwei Damen aus Charlottenburg sind den Tränen nah. „In der Zeitung stand, dass eine alte Tradition wiederkehrt, aber das ist nicht wahr“, sagt eine wehmütig: „Mensch, wie oft haben wir früher nach dem Einkaufen hier gemütlich gesessen.“

Bitte Tassen mit Henkel. Kranzler-Chef Ralf Rüller nimmt den Rat seiner Kundin Brigitte Schildt gern an.
Bitte Tassen mit Henkel. Kranzler-Chef Ralf Rüller nimmt den Rat seiner Kundin Brigitte Schildt gern an.

© DAVIDS/Gerald Matzka

Jens Komossa und Melanie Beyersdorf sind anderer Ansicht. Sie sitzen auf dem Balkon, der rund um das Café im zweiten Stock führt, und genießen den Ausblick. „Ich verstehe, dass ältere Menschen enttäuscht sind“, sagt Komossa, „aber wir finden es klasse: all die kleinen Schemel und Tischchen, die einem nicht den Blick verstellen. Und es wird ja noch toller.“

Davon spricht auch Ralf Rüller, der neue Chef des Kranzler, der schon die Kaffeebar „The Barn“ in Mitte und in der Schönhauser Allee betreibt. „Auf der Terrasse werden wir Sonnenliegen aufstellen, und den besten Kaffee der Stadt machen wir sowieso.“ Die jungen Gäste geben ihm recht. „Wir lieben seinen Kaffee, deshalb sind wir hier und finden den Standort toll“, sagt Anna Vasileva aus Russland, die mit Anzhelika Lemonjava und Anastasia Schevchuk in Frankfurt (Oder) studiert, aber Stammgast bei Rüller in der Schönhauser Allee ist.

Mindestens einen Fan hat Rüller am Eröffnungstag auch unter den älteren Besucherinnen gefunden: Brigitte Schildt, die vor 80 Jahren praktisch auf dem Ku’damm geboren wurde, und oft mit Harald Juhnke im Kranzler gesessen hat, findet das Konzept in Ordnung. „Ich habe es mir auch ein wenig anders vorgestellt“, sagt sie, „aber man muss doch der neuen Zeit und der jungen Generation Rechnung tragen. Und die wird das Kranzler wieder zu einem Ort machen, wo man gern hin geht.“ Einen Rat hat sie für Rüller aber auch: „Natürlich muss es auch Tassen mit Henkeln geben und Löffel dazu. Und statt der Holzbretter wieder ordentliche Teller.“

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