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Ein Wirt mit Maske zapft in einer Kneipe Bier. (Symbolbild)

© Christoph Soeder/dpa

Update

Entscheidung am Landgericht Berlin: Klage eines Charlottenburger Wirtes auf Corona-Entschädigung abgewiesen

Der Betreiber der Kneipe „Klo“ wollte erreichen, dass das Land für den ihm durch den Lockdown entstandenen Schaden aufkommt. Seine Klage wurde abgewiesen.

Von Fatina Keilani

Enttäuscht machte sich Norbert Finke am Dienstag um kurz nach 13 Uhr auf den Heimweg. Sagen wollte er nichts. Um 13 Uhr hatte das Landgericht Berlin sein Urteil verkündet: Finkes Klage wurde abgewiesen.

Der 74-Jährige betreibt seit 47 Jahren die Kneipe „Klo“ in Kudammnähe. Infolge der Corona-Maßnahmen musste er die Kneipe wochenlang schließen, der Umsatz brach ein, die Kosten liefen weiter, etwa für das Personal.

Finke kämpft ums Überleben, wie auch viele andere Gastronomen in Berlin. Mit seinem Anwalt Niko Härting klagte er gegen die Senatsverwaltung für Finanzen auf Entschädigung.

Härtings Argument: „Die Kneipen mussten schließen, um uns alle zu schützen, also ist es nur fair, wenn auch wir alle für ihre Schäden aufkommen.“ Das sah die zweite Kammer des Landgerichts mit Stefan Dedner als Einzelrichter jedoch nicht so. Seine Entschädigungsklage wurde abgewiesen.

„Der Kläger hat keine Entschädigungsansprüche“, sagte Dedner. „Die Schließung war rechtmäßig.“ Auch im Falle der Rechtmäßigkeit der Gaststättenschließungen könne es zwar theoretisch Entschädigungsansprüche geben, so das Gericht.

Dafür müsste dem Kläger ein „unzumutbares Sonderopfer“ auferlegt worden sein. Der Kläger habe zwar unbestreitbar finanzielle Beeinträchtigungen erlitten, jedoch erreichten diese noch nicht das Maß eines unzumutbaren Sonderopfers, sondern lägen noch im allgemeinen Lebens- und im Unternehmerrisiko.

In zwei Wochen nimmt er sonst fast 54.000 Euro ein

Finke hatte nur für die letzten beiden Märzwochen und zunächst nur auf Zahlung von 5001 Euro Entschädigung geklagt. 5000 Euro sind die Streitwertgrenze beim Amtsgericht, ab 5001 Euro ist das Landgericht zuständig. Die geringe Klagesumme diente dazu, Gebühren zu sparen. Dabei lagen Finkes Umsatzeinbußen allein in den letzten beiden Märzwochen laut Klageschrift bei 53 822 Euro netto.

Nach der Urteilsverkündung stellte sich nur Finkes Anwalt den Fragen. Er wird nach Prüfung des Urteils wahrscheinlich dazu raten, Rechtsmittel einzulegen und vors Kammergericht zu gehen. In der mündlichen Verhandlung am 22. September hatte sich ohnehin abgezeichnet, dass die Sache vor das Kammergericht kommt - davon ging auch der Richter aus.

Denn falls Finke gewonnen hätte, wäre sicherlich die Finanzverwaltung in Berufung gegangen – es geht schließlich um eine erhebliche Gefahr für den Landeshaushalt. Gewinnt ein Gastronom mit seiner Entschädigungsklage, so ist absehbar, dass viele folgen.

Rechtsgrundlagen auf dem Prüfstand

Wie die Corona-Schutzmaßnahmen rechtlich zu beurteilen sind, ist umstritten. Die rechtliche Bewertung ändert sich auch mit Dauer der Pandemie – was anfangs als Akutmaßnahme gerechtfertigt war, ist es nicht zwingend auch als Dauerzustand.

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Nicht nur das Landgericht, auch die Verwaltungsgerichte werden sich weiter mit der Materie befassen müssen. Finke und fünf weitere Kneipenbetreiber haben sich vor dem Verwaltungsgericht mit Eilanträgen gegen die Sperrstunde gewehrt; die Entscheidung wird noch in dieser Woche erwartet.

Das Oberverwaltungsgericht hatte auf Antrag eines italienischen Restaurants im Juni schon einmal die Sperrstunde aufgehoben, genauer gesagt kam der Senat einer Entscheidung zuvor und hob die Sperrstunde selbst auf, als sich abzeichnete, dass der Antrag des Italieners erfolgreich sein würde. Auch der Eilantrag eines AfD-Abgeordneten gegen die Popup-Radwege hat letztlich Corona-Bezug. Das OVG will bald entscheiden.

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