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Zankapfel: Spielplatz an der Ecke Liselotte-Herrmann-Straße/Hans-Otto-Straße.

© Teresa Roelcke

Update

Enteignung von Spielplatz: Investor schlägt Entschädigung nicht aus, aber fordert mehr Geld

In Pankow spitzt sich der Konflikt um einen Spielplatz zu. Ein Investor will bauen, der Bezirk droht mit Enteignung. Jetzt äußert sich die Immobilienfirma.

Im Konflikt um das Spielplatzgrundstück an der Ecke Liselotte-Herrmann-Straße / Hans-Otto-Straße in Prenzlauer Berg meldet sich nun der Investor zu Wort. Er sei durchaus bereit, seine Grundstücksanteile wieder abzutreten – das aber nur zum Bodenrichtwert für Bauland: „Keiner der Erben wird sich bei einer Entschädigung zum Bodenrichtwert für Bauland gegen die Stadt stellen“, sagte der Geschäftsführer der Malico Grundbesitz GmbH gegenüber dem Tagesspiegel.

Allerdings: Der Bezirk bestreitet, dass es sich bei dem Grundstück um Bauland handelt. Schließlich legt der Bebauungsplan IV-61 aus dem Jahr 2002 das Gelände gesetzlich als öffentlichen Spielplatz fest.

Ob das Grundstück als Grünland oder Bauland einzustufen ist, macht für dessen finanziellen Wert einen beträchtlichen Unterschied: Als Bauland mit möglicher mehrstöckiger Bebauung wäre das Grundstück wohl mehr als fünf Millionen Euro wert, als Grünland lediglich 1,2 Millionen. Der Geschäftsführer der Malico beklagt, bislang habe das Land sogar nur deutlich unter 500.000 Euro als Entschädigung angeboten, um der Malico ihre Anteile abzukaufen und so den Spielplatz weiter erhalten zu können.

Aus Sicht der Immobiliengesellschaft ist das Grundstück aber in jedem Fall als Baugrund anzusehen. Der landesweite – rechtlich aber unverbindliche – Flächennutzungsplan weist es auch tatsächlich als Wohnbaufläche aus.

Der Konflikt um das Spielplatzgrundstück zieht sich schon seit Jahren hin. Die Malico Grundbesitz GmbH will auf dem Grundstück bauen oder zumindest nach ihren Wünschen für ihre Flächenanteile entschädigt werden. Der Bezirk wiederum will den Spielplatz um jeden Preis erhalten. Bezirk und Investor sind in etliche Verfahren gegeneinander verstrickt. Mit dem Antrag des Bezirks vom 19. Februar dieses Jahres, die Malico GmbH enteignen zu lassen, hat das juristische Gezerre eine neue Zuspitzung erreicht.

Wettlauf um den Ankauf der Anteile

Beide Akteure sind Teil einer Erbengemeinschaft, die das Grundstück seit 1997 als Spielplatzgelände an das Land Berlin vermietet. Dem Land gehört ein Sechstel des Grundstücks. Hätten sich Land und Bezirk frühzeitig darum bemüht, die Anteile der Miterben aufzukaufen, um alleinige Eigentümer des Grundstücks zu werden, wäre der Spielplatz heute wohl nicht in seiner Existenz bedroht.

2015 nämlich fing Malico an, einigen der Miterben ihre Anteile abzukaufen, trat auf diese Weise ebenfalls in die Erbengemeinschaft ein und brachte den Bezirk in Zugzwang. Ein Wettlauf von öffentlicher Hand und Malico begann. Beide bemühten sich um den Ankauf der Anteile etlicher Privatpersonen. Inzwischen besitzt Malico mindestens fünf Zwölftel der Anteile.

Bei zwei weiteren Zwölftel prozessiert der Bezirk noch gegen die Baugesellschaft. Er fordert von der Malico GmbH, die Anteile herauszugeben, da das Land sein Vorkaufsrecht ausgeübt habe, auf das es als Mitglied der Erbengemeinschaft grundsätzlich Anspruch erheben kann.

Die Klage wurde in erster Instanz abgelehnt. Dagegen hat das Land aber Berufung eingelegt. In seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil vermutet das Landgericht aber auch, dass Malico zumindest einen Teil der Anteile zum günstigen Preis für Grünland erworben haben dürfte – im Gegensatz zum hohen Baulandpreis, den das Unternehmen nun als Entschädigung fordert.

Malinco fordert höhere Entschädigungssumme

Vorrangig verfolgt Malico den Plan, auf dem Grundstück zu bauen, und versucht daher, die Räumung des Spielplatzes zu erzwingen. 2017 kündigte Malico dem Bezirk Pankow als Verwalter für die Mehrheit der Erben den Mietvertrag für das Spielplatzgrundstück, um so eine angebliche „Totalblockade der Stadt“ zu beenden – diese habe jedes Gespräch über die Zukunft des Grundstücks und die Wünsche der Malico verweigert. Weil der Bezirk den Spielplatz jedoch weiter geöffnet ließ, schloss sich eine Räumungsklage an. Auch über diese muss noch gerichtlich entschieden werden.

Vor etwa einem Jahr hat Malico wegen des andauernden Streits in der Erbengemeinschaft dann die Auflösung ebendieser beantragt. Wird diesem Antrag stattgegeben, wird das Grundstück von der Abteilung für Zwangsversteigerungen des Amtsgerichts Mitte meistbietend versteigert. Das Land Berlin hätte in diesem Fall wohl verschwindend geringe Chancen, das Grundstück zu erstehen. Das im Februar vom Bezirk eingeleitete Enteignungsverfahren ist daher als Antwort auf die von Malico beantragte Versteigerung zu verstehen.

Bezirksstadtrat Torsten Kühne (CDU) betont, dass das Bötzowviertel selbst dann, wenn der Spielplatz in der Liselotte-Herrmann-Straße erhalten bleibt, gemäß dem Berliner Kinderspielplatzgesetz als unterversorgt gilt. Das öffentliche Interesse am Erhalt des Spielplatzes sei demnach hoch.

Im Kiez gibt es viele Spielplätze, aber die werden alle gebraucht

Das sieht auch Mareike Thiel so. Sie ist Erzieherin in der Kita Guckloch auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Spielplatzes. Ein- bis zweimal pro Tag kommt sie mit den Kindern hierher, sagt sie. Es gäbe im Kiez pro Straße etwa drei Kitas und einen Spielplatz. Das sind zwar viele Spielplätze, doch sie würden auch tatsächlich alle gebraucht, zumal nicht alle im Sommer Schatten hätten.

Der Spielplatz direkt gegenüber aber schon. Im Sommer legt Thiel manchmal einen Gartenschlauch über die Straße und füllt damit ein Planschbecken, sagt sie. Die Pflanzen bewässere sie dann gleich mit. Außerdem bewirtschafte die Kita ein Hochbeet auf dem Spielplatzgelände, wie zwei andere Kitas auch.

In der Mittagssonne aber ist der Spielplatz leer. Die Schaukeln hängen ruhig, die Hochbeete blühen und unter einem Baum steht ein Spielzeugeimer, dessen Sandfüllung mit kleinen Zieräpfeln und einer Feder dekoriert ist. Es ist wie die Ruhe im Auge des Sturms.

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