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Der Klunkerkranich auf dem Parkdeck der Neukölln Arkaden.

© Kai-Uwe Heinrich

Endlich Sommer: Wonnenwende in Berlin

Was so ein blauer Himmel mit seinem lichten Strahlen doch ausmacht: Die ganze Stadt entspannt sich, und die Berliner beginnen zu lächeln, ja sogar zu flirten.

Herr, es ist Zeit. Der Frühling war zu kalt, an diesem Wochenende aber gibt es echt nichts zu meckern. Der ganze Sommer liegt noch vor uns, und endlich ist er da. Schulferien, Urlaub, Abende im Grünen, Nächte am Landwehrkanal – kann alles kommen. Jetzt aber: Innehalten und staunen, dass es so was gibt. Zum Beispiel: Berliner mit guter Laune. Das zeigen sie nicht gern, weil beim Lächeln die Gesichtszüge entgleisen könnten.

Was tun? Mal einen Gang zurücknehmen. Sich auf die nächste Parkbank setzen und zurücklehnen. Steuererklärung, Zahnarztbesuch, die Flusen unterm Sofa – können erst mal warten. Es sind die letzten Frühlingstage, und jetzt erst löst der Frühling ein, worauf wir fast den ganzen Mai über gewartet haben: strahlend blauer Himmel, Sonnenschein mit einem Hauch kühler Luft. Die Strickjacke wird am Vormittag ausgezogen, das Jackett über die Schultern gehängt. Die Mädchen tragen wieder kurze Röcke, und die Sonne scheint auch für Nazis.

Ein Rundgang durch die Stadt mit Rad und Bus und zu Fuß lässt ahnen: Dies ist wohl das einzige Wochenende, an dem die Welt in Ordnung ist. Denn in der kommenden Woche beginnen garantiert die ersten Berliner über die Hitze zu jammern.

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Heute aber: alles gut. Könnte nicht besser sein! Wo ist die Sonnenbrille? Der Sonnenhut?

In der Neuköllner Friedelstraße bei „Fräulein Frost“ gibt es die neue Kreation der Saison: Apfel-Grieß. Zitronengras-Ingwer ist out. Mozzarella-Basilikum? „Hamwa nich!“ Ganz Kreuzberg trägt seine Tätowierungen spazieren. Das Prinzenbad füllt sich allmählich, am Sonnabend wird es richtig voll. Am Heinrichplatz wird fürs Champions-League-Finale vorgeglüht. Und es gibt eine Bitte des Bezirksamts: „In den letzten zwei Jahren hat Friedrichshain-Kreuzberg 650 neue Bäume gepflanzt. Diese jungen Bäume brauchen jetzt die aktive Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger! Bitte nehmen Sie sich die Zeit, die Bäume in den nächsten Tagen mit Wasser zu versorgen. Die andauernde Trockenheit kann die Jungbäume sonst dauerhaft am Wachstum hindern, im Extremfall drohen sie sogar abzusterben.“

Endlich mal wieder Sonne tanken. Zum Beispiel im Café am Neuen See im Tiergarten.
Endlich mal wieder Sonne tanken. Zum Beispiel im Café am Neuen See im Tiergarten.

© Kai-Uwe Heinrich

Weiter geht’s: Schöneberg, ohnehin ein tiefenentspannter Bezirk, hat mit dem Viktoria-Luise-Platz ein besonderes Kleinod für den beginnenden Sommer. Hier treffen sich Kunststudenten vom Lette-Verein, bücherlesende ältere Damen und die schönsten Männer Berlins. Man lagert im Schatten auf sattem Grün. In den Beeten ringsum blühen rosa und lila Geranien und in der Mitte des Platzes schießt unermüdlich eine prächtige Fontäne empor. In diesem Park geschieht tatsächlich, was man kaum zu glauben wagte: Sogar Berliner können flirten.

Und die Badehose einpacken: Aufgrund des schönen Wetters verlängern drei Sommerbäder ihre Öffnungszeiten – am Insulaner, in Mariendorf (Rixdorfer Straße) und in Pankow können sich die Gäste in den nächsten Tagen mehr Zeit beim Schwimmen lassen, vorausgesetzt, das Wetter hält sich. Am morgigen Sonntag treffen sich die Splash-Diver im Olympia-Schwimmstadion (Achtung: an diesem Sonnabend wegen des CL-Finales geschlossen!) zu ihrem Berlin- und Brandenburg-Contest. Alle sind eingeladen, dabei zu sein und sich die spektakulären Sprünge vom Drei- bis Zehn-Meter-Brett nicht nur anzuschauen, sondern auch abzugucken und nachzumachen. Das Wichtigste: cool aussehen und möglichst hohe Fontänen fabrizieren.

Über den Ku’damm schnurren derweil Cabrios mit zitronengelben Herrenhemden hinauf nach Halensee. Wer hier vom Wege abkommt, entdeckt den Hubertussee. Keine Hunde, keine Jogger. Nach wenigen Schritten sind nur noch Amseln und Stare zu hören. Ein Reiher breitet seine Schwingen aus und streicht über die sanft geriffelte Oberfläche des Wassers hin. Die Großstadt ist in diesem Moment ganz fern.

Abkühlung tut not - in diesem Falle am Goldenen Hirschen im Volkspark Schöneberg.
Abkühlung tut not - in diesem Falle am Goldenen Hirschen im Volkspark Schöneberg.

© Kai-Uwe Heinrich

Am Roseneck im Grunewald, Ecke Schmargendorf sitzen die oberen Zehntausend in heiterster Laune vor dem zweiten Aperol Spritz. „Muss nachher noch meinen Anlageberater anrufen“, sagt einer und winkt dann lässig ab. „Kann warten.“ Nebenan verkauft der Brandenburger Händler, was zu unserm Glück noch fehlt: Erdbeeren, Spargel und Wassermelonen. Das Wochenende kann kommen. Der Sommer auch. Wer jetzt allein ist, wird’s nicht lange bleiben.

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