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Protest von "Ende Gelände" gegen die Braunkohle in der Lausitz.

© imago images/Jannis Große

„Ende Gelände“ als linksextrem eingestuft: SPD verteidigt Verfassungsschutz gegen Grüne und Linke

Tom Schreiber schießt gegen die Koalitionspartner: Die hatten gefordert, den Verfassungsschutz abzuschaffen – für der SPD-Innenexperten „politisches Mobbing“.

Von Ronja Ringelstein

In der Berliner Koalition ist nach dem jüngsten Bericht des Berliner Landesverfassungsschutzes ein Streit über die Daseinsberechtigung der Behörde entbrannt. Jetzt weist die SPD die Koalitionspartner Linke und Grüne in die Schranken - deren "naive Debattenbeiträge zur Abschaffung der Behörde grenzen mehr an politisches Mobbing und politischen Karneval als an ernsthafte Diskussionsbeiträge", sagte Tom Schreiber, Sprecher der SPD-Fraktion für Verfassungsschutz.

Auch Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte die Entscheidung des Landesverfassungsschutzes am Dienstag in der Senats-Pressekonferenz verteidigt.

Der Berliner Verfassungsschutz hat in seinem am Dienstag veröffentlichten Bericht für 2019 die Berliner Ortsgruppe der Anti-Kohle-Initiative „Ende Gelände“ mit etwa 30 Mitgliedern als linksextremistisch eingestuft.

Die Initiative sei linksextrem beeinflusst, sie stelle sich zwar als Klimaschutz-Akteur dar, hieß es in dem Bericht - dabei werde verschleiert, dass die tatsächlichen Ziele weit darüber hinaus reichten. Die Initiative habe öfter gezeigt, dass sie bei „Aktionen des zivilen Ungehorsams“ Gewaltanwendung „mindestens billigend in Kauf nimmt“.

Auf die Einstufung durch die Behörde hatten Vertreter der Grünen und Linken empört reagiert - und die Abschaffung des Verfassungsschutzes gefordert.

"VS abschaffen!", twitterte der Innenexperte der Linken

Werner Graf etwa, der Landesvorsitzende der Grünen in Berlin, hatte dem Berliner Verfassungsschutz vorgeworfen, rechtsextremistische Gewalt zu verharmlosen. Der Verfassungsschutz müsse "endlich lernen sein rechtes Auge aufzubekommen", hatte er gesagt und auf die Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen verwiesen, wo der "Mob aus Reichsbürgern und Querfrontlern" bedrohliche Ausmaße annehme.

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"Dass der Verfassungsschutz trotzdem penibelst darauf bedacht ist, die Gefahr von links und rechts als gleich darzustellen, stellt seine Existenz immer mehr in Frage", sagte Graf und bekam Unterstützung vom innenpolitischen Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Niklas Schrader.

Dieser hatte auf Twitter die Entscheidung des Landesverfassungsschutzes zu "Ende Gelände" als "absurd" und als "geeignet zur Diskreditierung und Kriminalisierung der Klimaschutzbewegung", bezeichnet. Er twitterte: "VS abschaffen!"

In den Programmen beider Parteien zur Berlin-Wahl 2016 ist die Forderung bereits enthalten – durchsetzen konnte sie sich nicht.

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Tom Schreiber spricht von "politischem Mobbing"

Tom Schreiber hingegen stellte nun klar: "Die SPD-Fraktion steht 100%ig an der Seite des Berliner Verfassungsschutzes und schätzt dessen Arbeit."

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Wenn eine Partei öffentlich den Eindruck erwecke, dass der Verfassungsschutz als ein politisches Kampfinstrument eingesetzt wird, dann zeige die Partei damit ein "bemerkenswertes Verständnis von unserer Demokratie und unserem Rechtsstaat", so Schreiber weiter. "Es liegt seit längerem auf der Hand, dass der politische Protest auch in Berlin von links und rechts instrumentalisiert wird, und Gruppen bewusst diesen unterwandern oder kapern. Wer hier bewusst die Augen verschließt, der interessiert sich offenbar mehr für Primelchen und Veilchen in Berlin als für die Innere Sicherheit seiner Bevölkerung."

Auch die Jugendorganisationen fordern die Abschaffung vom Verfassungsschutz

Die Jugendorganisation der SPD sieht das hingegen wie Grüne und Linke: Jusos, Grüne Jugend und die Linke-Jugendorganisation Solid fordern, den Verfassungsschutz abzuschaffen. "Wer rechten Terror und den Einsatz für Klimagerechtigkeit als zwei "Extreme" einer ansonsten vorbildlich gesinnten Mitte gleichsetzt, kann nicht in der Lage sein, faschistische Tendenzen angemessen zu bekämpfen", heißt es in einer öffentlichen Stellungnahme. Der Verfassungsschutz könne nicht die notwendige Arbeit im Kampf gegen rechte Terrorzellen aufzunehmen. "Er muss abgeschafft werden."

Grüne-Jugend-Bundessprecherin Anna Peters sagte der Deutschen Presseagentur, dabei gehe es um den Verfassungsschutz insgesamt, nicht nur im Land Berlin. Grüne Jugend, Solid und Jusos schreiben, sie seien „stolz, Teil dieser Klimabewegung sein zu dürfen und seit Jahren gemeinsam mit Ende Gelände für einen lebenswerten Planeten einzustehen".

Wer Klimaschutz mit Verfassungsfeindlichkeit verwechsle, habe die Dringlichkeit und Wucht der Klimakrise nicht verstanden. "Der Bericht muss umgehend korrigiert werden." Der Verfassungsschutz verwechsle wieder einmal Antikapitalismus mit Demokratiefeindlichkeit und setze Demokratie und Kapitalismus gleich. "Dieser Gleichsetzung erteilen wir eine klare Absage." (mit dpa)

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