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Seit 2015 fährt die Straßenbahn bis zum Hauptbahnhof, die Haltestelle hat ausnahmsweise ein Dach. 

© Jörn Hasselmann

Ende 2020 sollte sie fertig sein: Warum sich der Bau der neuen Straßenbahn in Berlin-Moabit so verzögert

Ab Montag liegen die Pläne für die Tram vom Hauptbahnhof nach Moabit öffentlich aus. Noch in diesem Jahr soll der Bau beginnen - wenn nicht noch geklagt wird. 

Es ist Berliner Tempo: Die Straßenbahn vom Hauptbahnhof zur Turmstraße sollte Ende letzten Jahres eröffnet werden. Eigentlich. Nach Angaben der Senatsverkehrsverwaltung soll nun - immerhin - in diesem Jahr mit dem Bau begonnen werden. Ab Montag liegt der Planfeststellungsbeschluss öffentlich aus. Und zwar bis zum 8. Februar, eine telefonische Anmeldung ist wegen Corona erforderlich.

Eigentlich ist dieser Beschluss eine Art Baugenehmigung. Aber es kann immer noch dagegen geklagt werden. Die Verkehrsverwaltung formulierte in ihrer Mitteilung also vorsichtig: Die Bauarbeiten „können“ noch in diesem Jahr beginnen. Auch wenn das Risiko einer Klage gering zu sein scheint, den Mut zur Formulierung „... die Bauarbeiten werden beginnen...“ hatte die Verwaltung nicht, natürlich wird auch kein Datum genannt. 

Zu viele Rückschläge hatte es auch in diesem Projekt gegeben. Zuletzt war durch einen Bericht des Tagesspiegels bekannt geworden, dass die BVG  die Fertigstellung erst Anfang 2023 erwartet. Kurz zuvor hatte Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) den Abgeordneten im Ausschuss am 12. November noch das falsche Datum 3. Quartal 2022 genannt. 

Grund für das weitere halbe Jahr Verzögerung: Die Planfeststellung musste wiederholt werden, da das erste Verfahren fehlerhaft war. Zur Erinnerung: Die Pläne für die M10-Verlängerung lagen erstmals im Dezember 2017 aus. Letztlich wurden drei Pläne erstellt im Zeitraum von zweieinhalb Jahren. Untersucht wurde zum Beispiel, ob die Tram besser durch die Straße Alt Moabit fährt oder durch die Turmstraße. Das Rennen war denkbar knapp: Die Turmstraße bekam 39 Pluspunkte, die Alternative Alt Moabit 42 Punkte. 

Dennoch fiel die Entscheidung für die Turmstraße, weil sich die Anwohner zuvor dafür ausgesprochen hätten, wie es im Beschluss heißt. Die Fahrt durch die Turmstraße bedeutet aber: Die Bahnen müssen auf zwei Kreuzungen abbiegen - was sich gerne durch lautes Quietschen bemerkbar macht.

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Ebenfalls in dieser Woche hat der Senat übrigens den Bericht „Lärmminderung Straßenbahn – Kurvenquietschen verhindern“ beschlossen. Laut dem von Günther vorgelegten Bericht sollen die Berliner Straßenbahnen bis Ende 2022 mit „lärmmindernden Schienen-Schmieranlagen“ nachgerüstet werden. Einfacher formuliert: Etwas Öl zwischen Rad und Schiene soll das teilweise infernalische Geräusch mildern. 

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Die neue Strecke ist nur 2,2 Kilometer lang. Die Gleise liegen meist auf der Straße. In der Berliner Realität heißt das: Im Stau stehende Autos bremsen die Tram aus. Exakt 52 Straßenbäume müssen gefällt werden. Vom Hauptbahnhof geht es durch die Invalidenstraße, ein kurzes Stück durch die Straße Alt Moabit, dann durch Rathenower Straße und Turmstraße bis zum U-Bahnhof Turmstraße. Hier ist ein Umsteigen in die U9 möglich.

Es entstehen neben der Endhaltestelle drei Zwischenstationen. Geplant ist tagsüber ein Fünf-Minuten-Takt, prognostiziert sind jetzt täglich bis zu 16.000 Fahrgäste, vor drei Jahren waren 10.000 genannt worden. Die prognostizierten Kosten sind in den vergangenen drei Jahren um 50 Prozent gestiegen, nämlich von 20 auf 29 Millionen Euro. Die Radwege an diesen Straßen sind nicht Teil der Planfeststellung. Die Verwaltung betonte, dass diese noch einmal neu geplant werden, nun nach dem Mobilitätsgesetz.

Offen ist, ob der erste Spatenstich noch in der Amtszeit der grünen Verkehrssenatorin erfolgt. Bislang durfte Günther erst einmal für eine Straßenbahn symbolisch zum Spaten greifen: Im Mai 2020 in Adlershof für die Strecke nach Schöneweide. 

Auch am Kriminalgericht Moabit soll die Straßenbahn vorbeifahren. 
Auch am Kriminalgericht Moabit soll die Straßenbahn vorbeifahren. 

© Visualisierung: Ing.-Büro Dipl.-Ing. H. Vössing GmbH/BVG

Eigentlich hatte Rot-rot-grün im Koalitionsvertrag 2016 vereinbart, vier Strecken zu eröffnen bis 2020. Wenn es gut läuft, wird nur eine bis Ende 2021 fertig, nämlich Adlershof. Die anderen Strecken sind die Anbindung des Bahnhofs Ostkreuz, und die Verlegung der Endstelle am S-Bahnhof Mahlsdorf (Linie 62).

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Pläne, Wunschträume und Ideen gibt es natürlich viel mehr. Auch am U-Bahnhof Turmstraße soll für die Tram nicht dauerhaft die Endhaltestelle sein, sie soll weiterfahren bis Jungfernheide - und ganz vielleicht, irgendwann, auf das alte Flugfeld Tegel, wo ein neues Quartier mit Wohnungen, Forschung und Gewerbe entsteht. 

Letztlich ist vieles aus dem Koalitionsvertrag ein Wunschtraum geblieben. So heißt es in dem Papier: „Für die folgenden Strecken wird die Koalition die Vorplanungen und Planfeststellungsverfahren sofort einleiten, sodass die bauliche Umsetzung innerhalb der Wahlperiode 2016 bis 2021 beginnen kann: Alexanderplatz – Kulturforum – Kleistpark – Rathaus Steglitz (M48 und M85); Turmstraße – Mierendorffplatz; S- + U-Bahnhof Warschauer Straße – Hermannplatz; Erschließung des Neubaugebiets Blankenburger Pflasterweg (Verlängerung M2 ab Heinersdorf) und die Tangentialstrecke Pankow-Heinersdorf/Weißensee.“ Keine der Strecken ist auf dem Weg.

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