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Hubertus Knabe, ehemaliger Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen, bei der Verhandlung um seine Entlassung.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Update

Eklat im Untersuchungsausschuss: Hubertus Knabe verweigert die Aussage – 1000 Euro Ordnungsgeld

Im Untersuchungsausschuss „Gedenkstätte Hohenschönhausen“ soll Ex-Leiter Knabe zu Belästigungsvorwürfen aussagen. Doch er stellt zu hohe Forderungen.

Angekündigt war die Vernehmung des Zeugen Hubertus Knabe im Untersuchungsausschuss „Gedenkstätte Hohenschönhausen“. Doch der Termin am Dienstag im Abgeordnetenhaus endete mit einem Eklat. Knabe, der frühere Leiter der Gedenkstätte, von Kultursenator Klaus Lederer (Linke) wegen diverser Versäumnisse entlassen, sollte vor dem Ausschuss seine Sicht der Dinge vortragen, die zur Entlassung geführt hatten.
Am Ende freilich trug Sabine Bangert (Grüne) die Dinge aus Sicht des Ausschusses vor: 1000 Euro Ordnungsgeld gegen Knabe, dazu die Kosten des Verfahrens und neue Ladung zum 3. November. Schlusspunkt eines hitzigen Streits zwischen Bangert und Knabe. Der frühere Gedenkstättenleiter hatte zwar erklärt, „dass ich sehr gerne bereit bin, umfassend auszusagen“. Allerdings habe er „ein Problem“. Das Problem lautete: Klaus Lederer.

Knabe kritisiert, er habe einen "Maulkorb erhalten"

Denn zeitgleich mit der Einladung zur Ausschuss-Sitzung habe er von Lederer einen Brief erhalten. Der Kultursenator, Knabes früherer Chef, habe mitgeteilt, wozu er, Knabe, vor den Abgeordneten nichts sagen dürfe: kein Wort zu seinen Gesprächen mit dem Personalrat, nichts, was die Grundrechte anderer verletzt. „Man will mir einen Maulkorb umlegen, man will meine Aussagen manipulieren, das mache ich nicht mit“, verkündete Knabe.

Er werde sicher nicht „unter dem Damoklesschwert aussagen, dass Herr Lederer Maßnahmen gegen mich ergreift, wenn ihm etwas nicht gefällt“. Und da er mit dem Kultursenator „schlechte Erfahrungen“ gemacht habe, werde der Ausschuss sicher verstehen, dass er unter diesen Umständen nicht reden werde.

Die Vorsitzende verweist auf die Möglichkeit einer nichtöffentlichen Aussage

Die Ausschussvorsitzende Sabine Bangert verstand das definitiv nicht. Mehrfach erklärte sie, dass Knabe eine standardisierte Aussagegenehmigung erhalten habe. Knabe könne ja bestimmte Dinge unter Ausschluss der Öffentlichkeit erzählen. Die Videoleinwand in einem benachbarten Sitzungssaal, in dem die Presse das Rededuell verfolgte, bliebe dann einfach schwarz. Für Bangert hörte sich das vernünftig an, für Knabe „war das kein Argument“. Und Bangerts Hinweis, es drohten bis zu 10.000 Euro Ordnungsgeld, wenn er bei seiner Linie bleibe, beeindruckten Knabe wenig. Also noch eine Unterbrechung.

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Nach der ersten Unterbrechung wollte Sabine Bangert „nochmal von ganz vorn anfangen“, nach der zweiten war sie schon nicht mehr so geduldig, verwies aber immer noch auf die Möglichkeit, dass Knabe ja nicht öffentlich aussagen könne. Aber wenn er Aussagen verweigere, müsse er jedes Mal eine ausreichende Begründung dafür liefern. Knabes Begründung war einfach, er wiederholte sie in Variationen. „Ich habe nur eine eingeschränkte Aussagegenehmigung. Ich trage das Risiko, wenn ich etwas sage, was meinem früheren Arbeitgeber nicht gefällt, nicht Sie.“ Nach der vorletzten Unterbrechung erklärte er schlicht: „Sorgen sie dafür, dass ich eine umfassende Aussagegenehmigung erhalte. Das ist Ihr Job.“ Sabine Bangert betrachtete es allerdings als ihren Job, mit ihren Kollegen über Ordnungsmaßnahme zu beraten. Dann die Entscheidung. 1000 Euro Ordnungsstrafe für Knabe, zuzüglich der Kosten des Verfahrens, neue Vorladung.

Klare Anweisungen an Knabe, was er sagen darf

Dem Tagesspiegel liegt ist die Aussagegenehmigung für Knabe vor. Tatsächlich ist das dreiseitige Schreiben von Lederer umfangreich. Demnach darf Knabe zu dem „Untersuchungsauftrag in öffentlicher Sitzung“ aussagen. Zugleich hat Lederer mehrere Maßgaben aufgestellt. Demnach darf Knabe keine Akten vorlegen.

Zudem kann er nur über Vorgänge sprechen, die bei der Einsetzung des Ausschusses bereits abgeschlossen waren. Angaben zu Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) darf Knabe machen, sofern es um deren Arbeit in Bezug zur Gedenkstätte Hohenschönhausen geht.
Einschränkungen gibt es, sofern die Aussagen die Grundrechte anderer Personen betreffen. Demnach darf Knabe nur nichtöffentlich aussagen, wenn es um den Inhalt von Personalakten geht, wenn es um Personalien, Beschwerden, Gerüchte über Fehlverhalten von Mitarbeitern und Berichten aus dem Privatleben der Beschäftigten geht.

Nicht zugelassen sind Äußerungen zur Intimsphäre von betroffenen Personen. Lediglich wenn die Betroffenen selbst dazu vor dem Ausschuss ausgesagt haben, dürfte Knabe nichtöffentlich darüber reden.

Die Entlassung von Knabes Stellvertreter ist rechtmäßig

Auch zu seinem früheren Stellvertreter Helmuth Frauendorfer gibt es Aussagevorgaben. Frauendorfer war sexuelle Belästigung von Mitarbeiterinnen vorgeworfen worden. Seine Kündigung ist rechtmäßig, das entschied das Landesarbeitsgericht am Freitag. Frauendorfer habe seine Pflichten als Vize-Direktor „in der Zusammenschau einzelner Pflichtverletzungen in erheblichem Maße verletzt“. Weil er dies auch nach der Aufforderung tat, sein Verhalten zu ändern, sei die Kündigung gerechtfertigt. Knabe wird auch vorgeworfen, nicht energisch genug gegen Frauendorfer eingeschritten zu sein.

Zugleich enthält Lederers Schreiben auch Hinweise, wie sich Knabe verhalten muss, wenn er die Aussage verweigern will. Dann muss er das substanziiert begründen. Sollte Knabe Zweifel haben, ob eine Aussage zulässig ist, müsste er Rücksprache mit der Kulturverwaltung halten.

Stiftungsmitglied Dombrowski verteidigt Lederer

Nach Knabes Kurzauftritt sprach Dieter Dombrowski umso länger, ausführlich befragt vom Ausschuss. Der CDU-Politiker ist Mitglied des Stiftungsrats der Gedenkstätte, der im November 2018 Knabes Absetzung beschlossen hatte. Es gibt die These, Knabe sei Opfer einer politischen Intrige gewesen.

Demnach habe der Linke Lederer den meinungsstarken Knabe loswerden wollen. Dombrowski, in der DDR politisch verfolgt, empfindet es als „zutiefst beleidigend“, wenn ihm die Mitwirkung an einer solchen Intrige vorgeworfen werde. Es habe keine Intrige gegeben. Er habe, obwohl ihm Knabe mit der Einschätzung des DDR- Unrechts nahestehe, für Knabes Absetzung gestimmt.

Denn der Ex-Gedenkstättenleiter habe kein Unrechtsbewusstsein gezeigt. Es habe Beschwerden von sechs Frauen gegeben, zudem habe Knabe organisatorische Dinge nicht geregelt. „Hätte er bei seiner Anhörung im Stiftungsrat nur andeutungsweise gesagt, dass er etwas anders hätte machen sollen, hätte ich nicht für die Absetzung gestimmt“, sagte Dombrowski.
Und der CDU-Politiker betonte: „In der Sitzung, in der es um die Zukunft von Herrn Knabe ging, hat Herr Lederer zu keiner Sekunde auf dessen Entlassung hin gearbeitet.“ (mit axf)

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