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Vermummte Bewohner des Hauses Liebigstraße 34 geben 2016 eine Pressekonferenz in Berlin-Friedrichshain.

© dpa/Jörg Carstensen

Update

Eklat im Prozess um Haus Liebigstraße 34: Richter ließ den Saal räumen - kein Urteil

Widerstand gegen eine Räumung von „Liebig34“ wird schon seit langem angekündigt. Die Gerichtsverhandlung begann dementsprechend nicht ohne Spektakel.

Der Prozess um ein besetztes Haus in der Liebigstraße 34 ist am Freitag nicht entschieden worden. Er soll am 13. Dezember fortgesetzt werden, sagte ein Gerichtssprecher am Freitagnachmittag.

Der Prozess um die Räumung des symbolträchtiges Hauses der linksradikalen Szene in Berlin-Friedrichshain „Liebig34“ hat am Freitag bereits mit einem Eklat begonnen. Der Richter im Landgericht in Charlottenburg ließ den Verhandlungssaal räumen, weil Bewohnerinnen des linken Hausprojekts und deren Unterstützer die Verhandlung zu torpedieren versuchten.

Zwei der rund 20 jungen Besucherinnen stürmten schreiend mit nackten Brüsten und bemaltem Oberkörper durch den kleinen Verhandlungssaal. Die anderen Frauen sprangen auf und skandierten: „Liebig bleibt“. Nach einigen Minuten zerrten Polizisten und Justizwachtmeister die Frauen zum Teil mit Gewalt aus dem Raum. Dabei flogen einige Stühle durch die Gegend.

Am späten Vormittag endete die Verhandlung daher zunächst ohne ein Urteil.

Bereits der Start des Prozesses, der für 9 Uhr angesetzt war, hatte erst mit rund 50 Minuten Verspätung geglückt. Vor Beginn der Verhandlungen hatte bereits ein verdächtiger Gegenstand vor dem Haupteingang des Gerichtsgebäudes für Unruhe gesorgt. Außerdem wurde die Fassade des Gerichts beschmiert. Der Gegenstand wird von Kriminaltechnikern untersucht, wie die Polizei mitteilte. Der Bereich am Tegeler Weg wurde gesperrt. Journalisten und Besucher mussten das Gericht über den Hintereingang betreten. Dort hatten sich rund 100 Unterstützer der Hausbewohner versammelt. Über den verdächtigen Gegenstand hatte zuvor die „Berliner Morgenpost“ berichtet.

Kurz nach dem verzögerten Start war die Verhandlung wieder unterbrochen worden. Eine junge Frau im Zuschauerbereich fiel von ihrem Sitz zu Boden, ihre Begleiter riefen nach einem Arzt und einem Krankenwagen.

Immer wieder Auseinandersetzungen mit der Polizei

Auf die Räumung des Hauses in der Liebigstraße 34 hatte der Besitzer geklagt. Die Bewohner bezeichnen sich als „anarcha-queer-feministisches Hausprojekt Liebig 34“. Ende 2018 endete der Pachtvertrag zwischen ihnen und dem Hauseigentümer, Gijora Padovicz. Seitdem weigern sich die Bewohner auszuziehen und kündigten Widerstand an.

Das Haus in der Liebigstraße 34 hatte im letzten Jahr vermehrt Schlagzeilen gemacht, da es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Bewohnern und Polizei gekommen war. Bei einer Razzia im Juli 2019 wurden neben Vermummungsutensilien auch Wurfgeschosse, Steine, Farbbomben und Flaschen sichergestellt. Die Beamten wurden aus einem gegenüber liegenden Haus mit Pyrotechnik und Farbbomben beschossen, verletzt wurde aber niemand. Bei dem Einsatz waren rund 120 Beamte und auch ein Polizeihubschrauber eingesetzt.

Proteste gegen Eigentümer Padovicz

Das Hausprojekt „Liebig34“ verfügt über enorme Symbolkraft für die autonome Szene der Stadt. Die Rigaer Straße, bekannt für wiederkehrende Attacken auf Polizeibeamte, liegt in direkter Nachbarschaft. Gegen den Eigentümer Gijora Padovicz hatte es im vergangenen Sommer auch Proteste von Mietern anderer Häuser gegeben. Im Internet gibt es einen „Padovicz WatchBlog“, auf dessen Seiten Aktivisten ihren Unmut gegenüber Padovicz' Firmengeflechts kundtun. Rund 200 Gebäude in Berlin gehören der Unternehmensgruppe mit Sitz auf dem Kurfürstendamm. Der Firmensitz wurde schon oft Ziel von Protestaktionen. (mit dpa)

Der Tagesspiegel hat die Geschehnisse in der Liebigstraße begleitet:

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