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Risikogruppe auf engstem Raum. Die Zahl der an Covid-19 erkrankten Pflegeheimbewohner ist in Berlin zuletzt angestiegen.

©  Kitty Kleist-Heinrich

Update Exklusiv

Einrichtungen schotten sich ab: Coronavirus-Infektionen in 41 Berliner Seniorenheimen bestätigt

In Pflegeheimen hat die Zahl der Coronavirus-Infektionen bei Bewohnern und Mitarbeitern deutlich zugenommen. Die meisten haben daher ein Besuchsverbot verhängt.

In immer mehr Pflegeheimen in Berlin haben sich Bewohner und Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert. Am Montagabend gab es in 41 Berliner Pflegeheimen bei 178 Bewohnern und 86 Mitarbeitern bestätigte Infektionen.

Damit ist die Zahl der Betroffenen binnen sechs Tagen um 41 Bewohner und 19 Mitarbeiter angewachsen. 38 Bewohner waren bis zum Montag in Verbindung mit dem Coronavirus gestorben, zwölf mehr als knapp eine Woche zuvor. Zudem gibt es in weiteren Heimen Verdachtsfälle, bei denen das Testergebnis aber bis Dienstag noch nicht vorlag.

Auch wenn inzwischen die meisten Pflegeheime von sich aus ein – bis auf wenige Ausnahmen komplettes – Besuchsverbot verfügt haben, gilt in Berlin nach wie vor eine Empfehlung des Senats, wonach „Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen einmal am Tag von einer Person für eine Stunde Besuch empfangen dürfen, jedoch nicht von Kindern unter 16 Jahren oder von Menschen mit Atemwegsinfektionen“.

Auf die Frage, ob angesichts der wachsenden Infektionszahlen diese Empfehlung demnächst geändert werde, hieß es am Dienstag von der Senatsgesundheitsverwaltung nur, dass man den „Beratungen und Entscheidungen des Senats“ nicht vorgreife.

"In Notfällen wird der Kontakt ermöglicht"

Inzwischen haben jedoch weitere Pflegeheimbetreiber die Besuchsregeln verschärft. So gilt nun auch in den acht Berliner Pflegeheimen der Caritas-Altenhilfe und im Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg ein Besuchsstopp. Bis vor Kurzem hielten sich diese beiden Betreiber noch an die Senatsempfehlungen und ermöglichten im engen Umfang Besuche.

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„In Notfällen, beispielsweise der Sterbephase eines Bewohners oder in gesundheitlichen Krisensituationen, wird der persönliche Kontakt zu Familienangehörigen oder Ehepartnern aber in jedem Fall ermöglicht“, sagt eine Sprecherin der Caritas-Altenhilfe. „Unsere Mitarbeiter sind sehr bemüht, den Alltag für unsere Bewohner möglichst gewohnt zu gestalten. Sie können dennoch nicht die Familie ersetzen.“

Ab Ende der Woche werde man Videotelefonie für die Bewohner mit Angehörigen ermöglichen. „Sich beim Sprechen zu sehen und auch als Angehöriger visuell aufzunehmen, wie es dem pflegebedürftigen Angehörigen geht, wird die Situation etwas leichter machen.“

Nicht lebensnotwendige Arzttermine sind verschoben

In anderen Pflegeeinrichtungen, wie den neun Berliner Heimen der Korian-Gruppe und den vier Berliner Pflegeheimen der Johannesstift Diakonie gilt schon seit Mitte März ein – bis auf wenige Ausnahmen, wie einer Sterbebegleitung – umfassendes Besuchsverbot. In den 17 Berliner Pflegeheimen des Vivantes-Forums für Senioren dürfen die Bewohner, bis auf Schwerstkranke, bereits seit Wochen keine Besuche mehr empfangen.

Und umgekehrt „verlassen unsere Bewohner seit 13. März die Einrichtung nicht mehr“, sagt Julia Hübner, Einrichtungsleiterin des „Katharinenhofs am Spreeufer“. Nicht lebensnotwendige Arzttermine seien verschoben, Handwerker oder andere Dienstleister würden nur in Ausnahmefällen das Haus betreten.

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Die wachsende Zahl von infizierten Mitarbeitern zeigt auch, dass es manchen Einrichtungen offenbar schwerfällt, die Pflegekräfte vor Ansteckung zu schützen. Immer wieder warnten in der Vergangenheit Betreiber von Pflegeheimen, ihnen stünden zu wenige Schutzmasken und Desinfektionsmittel zur Verfügung.

Atemschutzmasken sind vorhanden

Doch die Situation scheint sich in den Heimen langsam zu entspannen. „Atemschutzmasken sind mittlerweile ausreichend vorhanden und die Kosten werden von der Pflegekasse übernommen“, sagt Einrichtungsleiterin Hübner. „Händedesinfektionsmittel ist noch etwas knapp, aber Nachschub kommt langsam.“

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Auch bei den Korian-Heimen gibt es vorsichtigen Optimismus: „Wir verfügen über ein großes nationales und internationales Netzwerk und gute Lieferantenbeziehungen“, sagt Unternehmenssprecherin Tanja Kurz. „Davon konnten wir bisher profitieren und in unseren Einrichtungen eine Grundausstattung mit Schutzmitteln wie Mundschutz und Desinfektionsmitteln sicherstellen.” In den von der Volkssolidarität betriebenen Pflegeheimen reiche die Schutzausrüstung derzeit für etwa drei Wochen, sagt Sprecherin Constance Frey. "Es gab vor kurzem eine Lieferung der Senatsverwaltung für Pflege, Gesundheit und Gleichstellung, die über den Paritätischen Wohlfahrtsverband auch an uns verteilt wurde." Auch Desinfektionsmittel seien ausreichend vorhanden.

Ähnlich optimistisch sind die Pflegeheime der Alloheim-Gruppe. "Wir sind aktuell umfassend versorgt", sagt eine Sprecherin. Entwarnung kommt auch aus anderen Berliner Pflegeheimen, wie dem Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg nd dem zu den DRK-Kliniken Berlin gehörenden Haus "Pflege und Wohnen Mariendorf". Aus der Tertianum-Residenz heißt es: "Die Versorgungssituation mit Betriebsmitteln ist etwas weniger angespannt als noch vor ein paar Tagen." 

Die Häuser der Caritas-Altenhilfe seien für erste Infektionsfälle aktuell ausreichend ausgestattet, sagt Sprecherin Claudia Appelt. „Die Preise sind aber vollkommen überhöht. Sie liegen um das Drei- bis Zehnfache über denen vor der Coronakrise.“

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In der Psychiatrischen Pflegeeinrichtung Wannsee sind nach Angaben von Geschäftsführer Andreas Gerl genügend Mundnasenschutze vorhanden. „Zusätzlich hat unsere Schneiderin für jeden Mitarbeiter einen Mundnasenschutz genäht.“ Gewarnt wird trotzdem. So verweist eine Sprecherin des Unionhilfswerkes, das in Berlin vier Heime betreibt, darauf, dass der Bedarf hoch bleiben werde. "Je länger die Krise andauert, umso länger hält der erhöhte Bedarf an Atemschutzmasken und Desinfektionsmitteln an", sagt Sprecherin Gina Schmelter. "Daher muss der Nachschub gewährleistet sein. Pro Tag benötigen wir beispielsweise mindestens eine Atemschutzmaske pro Mitarbeitenden."

Vivantes testet alle Bewohner bei der Aufnahme

Es gibt auch Einrichtungen, die alle Bewohner und Mitarbeiter vorsorglich auf das Coronavirus testen lassen. Im Katharinenhof am Spreeufer seien präventiv alle 118 Bewohner und 110 Mitarbeiter am 9. und 14. April per Rachenabstrich gescreent worden, sagt Einrichtungsleiterin Hübner. Das Ergebnis: alle negativ. „Uns ist aber klar, dass das leider nur eine Momentaufnahme war.”

In den Vivantes-Häusern werden derzeit alle Senioren bei der Aufnahme auf Covid-19 getestet und isoliert untergebracht. Nach fünf bis sieben Tagen erfolgt ein zweiter Test. „Erst wenn dieser negativ ausfällt und die Bewohner symptomfrei sind, wird die vorsorgliche Quarantäne aufgehoben“, sagt eine Konzernsprecherin.

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