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So viel Auswahl. Aber nützliche Alltagsprodukte sucht man in Einkaufszentren meist vergeblich.

© Uwe Anspach/p-a/dpa

Einkaufsfrust in Berlin: „Ich will Rührschüsseln statt Ramsch!“

Wer Dinge des Alltags in Berlin kaufen möchte, wird nur noch im Internet oder in der Peripherie fündig. Ein Ärgernis für Kunden – und ein Problem für die Stadt.

Im Einkaufszentrum in der Wilmersdorfer Straße ist es schön kühl, das ist aber auch das einzig Angenehme an dem Gebäude. Zwischen Neonröhren, beigefarbenen Fliesen und den immergleichen Unterwäschegeschäften bin ich an einem Donnerstagnachmittag auf der Suche. Meine Mission: Ich will eine Teekanne, eine Auflaufform und zwei Plastikrührschüsseln kaufen. Keine leichte Aufgabe, denn das gute alte Haushaltswarengeschäft hat mittlerweile der Onlinehandel gefressen. Und ich bin nicht bereit, in einem der klassischen Warenhäuser 20 Euro für eine Schüssel zu zahlen, die zwar einen edlen Markennamen trägt, aber genauso in China gefertigt ist wie ihre billigen Schwestern.

Die Ausbeute nach eineinhalb Stunden: schlechte Laune und die Einsicht, dass Berliner Kaufhauskunden offenbar lieber glitzernde Teelichthalter und hässlichen Plastik-Herbstschmuck wollen als eine simple Teekanne. In einem Ein-Euro-Shop wähne ich mich kurz dem Ziel nahe, entscheide mich dann aber gegen eine kitschige Rührschüssel in Herzform. Nach einer langwierigen Suche in einer dänischen Billig-Designkette, diversen Drogeriefilialen, Kaufhäusern und Supermärkten gebe ich schließlich auf. Widerstrebend rufe ich am Computer den Onlineshop einer großen schwedischen Möbelkette auf und habe nach zwanzig Minuten meine Bestellung abgeschickt.

Ramsch gibt es an jeder Ecke, Nützliches nur noch online

Es ist bekannt, dass Verdrängungsprozesse die Nahversorgung der Berliner mit Alltagsprodukten gefährden. Da soll die Änderungsschneiderei plötzlich das Dreifache an Miete zahlen und dem Späti wird gekündigt, zugunsten von schicken Bars, Hotels und Latte-macchiato-Cafés. Es ist aber ein Mysterium, warum es nicht gelingt, in einem vierstöckigen Einkaufszentrum Geschäfte einzurichten, die Dinge verkaufen, die man im Alltag wirklich braucht. Die Läden scheinen stattdessen Bedürfnisse schaffen zu wollen, von denen der Kunde gar nicht wusste, dass er sie hatte. Zum Beispiel nach Kaffeebechern mit Plüschaufdruck „Prinzessin“. Oder nach einer Glocke mit der Aufschrift „Ring for sex“.

Solchen Ramsch bekommt man in Berlin an jeder Ecke, für nützliche Dinge des Alltags aber muss man ins Internet oder in die Peripherie. Nicht nur für ältere Menschen ist das ein Problem – für die Stadt bedeutet diese Entwicklung, dass Lieferwagen und Leihbullis die Straßen verstopfen und die Fahrradstreifen zuparken.

Wer Ramsch verkaufen will, darf das natürlich. Und anscheinend haben diese Geschäfte auch kommerziellen Erfolg, sonst gäbe es nicht so viele von ihnen, über alle Einkaufszentren der Stadt verteilt. Trotzdem muss es doch möglich sein, beim Bau der nächsten Mall ein einziges Haushaltswarengeschäft einzuplanen. Mein wichtigster Appell gilt aber den Kunden: Unterstützt unabhängige Läden in eurer Nachbarschaft, solange es sie noch gibt! Geht lieber ein paar Schritte zu Fuß, als von der Couch aus Ware aus Schanghai oder Schweden zu bestellen! Zur Not hilft oft auch ein Besuch auf dem Flohmarkt. Auch wenn das alles anstrengend klingt – anstrengender als ein frustrierender Nachmittag im Einkaufszentrum wird es kaum werden.

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