zum Hauptinhalt
Waagschale der Einheit. So hatten sich die Choreografin Sasha Waltz und die Stuttgarter Szenografen Milla & Partner das Freiheits- und Einheitsdenkmal vorgestellt. Waltz ist aus dem Projekt mittlerweile ausgestiegen.

© Milla&Partner/Sasha Waltz

Einheitsdenkmal: Berlin droht eine neue Bau-Blamage

Das Einheitsdenkmal wird kaum im Zeitplan und Kostenrahmen bleiben. Die geplante Fertigstellung zum 9. November dieses Jahres ist schon jetzt ausgeschlossen, und auch die Einweihung im kommenden Jahr ist gefährdet. Doch Berlin und der Bund schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu.

In gefährliche Schieflage kann die „Einheitswaage“ eigentlich gar nicht geraten, denn das ist nach den Plänen des Stuttgarter Designers Johannes Milla ausgeschlossen. Doch die Realität hält sich nicht an Planungen – sie hat diese gar eingeholt, bevor sie überhaupt verwirklicht sind: Das Freiheits- und Einheitsdenkmal auf dem Sockel des historischen Kaiser-Wilhelm-Denkmals ist aus dem Lot geraten. Die geplante Fertigstellung zum 9. November dieses Jahres ist ausgeschlossen. Und auch die Einweihung im kommenden Jahr gerät in Gefahr – trotz des Warnrufs der Kulturstaatsministerin des Bundes, Monika Grütters (CDU).

Denn wie aus Kreisen des Bauherren zu hören ist, sind nicht einmal die Entscheidungen darüber gefallen, wie der Sockel überhaupt saniert werden soll – und deshalb liegt der Baubeginn für das eigentliche Denkmal in weiter Ferne. Mehr noch: Eine Erhaltung der entdeckten, überraschend umfangreichen Mosaike aus der Kaiserzeit könnten die Designer zur Überarbeitung der Entwürfe zwingen, die das vom Bundestag auf zehn Millionen Euro gedeckelte Budget sprengen könnte. Extrakosten müsste aber wohl erneut das Parlament zustimmen.

Senator Müller stellt sich hinter die Empfehlung des Landesdenkmalrates

Öffentlich zitieren lässt sich damit niemand. Die Planer in Stuttgart wollen sich nicht äußern. Doch die Angaben aus Bauherrenkreisen macht die Aussagen verständlich, die die Kulturstaatsministerin des Bundes vor wenigen Tagen getroffen hatte: Wenn Berlin nicht zügig „die noch offenen Fragen“ mit dem Bund klärt, werde es „zu Verzögerungen und Kostensteigerungen“ kommen.

Stehen diese nun an? Dafür spricht die Antwort von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) auf Anfragen des Tagesspiegels: „Dem Bund liegen alle Angaben des Landes Berlin vor, und er muss die weiteren Entscheidungen treffen“. Denn der Senator stellt sich damit hinter die Empfehlung des Landesdenkmalrates, der sich schon vor einem halben Jahr für die Erhaltung des Mosaiks aussprach. Einen „konservatorischen Glücksfall“ nennt das Gremium den Fund im Protokoll seiner Sitzung vom 6. Dezember. Nirgendwo sonst in Berlin gebe es ein solches „Zeugnis der wilhelminischen Bodenmosaikkunst unter freiem Himmel“. Es gelte diese „für die Erinnerung an die Vergangenheit des Berliner Schlosses und der Schlossfreiheit“ zu erhalten.

Das Plädoyer für die Erhaltung ist zugleich eins gegen die Abtragung des Bodendenkmals und dessen Einlagerung oder Aufbau an anderer Stelle. Letzteres wäre nach Angaben von Bauexperten die schnellere und kostengünstigere Lösung – jedenfalls in Hinblick auf die Realisierung des gesamten Denkmals. Bausenator Müller versichert zwar, dass die Erhaltung der Mosaike das Budget des Denkmals nicht belaste, weil die Sockelsanierung aus einem anderen Topf – der „Entwicklungsmaßnahme Hauptstadt“ - finanziert wird. Ob dafür aber die vorgesehenen 3,7 Millionen Euro ausreichen, ist unklar. Die Senatsverwaltung äußerte sich dazu nicht.

Baubeginn für August 2014 geplant

Die Sprecherin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, das die Arbeiten koordinierte, sagte auf Anfrage: „Der vorliegende Rahmenterminplan sieht den Baubeginn im August 2014 vor. Voraussetzung für dessen Einhaltung ist, dass Berlin die erforderlichen Genehmigungen erteilt.“ Eine Darstellung, der der Senat entgegnet: Genehmigungen könnten gar nicht erteilt werden, da der Bund als Bauherr zuvor wichtige Entscheidungen treffen muss – etwa, wie er den Sockel des Denkmals sanieren will.

„Die Entscheidungen werden nach oben delegiert, weil niemand sie zu treffen wagt“, sagt einer der am Bau Beteiligten und der nicht genannt werden will. Dass die aus dem Lot geratene Einheitswippe nun Chefsache ist, sieht er als Chance. „Die müssen jetzt die Verantwortung übernehmen“ – das klingt nach schwerwiegenden Entscheidungen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false