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Wohin mit dem Erbe? Von Nachlassspenden profitiert auch der von vielen Berlinern seit Kindheitstagen so geliebte Zoo.

© Malte Christians / dpa

Eine letzte gute Tat: Wie man seinen Nachlass sinnvoll spenden kann

Viele Senioren denken darüber nach, ihr Erbe zu stiften. Aber wie funktioniert das und was ist zu beachten? Ein Überblick.

Was bleibt von mir, wenn ich nicht mehr da bin? Welche Spuren hinterlasse ich? Fragen, die sich viele ältere Menschen irgendwann stellen. Heike von Lützau-Hohlbein hat sie für sich beantwortet. Sie hat in ihrem Testament verfügt, dass die Deutsche Alzheimer Stiftung einen Teil ihres Vermögens als Vermächtnis erhalten soll. Dank der Seniorin werden eines Tages vielleicht noch mehr Angehörige am Alzheimer-Telefon über die Erkrankung beraten und noch mehr alleinlebende Menschen mit Demenz von Ehrenamtlichen im Alltag begleitet werden können.

So vorausschauend wie Heike von Lützau-Hohlbein handeln noch nicht viele Deutsche – aber es werden mehr, beobachtet Susanne Anger, Sprecherin der Initiative „Mein Erbe tut Gutes“ mit Sitz in Berlin, in der sich rund 20 Stiftungen und gemeinnützige Organisationen zusammengeschlossen haben. „Der Gedanke des gemeinnützigen Vererbens ist nicht neu, aber er muss neu entdeckt werden“, sagt Anger. Die Initiative informiert im Internet, mit Broschüren, auf Veranstaltungen und mit einer Ausstellung darüber, wie man mit seinem Testament wirkungsvoll eine gute Sache unterstützen kann. Und sie vermittelt Rechtsanwältinnen und Notare, die individuell beraten.

Nach Zahlen der Initiative könnte sich jeder zehnte Deutsche über 60 Jahre vorstellen, sein Erbe oder einen Teil davon einer guten Sache zukommen zu lassen. Bei Kinderlosen waren es sogar ein Drittel der mehr als 600 bundesweit befragten Seniorinnen und Senioren. Doch die von der Gesellschaft für Konsumforschung im Jahr 2013 durchgeführte Umfrage „Gemeinnütziges Vererben in Deutschland“ ergab auch: Jeder fünfte über 60-Jährige weiß nicht, dass er mit seinem Erbe Gutes tun kann.

2018 wurden etwa 85 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt

Das wollen viele Organisationen ändern und werben aktiv um Nachlassspender. Der „Schatz“, den es zu heben gilt, ist beträchtlich. Allein 2018 wurde in Deutschland steuerlich berücksichtigtes Vermögen im Wert von 84,7 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Hinzu kommen jene Erbschaften, die von der Statistik nicht erfasst sind, weil sie innerhalb der Steuerfreibeträge liegen. Berlinerinnen und Berliner erben im bundesweiten Vergleich zwar seltener und auch weniger hohe Summen als der Durchschnitt. Dennoch, so eine Prognose des Deutschen Instituts für Altersvorsorge von 2015, sollen bis 2024 in der Bundesrepublik Bargeld, Wertpapiere und Immobilien im Wert von 3,1 Billionen Euro auf die nächste Generation übergehen.

Doch das Werben um Nachlässe ist eine delikate Angelegenheit. Niemand soll sich unter Druck gesetzt oder bedrängt fühlen. „Was man nach seinem Tod hinterlassen, womit man in Erinnerung bleiben möchte, ist eine der sensibelsten Fragen, die es gibt“, sagt Jenny zu Eulenburg, die bei der Kinderrechtsorganisation Save the Children Deutschland in Berlin den Bereich Großspender verantwortet. „Trotzdem sind uns viele Menschen dankbar, dass wir aktiv auf sie zugehen, weil sie mehr über das Thema Vererben und unsere Arbeit wissen möchten.“ Interessenten ermuntert sie, das persönliche Gespräch zu suchen: „Eine Testamentsspende setzt großes Vertrauen in unsere Arbeit voraus; Transparenz und Offenheit sind sehr wichtig. Jede noch so kleine Frage beantworten wir gerne.“

"Horchen Sie in sich hinein"

Informieren, Fragen stellen, vielleicht sogar Projekte besuchen – so findet man heraus, welche Organisation zu einem passt. „Horchen Sie in sich hinein, überlegen Sie, was Ihnen wichtig ist, und prüfen Sie, wer seriös ist“, rät Susanne Anger von der „Mein Erbe tut Gutes“. Dabei helfen Gütesiegel wie das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) aus Berlin.

Heike von Lützau-Hohlbein fand ihr „Lebensthema“ bereits vor 30 Jahren, als ihre Mutter an Alzheimer erkrankte. Zur Unterstützung der Deutschen Alzheimer Gesellschaft gründete die Informatikerin vor 19 Jahren die Deutsche Alzheimer Stiftung, die sie und ihr Mann nun auch als Vermächtnisnehmerin eingesetzt haben. Die 72-Jährige versteht nicht, dass viele Menschen aus Angst vor dem Ende ihr Erbe nicht regeln. „Es gibt so viel Unwissen und falsche Vorstellungen, zum Beispiel über die gesetzliche Erbfolge. Das merke ich auch im Bekanntenkreis. Dabei war es nie so leicht, sich zu informieren.“

Alle drei Frauen raten: Beziehen Sie die Familie ein. Wer einen Teil seines Vermögens einer gemeinnützigen Organisation hinterlassen will, sollte früh mit Kindern und Enkeln reden. Die Sorge, diese könnten sich übergangen fühlen, ist oft unbegründet. Und auch die Organisation selbst sollte möglichst noch zu Lebzeiten von ihrem Glück erfahren, rät Christian Dentel vom Zoo und Tierpark Berlin. Er ist als Verwaltungsleiter auch für Nachlässe zuständig und wird nicht selten davon überrascht, dass Berlinerinnen und Berliner ihre seit Kindertagen innig geliebten Zoos bedenken. „Sprechen Sie uns an und wir können vieles vorab klären“, sagt er. So könnten zum Beispiel schon einmal eine Kopie des Testaments übergeben, Wünsche für die Beerdigung besprochen oder die Versorgung von Haustieren geregelt werden.

Denn soll der Zoo nicht nur ein Vermächtnis erhalten, sondern Haupterbe werden, wird er sich um all dies kümmern – nach den Wünschen und im Sinne seiner Unterstützerin oder seines Unterstützers.

Nachlassspende: An wen kann ich mich wenden?

Gut zu wissen: Da gemeinnützige Organisationen von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit sind, kommen ein Vermächtnis oder eine Erbschaft ungeschmälert ihrer Arbeit zugute. Informationen bietet die Initiative „Mein Erbe tut Gutes“ (mein-erbe-tut-gutes.de, Tel. 29 77 24 36).
Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) mit Sitz in Berlin vergibt ein Spenden-Siegel an vertrauenswürdige Organisationen. Einzelanfragen an die Spenderberatung werden am besten über ein Onlineformular auf www.dzi.de gestellt oder per Post gesandt (Telefon: 83 90 01- 0).

Auch die Mitgliedschaft im Deutschen Spendenrat bürgt für Seriosität. Informationen unter www.spendenrat.de, Tel.46 70 52 00.

Viele gemeinnützige Organisationen senden auf Anfrage Broschüren zum Thema Testamentsspenden zu oder informieren im Rahmen von Veranstaltungen, so zum Beispiel:

Deutsche Welthungerhilfe: Infoabend „Gute Gründe, ein Testament zu errichten“ am 22. Oktober 2019, 17–19 Uhr in Brandenburg an der Havel, Lighthouse Konferenzlounge, Anmeldung unter Tel. 0228/228 82 68 oder martina.rauwolf@welthungerhilfe.de.

Caritas Berlin: Ein Vortrag über „Erbrecht, Testament und Übertragung zu Lebzeiten“ findet am 30. Oktober, von 15 bis 16.30 Uhr im Seniorenwohnhaus Kardinal von Galen statt, Goltzstraße 26.

Anmeldung: Tel. 666 33-11 44 oder j.windeck@caritas-berlin.de.

Die Deutsche Umwelthilfe bietet eine Sprechstunde für Nachlässe „Testament und gemeinnütziges Vererben“. 12., 13. und 14. November, Hackescher Markt 4. Anmeldung: Annette Bernauer, Tel. 07732/99 95-60, bernauer@duh.de.

Die Björn Schulz Stiftung aus Berlin, die Familien mit lebensverkürzend erkrankten Kindern begleitet, informiert zum Thema Nachlassspenden mit einem Stand auf der Messe „Reise & Gesundheit“, 2./3. November, 10–17 Uhr. Cafe Moskau, Karl-Marx-Allee 34.

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