zum Hauptinhalt
Sascha Pfeiffer-Franz fährt seit zehn Jahren U-Bahnen für die BVG. Beschäftigt ist der 42-jährige Kaulsdorfer bei der Tochterfirma Berlin Transport (BT).

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Ein Zugfahrer über die neue U5: „Es geht ziemlich hoch und runter, da braucht man Übung“

Signale, Notausstiege, Zeitplan: Vieles musste Sascha Pfeiffer-Franz für die U5 lernen. Ein Gespräch über Tunnel, Fahrgastmarotten und Pinkelpausen.

Herr Pfeiffer-Franz, darf ich „Fahrer“ zu Ihnen sagen? Viele S-Bahner finden das ehrenrührig, die wollen „TF“ genannt werden, für „Triebfahrzeugführer“.

„Zugfahrer“ ist in Ordnung. S-Bahner zählen ja zur Bahn, wo sie eine richtige Lokführer-Ausbildung machen müssen. Wir bei der BVG fahren ja nach Betriebsordnung Straßenbahn, die ist weniger umfangreich. Da gibt es Zugfahrer Großprofil und Kleinprofil. Ich fahre Großprofil.

Wo überall und wie lange fahren Sie schon für die BVG?
Ich bin jetzt zehn Jahre dabei. Streckenkenntnis habe ich auf allen Großprofillinien, also U5 bis U9, aber als Beschäftigter der BT Berlin Transport – das ist eine hundertprozentige Tochterfirma der BVG – fahre ich praktisch nur die U5 und die U8, für die BT zuständig ist.

Welche der beiden Linien fahren Sie lieber?
Die U5. Zum einen ist die praktisch, weil ich in Kaulsdorf nahe der Strecke wohne. Außerdem fährt man auf der U5 zur Hälfte draußen und sieht auch mal, wie das Wetter ist. Wenn man nur im Tunnel fährt, merkt man höchstens wegen der Fahrgäste mit Schirmen, dass es draußen regnet.

Sind Sie aufgeregt, wenn Sie an Ihr neues Einsatzgebiet auf der verlängerten U5 denken?
Bei der ersten Einweisungsfahrt im Oktober war ich aufgeregt. Da war ein Lehrer an Bord, der beispielsweise die Position von Signalen und Notausstiegen gezeigt hat. Insgesamt hatte ich zwei Tage zum Üben. Man muss ja auch trainieren, den Fahrplan möglichst genau einzuhalten.

Und, passt der Fahrplan?
Es sieht gut aus, aber wir haben ja Unter den Linden den Umsteigebahnhof zur U6, der sicher stark frequentiert wird. Auch am Hauptbahnhof werden viele ein- und aussteigen. Ich denke, die Strecke wird überhaupt gut angenommen. Das kann interessant werden für die Pünktlichkeit.

Hat die neue Strecke irgendwelche Highlights oder auch Herausforderungen?
Es geht ziemlich hoch und runter, weil wir die Spree unterqueren und mehrere andere Bahntunnel kreuzen. Da braucht man Übung, um möglichst energiesparend und materialschonend zu fahren.

Sie fahren direkt unterm Stadtschloss und dem Brandenburger Tor durch, aber sehen nichts davon. Hat das irgendeinen Reiz?
Da ich diese Highlights nicht sehe, spielt das für mich tatsächlich keine Rolle. Aber mir ist die Innenstadt ohnehin zu trubelig, ich wohne nicht zufällig im Grünen. Schön finde ich, dass die neuen Tunnel so sauber sind.

[Für aktuelle Nachrichten live auf Ihr Handy empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Mein Job ist überhaupt schön, weil ich zwar mittendrin bin im Trubel, aber zugleich für mich im Führerstand. Das ist gut und macht mir auch nach zehn Jahren noch richtig Spaß. Ich habe auch nicht ständig einen Chef vor der Nase – so muss Arbeit sein. Und die U5 ist wirklich eine schöne Linie.

Ändert sich eigentlich praktisch für Sie viel mit der neuen Strecke, oder wird nur der Weg zur Toilette weiter?
Zur Toilette können wir notfalls auf jedem Bahnhof gehen. Man sollte nur der Leitstelle vorher Bescheid sagen, damit sich dort niemand wundert, wenn der Zug länger steht. Möglichst geht man also an der Endstation. Was sich für mich verschlechtern kann, ist der mögliche Einsatzort: Wenn ich richtig Pech habe, muss ich um 3.40 Uhr früh einen Zug am Hauptbahnhof übernehmen.

Wie kommt man um diese Zeit dorthin?
Mit dem Nachtbus. Der N5 fährt ja ungefähr die Strecke der U5. Ein Parkplatz am Hauptbahnhof wäre natürlich noch schöner, weil es nachts mit dem Auto am schnellsten geht. Ich arbeite ohnehin lieber tagsüber, Richtung Nachmittag. Aber das kann ich mir nicht wirklich aussuchen – und wenn man frühmorgens fährt, sieht man wenigstens die Familie regelmäßig. Manche Kollegen nervt die häufige Arbeit an Wochenenden, aber ich finde das nicht schlimm, denn dafür hat man ja in der Woche frei.

[In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Außerdem kenne ich das, zumal ich vorher in einem Pflegeheim gearbeitet habe. Da hatte ich auch nur jedes zweite Wochenende frei. Körperlich ist mein aktueller Job einfacher, aber man muss schon sehr konzentriert sein über die acht Stunden: Immer der Hell-Dunkel-Wechsel zwischen Bahnhöfen und Tunnel – und bei Störungen muss man schnell die richtigen Entscheidungen treffen, wenn man ein paar hundert Fahrgäste an Bord hat.

Gibt es noch irgendwas, was die Fahrgäste wissen sollten?
Ich mag manchmal kaum hingucken, wenn Eltern ihre dreijährigen Kinder mit Roller oder Fahrrad auf dem Bahnsteig fahren lassen, während ich mit Tempo 50 und entsprechendem Windzug in den Bahnhof einfahre. Und ich verstehe nicht, warum man seinen Kumpels unbedingt die Tür aufhalten muss, obwohl der nächste Zug in drei Minuten kommt. Das erzeugt nicht nur Verspätung, sondern dürfte auch der häufigste Grund für Türstörungen sein. Dann haben spätestens am nächsten Bahnhof alle den Ärger. Aber aufregen kann ich mich darüber nicht. In einer Großstadt geht’s nun mal hektisch zu, und meinen Job finde ich trotzdem toll.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false