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Auch der Maler Frank Suplie hatte bei der Sommer-Akademie seine Staffelei vor dem Gutshaus Neukladow aufgebaut.

© Miriam-Esther Owesle

Ein Sommer, wie damals: Der Gutspark Neukladow in Öl und Acryl

Im Juni lud die Kunsthistorikerin Miriam-Ester Owesle 16 Künstlerinnen und Künstler nach Spandau ein. Jetzt gibt es ihre Bilder als Buch.

Ein verwunschenes Märchenschlösschen in Berlin? Man muss nur die BVG-Fähre F10 von Wannsee nach Kladow nehmen und ein paar Minuten laufen, um dieses kleine Paradies auf einer Anhöhe über der Havel zu entdecken.

Ein Park mit uralten Bäumen umfängt den Besucher. Weich geschwungene Wiesenhänge führen hinauf zur lichten Kuppe des Parks. Dort steht das Gutshaus Neukladow, ein gelb leuchtendes Gebäude, von dessen Veranda man zwischen dorischen Säulen traumhaft über den Fluss blickt, der so gar keine Eile hat. Erstes Vogelgezwitscher, spätwinterliche Ruhe.

Kaum zu glauben, dass im Juni 2020 ein reges, malerisches Treiben diesen besonderen Ort belebte: Im Rahmen einer zweiwöchigen Sommer-Akademie bauten dort 16 Künstlerinnen und Künstler aus Berlin und Brandenburg rund ums Schlösschen ihre Staffeleien auf. Inspiriert von der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Gutsparks Neukladow legten sie los: im vollen Licht, in freier Luft – en plein air.

Zahlreiche ihrer Werke kann man jetzt in einem faszinierenden Buch der Kunsthistorikerin Miriam-Esther Owesle bewundern. Es sind Gemälde in Öl und Acryl, Aquarelle, Pastelle, Zeichnungen mit Tusche, Kohle oder Bleistift.

Auf vielfältige künstlerische Weise entfaltet der Zauber des Ortes hierin seine Kraft. Schon der Titel des Buches ist verheißungsvoll: „Ein Sommer in Neukladow“. Lebendige Texte über die kreativen Gäste, über deren Arbeitsweisen und ihre Annäherung an das Freiluft-Atelier im Spandauer Ortsteil Kladow ergänzen die Illustrationen.

Das Aquarell von Kira Balke, seit 2018 Studentin an der Universität der Künste Berlin, zeigt den Blick von der Gutshaus-Terrasse zur Havel.
Das Aquarell von Kira Balke, seit 2018 Studentin an der Universität der Künste Berlin, zeigt den Blick von der Gutshaus-Terrasse zur Havel.

© Kira Balke

Unterstützt vom Kulturamt des Bezirks hatte Autorin Miriam-Esther Owesle die Aktion organisiert, die Künstler eingeladen und so eine Tradition weitergeführt, die auf den einstigen Hofmaler von Neukladow, Max Slevogt, zurückgeht.

Neben Max Liebermann und Lovis Corinth gehörte Slevogt zu den führenden Impressionisten seiner Zeit. Er war befreundet mit dem Besitzer des Gutshauses, Johannes Guthmann. Als gern gesehener Gast hielt er auf vielen Gemälden fest, wie sein wohlhabender Verehrer dort einen Traum verwirklichte: sein Arkadien an der Havel. Guthmann, ein Schöngeist und Kunstliebhaber, schuf von 1910 bis 1921 in Neukladow einen „Ort der Muße und der Musen“. Er scharte dort Menschen um sich, die zum elitären Kreis der Kunst-, Theater,- Musik- und Wissenschaftsszene der deutschen Hauptstadt gehörten.

Guthmanns Kladower Arkadien

Miriam-Esther Owesle erfuhr erstmals von Guthmanns Kladower Arkadien, als sie im Jahr 2013 ein Seminar über Max Slevogt und den deutschen Impressionismus gab. Sie war begeistert und erforschte intensiv die Geschichte des Gutshauses.

Seither bemüht sie sich unermüdlich, das architektonische und kulturgeschichtliche Juwel am Wannsee durch Vorträge, Konzerte und vielerlei andere Events als Musenhof wiederzubeleben. Veranstalter ist dabei die von ihr gegründete Johannes-Guthmann-Akademie (mehr Infos hier: guthmann-akademie.de).

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Ihr Buch erweckt schon jetzt Vorfreude auf den kommenden Kultur-Sommer in Neukladow, die Pandemie ist bis dahin hoffentlich abgeebbt. Zur Zeit darf das Café-Restaurant im Gutshaus nur To-Go-Service anbieten, aber ein weiteres Plein Air im Park, Open-Air-Konzerte oder Lesungen sind bereits in Vorbereitung. Und der Bezirk hat schon begonnen, das gesamte Areal als Treffpunkt für Kunst und Kultur auszubauen und fortzuentwickeln.

Miriam-Esther Owesle: Ein Sommer in Neukladow. be.bra verlag, Berlin. 112 Seiten, 102 Abbildungen, 16 Euro. Das Titelbild hat Christopher Lehmpfuhl gemalt. Infos zum Gotischen Haus unter www.gotischeshaus.de.
Miriam-Esther Owesle: Ein Sommer in Neukladow. be.bra verlag, Berlin. 112 Seiten, 102 Abbildungen, 16 Euro. Das Titelbild hat Christopher Lehmpfuhl gemalt. Infos zum Gotischen Haus unter www.gotischeshaus.de.

© Promo

Welche Bildenden Künstler erkundeten im vergangenen Sommer den Gutspark? Neun Profis waren dabei: Matthias Koeppel, Christopher Lehmpfuhl, Frank W. Weber, (Künstlername ARATORA), Antonia Bisig, Ulrike Pisch, Sibylle Prange, Frank Suplie Lilo Winkelmann und die in Berlin lebende, koreanische Malerin SOOKI.

Sie arbeiteten Seite an Seite mit sechs Studierenden der Künste: Kira Balke, Sophia Berg, Carolin Bernhofer, Cosima Dlugokinski, Sophie Siebert und Kiriakos Tompolidis. Als Jüngste gehörte zu dieser vielseitigen Künstler-Crew Dana Teifel vom Leistungskurs Kunst der Spandauer Martin-Buber-Oberschule.

Der Blick von der Veranda

Für die 67-jährige SOOKI war Neukladow „eine neue Welt in Berlin, die der Fantasie großen Raum gibt“. Mit Vorliebe ließ sie auf der Veranda ihren Blick in die Ferne schweifen. Das zeigen ihre Aquarelle und Gouachen „Zum Wasser“ oder „Blick frei aufs Segelboot“.

Kunststudentin Kira Balke, 21 Jahre alt, in Kladow geboren und schon als Kind im Gutspark zu Hause, lässt die Säulen der Veranda expressionistisch in den Himmel stürmen. Frank Suplie (70), Strohhut, farbverschmierter grüner Kittel, malt auf einem Foto in einem versteckten Parkwinkel unter Eichen.

Neukladow ist für ihn „gleichermaßen zeitlos wie höchst aktuell“. Christopher Lehmpfuhl (49) genießt und malt wie einst Max Slevogt den Blick über die Blumenrabatten zur Havel und zur Freitreppe des Gutshauses „in ganz starkem Licht“.

Dick trägt er die intensiven Ölfarben auf. Man kann den Sommertag auf seinem Bild mit allen Sinnen nacherleben. Im Park erfuhren die Künstler eine Freiheit, die in aktuellen Corona-Zeiten nicht selbstverständlich ist.

Verhindert haben die Viren bislang die Präsentation der entstandenen Arbeiten im Gotischen Haus des Bezirks Spandau an der Breite Straße 32. Bereits seit November 2020 ist dort eine Ausstellung fertig aufgebaut, wegen des derzeitigen Lockdowns bleibt sie aber bis auf weiteres geschlossen. Wenn sich die Lage entspannt, soll sie auf jeden Fall noch gezeigt werden.

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