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Die St.-Matthäus-Kirche ist ein evangelischer Kirchenbau am südlichen Rand des Großen Tiergartens in Mitte.

© Kitty Kleist-Heinrich

Ein Ort, an dem sich alle treffen: Die Kulturstiftung St. Matthäus feiert 20. Jubiläum

Künstler wie Norbert Bisky stellen aus, Musikerinnen spielen hier: Die evangelische Kulturstiftung St. Matthäus am Kulturforum feiert am Sonntag Jubiläum.

Auf dem Altar brennen Kerzen. Ein Musiker übt am Cembalo. Einige Besucher stehen im hellen, weißen Kirchraum, betrachten den Bronze-Corpus „Memento Mori“ von Leiko Ikemura, eine lebensgroße Figur, am Boden liegend, mitten im Raum. Alltag in der St.-Matthäus-Kirche auf dem Matthäikirchplatz am Kulturforum.

Seit 20 Jahren ist die Kirche ein Ort, an dem sich alle treffen: Gottesdienstbesucher und Musiker, bildende Künstler und Geistliche. Seit 20 Jahren gibt es die evangelische Kulturstiftung St. Matthäus. „Entstanden ist die Stiftung aus Grundstücksverkäufen der Kirche, als der Potsdamer Platz bebaut wurde“, sagt Pfarrer Hannes Langbein, der 2018 die Leitung der Stiftung von dem über viele Jahre prägenden Gründungsdirektor Christhard-Georg Neubert übernommen hat.

Und auch wenn der damalige Senatsbaudirektor Hans Stimmann die Kirche einst in einem Hain aus Hunderten Bäumen verschwinden lassen wollte: Heute ist sie ein integraler Bestandteil des Kulturforums geworden. Als ältestes Gebäude im Ensemble ist sie ein sichtbares Zeichen für die Geschichte des Areals.

Vom Turm der Kirche kann man das gesamte Kulturforum überblicken. „Sonntags gehen manche Menschen erst in die Gemäldegalerie und dann in unseren Gottesdienst – oder erst in die Kirche und dann in die Philharmonie“, sagt Langbein. Wobei die Kirche auch selbst ein Kulturort ist: Drei bis vier Ausstellungen pro Jahr finden durchschnittlich in der Kirche statt – die Bandbreite reicht von Björn Dahlem über Jorinde Voigt bis Norbert Bisky, der im vergangenen Jahr 20 000 Besucher in das Gotteshaus zog.

„Wichtig ist mir, dass wir den Kirchenraum für Künstlerinnen und Künstler öffnen – gerade auch jetzt, in der Coronakrise“, sagt Langbein. Deswegen engagiert die Stiftung in der Regel für jeden Gottesdienst, der in der Kirche stattfindet, eine Instrumentalsolistin. „Kirchen gehören zu den wenigen Orten, an denen Künstler derzeit ohne Probleme auftreten können“, sagt Langbein. „Da haben wir auch eine Verantwortung dafür, das möglich zu machen.“

„Memento Mori" heißt die lebensgroße Bronzeskulptur von Leiko Ikemura.
„Memento Mori" heißt die lebensgroße Bronzeskulptur von Leiko Ikemura.

© Kitty Kleist-Heinrich

Uraufführungen treffen auf Tradition

Mehrfach im Jahr gibt es in der St.-Matthäus-Kirche – vor allem dank des engagierten Kantors Lothar Knappe – Uraufführungen neuer geistlicher Musik. Und am ersten Weihnachtsfeiertag wird traditionell eine von der Stiftung vergebene Auftragskomposition in der Kirche vorgestellt.

Und Absolventen der Braunschweiger Kunsthochschule können dank eines von der Stiftung in Kooperation mit dem Dom zu Brandenburg vergebenen Stipendiums als „Artists in Residence“ für einige Monate am Dom zu Brandenburg leben und arbeiten. „Wir sind als Stiftung St. Matthäus zwar im Kulturforum stark vertreten“, sagt Langbein. „Aber wir sind die Kunst- und Kulturstiftung der ganzen Landeskirche.“

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Die mehr als 200 Werke moderner Künstler, die die Stiftung mittlerweile besitzt, werden deswegen auch an Gemeinden und kirchliche Institutionen in der ganzen Landeskirche ausgeliehen: von Görlitz im Süden bis Lenzen und Prenzlau im Norden. In den kommenden Jahren wolle man auch stärker als bisher ins Brandenburger Land hin ausstrahlen, sagt Langbein.

Die Finanzen machen der Stiftung zuweilen Sorgen

Nur die Finanzen machen der Stiftung zuweilen Sorgen: Denn die Kulturstiftung lebt auch im 20. Jahr ihres Bestehens weitgehend ohne Kirchensteuern. Ein gutes Drittel der Einnahmen kommt aus der Verzinsung des durch den Verkauf der einstigen Kirchengrundstücke entstandenen Vermögens, für den Rest ist man auf Spenden, Kollekten, Vermietungseinnahmen und sonstige Drittmittel angewiesen.

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Weswegen sich Langbein über manche Aktion seiner Nachbarn ganz besonders freut: Am Sonnabend und Sonntag, nach dem Festgottesdienst mit Bischof Christian Stäblein, wird die Karajan-Akademie, das Nachwuchsorchester der Philharmonie, zwei Benefizkonzerte für die Kulturstiftung spielen.

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