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Berlin: Ein Klassiker auf Stadtpartie

Brandenburgisches Sommerkonzert erneuert

Eine Schlange aus sommerlich gekleideten Menschen in Leinenkleidern und hellen Jacketts zieht sich langsam die Treppe hoch in den Französischen Dom. „Bach auf Italienisch“ steht auf dem Programm der Brandenburgischen Sommerkonzerte. Eigentlich befinden wir uns hier auf einer Landpartie, die nur ausnahmsweise in die Stadt führt.

Gleichzeitig findet an diesem Abend Sponsorenwerbung für das privat organisierte Musikfestival statt. Die Förderer werden aber nicht wie früher bei einer festlichen Sponsorenparty hofiert, sondern vergleichsweise bescheiden, im Rahmen des öffentlichen Konzerts und beim anschließenden Empfang in der italienischen Botschaft. Im Jahr 15 nach dem Fall der Mauer verändern sich die Brandenburgischen Sommerkonzerte.

Wilhelm Kirchner und Christiane Weidner, die beiden Neuen an der Spitze, leben in dieser, ihrer ersten Saison noch ein bisschen von der Tradition, setzen aber bereits eigene Akzente. Werner Martin, der Erfinder der Landpartien und über die Jahre gleichzeitig Motor und Seele des Unternehmens, hat seine lange gehegten Pläne zum Rückzug diesmal offensichtlich wahr gemacht.

Die Phase, in der die stimmungsvolle Erkundung der neuen Heimat ringsum Berlin und das Verweben von Stadt und Land durch Blechkuchen backende Freundeskreise mindestens genauso wichtig waren wie die Konzerte selbst, ist erst einmal abgeschlossen. Die bestehenden Strukturen sind verlässlich, die für West-Berliner einst exotischen Spielorte sind inzwischen voll erschlossen und vielfach besucht worden, nun soll die musikalische Qualität weiter ausgebaut werden.

Das Ensemble Europa Galante war sicher eine gute Wahl für den Sponsorenabend. Unter der Leitung des sizilianischen Geigers Fabio Biondi und mit Kenneth Weiss am Cembalo bekamen die Konzerte für Violine Solo und Cembalo eine sommerliche Leichtigkeit, ja Heiterkeit, die mit viel Applaus willkommen geheißen wurden. Ein weiteres Violinensolo gab es im Anschluss beim Empfang in der italienischen Botschaft, zu dem sich etwa 150 Sponsoren und Abgesandte der Freundeskreise versammelt hatten. Jörg Schönbohm als Stellvertreter des brandenburgischen Ministerpräsidenten beschwor dabei gleichzeitig den alten Geist und die Zukunft der Sommerkonzerte. Wilhelm Kirchner und Christiane Weidner quittierte er, dass sie das Erbe erfolgreich angetreten hätten. Den großen Vorgänger streifte er dabei nur am Rande, lobte aber das aus seiner Sicht bedeutende Verdienst der Landpartien, die in den vergangenen Jahren zu den Konzerten viele Menschen in die brandenburgischen Kirchen gebracht haben, die Kirchen sonst nie betreten würden: „Wir haben nicht zu viele Kirchen in Brandenburg, sondern zu wenig Christen.“

Bei Sekt und kleinen Antipasti gab es noch lange Gespräche, auch im schönen Hof der Botschaft. Der wäre, wie Botschafter Silvio Fagiolo sagte, beinahe Schauplatz des Konzerts geworden. Gescheitert ist der schöne Plan wohl daran, dass man zwar Bach auf Italienisch spielen kann, aber nicht das Wetter.

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