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Kai Wegner, Landesvorsitzender der Berliner CDU vor dem neuen Logo - jetzt in orange auf schwarzem Grund.

© DAVIDS/Tom Maelsa

Ein Jahr Kai Wegner als Landesschef: Berlins CDU will mit Orange und Schwarz punkten

Neues Logo, neues Image? Berlins CDU-Chef Kai Wegner will jetzt angreifen - ob er auch Spitzenkandidat wird, lässt er offen.

Von Ronja Ringelstein

Kai Wegner geht nicht gern auf Abstand. Der Chef der Berliner CDU steht auf einem Steg an der Spree mit Blick auf die Oberbaumbrücke in Kreuzberg ziemlich dicht an einem Journalisten und erklärt, wie es jetzt weitergeht mit der Berliner CDU. Im Einzelgespräch kann man die Menschen am besten überzeugen, weiß er.

Da räuspert sich sein Sprecher und sagt etwas peinlich berührt „Kaaai...“ und schiebt die nach vorne ausgestreckten Arme bedeutend auseinander. Soll heißen: Kai, halte die Abstandsregeln wegen der Corona-Pandemie ein. Der Chef geht sichtlich genervt einen Schritt zurück als würde er denken, so macht Politik doch keinen Spaß, ohne Nähe und Handschläge.

Ein Jahr ist der 47-jährige Bundestagsabgeordnete nun im Amt als Chef der Berliner CDU. Die Handschläge sind seine Spezialität – er ist ein Dealmaker, könnte man sagen. Und das führte dazu, dass es aus dem Landesverband, der sonst für seine Grabenkämpfe und inneren Querelen bekannt war, still geworden ist.

Kritiker sagen, Wegner habe alle Querschläger mit Posten versorgt oder ihnen diese für die Zukunft versprochen, um sie auf seine Seite zu ziehen. Freunde sehen das ähnlich, aber nennen das „alle einbinden“.

Und so sind die allermeisten voll des Lobes für Wegner, verteilen Fleißbienchen an ihn, weil er so viel „unterwegs“ sei, auf Bezirks- und Kieztouren, Händeschütteln und Gespräche führen. Florian Graf, beispielsweise, Kreisvorsitzender in Tempelhof-Schöneberg, sagt über Wegner, dieser habe die Partei mit Fleiß, Ausgleich und Motivation neu aufgestellt „und die Berliner CDU damit ein gutes Stück nach vorn gebracht“. So sagen das einige.

Wegner als Spitzenkandidat? Fänden nicht alle gut

Aber dass Wegner das Gesicht der Berliner CDU sein und bleiben soll, also Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl 2021 werden soll, da sind sie in den eigenen Reihen doch ziemlich skeptisch. Auch wenn es als ausgemacht gilt, dass er als Landesvorsitzender natürlich an der richtigen Position für die Kandidatur sitzt.

„Für die CDU wünsche ich mir, dass er es nicht wird“, sagt ein Parteifreund. Es fehle Wegner an dem Charisma, das etwa eine Monika Grütters, die Wegner im Mai vor einem Jahr aus dem Amt brachte, hatte. So sehen das ebenfalls einige.

Eine neue Werbestrategie soll Bekanntheit bringen

Den Jahrestag seiner Amtsinhaberschaft nutzte Wegner, um gemeinsam mit Generalsekretär Stefan Evers eine neue Kampagne vorzustellen, mitten in Kreuzberg, im Lokal „FluxBau“. Auf die Frage, wer Spitzenkandidat der CDU werde, sagte Wegner, dass das erst Ende des Jahres entschieden werde. Die Person müsse zur Stadt passen. Und leiser, im Nachsatz: „Ich habe auch ’ne ganze Menge vor.“

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Doch erst soll es um Inhalte und Auftritt gehen, nicht um Personalien. Die neue Werbestrategie der CDU sieht einen „radikalen Bruch“ vor. Mit Social-Media- und Plakat-Kampagnen will die CDU überraschen und droht mit „Guerilla-Aktionen“ unter dem Hashtag „#aufgehtsberlin“, was da genau passieren soll, ist noch geheim. Die rote Schrift des Logos „CDU“ ist in Berlin von nun an orange. Und nicht auf hellem, sondern auf schwarzem Grund. Abgestimmt mit der Bundespartei wurde das nicht, da sei man ganz „selbstbewusst“.

Diese Agentur machte schon die BSR hip und trendy - klappt das auch bei der CDU?

Hip und trendy will die Hauptstadt-Union werden. „Wir erfinden uns gerade neu“, sagte Wegner, beim Pressetermin in dem Bezirk, in dem die CDU bei der letzten Wahl nicht einmal zehn Prozent der Wähler überzeugen konnte. Das soll anders werden. Mit Hilfe der Werbeagentur HeymannBrandt, die Ende der 90er Jahre das Image der Berliner Stadtreinigung BSR aufpoliert hatte. Auch in orange, aber das sei ein anderes Orange, sagt Stefan Evers später, und findet den Vergleich dann auch irgendwie nicht so toll.

In einem Werbevideo sieht man eine in einen Morphsuit gekleidete Person, die in einem Boxring kämpft und k.o. geht, die Musik erinnert an die Melodie aus den „Rocky“-Filmen. „Lief nicht so“, steht darüber – was die Wahlniederlage bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 kommentieren soll. Auch danach stagnierte die Hauptstadt-CDU jahrelang bei 16 bis 18 Prozent in den Umfragen. Nach dem Wechsel von Monika Grütters zu Kai Wegner sackten die Zahlen erstmal noch weiter ab.

Die CDU will in Regierungsverantwortung, gibt sich kämpferisch

Doch Ende April hüpfte die CDU auf satte 23 Prozent in einer Umfrage von Infratest dimap – vor Grüne und SPD. Natürlich profitiert sie vom Bundestrend in der Corona-Krise. Aber Kai Wegner gibt sich wie der Schattenboxer im Werbevideo kämpferisch, sagt: „Wir wollen nicht nur in Regierungsverantwortung, wir sind auch bereit dazu.“ Und schloss gleich aus, je mit AfD oder Linken zu paktieren.

Auf fünf Themenfeldern will die CDU die Berliner überzeugen: Bildung, Mobilität, Innere Sicherheit, Digitalisierung der Verwaltung und Wirtschaft. Man habe schon viel an Konzepten gearbeitet, aber: „Wir haben gemerkt, dass unsere Botschaften nicht nachhaltig bei den Menschen ankommen“, sagte Wegner und nannte damit den Grund für die Werbekampagne lange vor einem Wahlkampf. Nun könnte sich zeigen, ob gute Werbung alles ist oder ob sich mit einem Abflauen der Krise auch die Berliner CDU wieder in den Sinkflug begibt.

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