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Seit 2018 betreibt die BVG den Berlkönig. Nun soll das Konzept auf den östlichen Stadtrand ausgedehnt werden.

© BVG/Oliver Lang

Exklusiv

Ein Berlkönig für den Stadtrand: Berliner Osten soll eigenen BVG-Rufbus bekommen

Zwischen Ostkreuz und östlichem Stadtrand soll spätestens ab 2022 ein neuer Fahrdienst eingeführt werden. Der Berlkönig dürfte dagegen bald Geschichte sein.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sollen den östlichen Berliner Stadtrand spätestens ab 2022 mit einem digitalen Rufbus besser anschließen. Dem Tagesspiegel liegt nun ein finales Konzept vor, wie der Dienst betrieben werden soll.

Demnach soll das Angebot auf einem Gebiet von mindestens 41 Quadratkilometern zwischen dem Ostkreuz und dem östlichen Berliner Stadtrand eingeführt werden. Der Bereich umfasst Teile der Bezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und den nördlichen Rand Treptow-Köpenicks. Im Norden wird das Betriebsgebiet durch die Trasse der S-Bahnlinie S5 begrenzt. Südlich endet der Bereich mit der Strecke der S3.

Das Angebot soll sich insbesondere als Zubringerdienst an Pendler richten und für sie eine Fahrt mit den Zügen im öffentlichen Nahverkehr auch aus schlechter angebundenen Stadtgebieten attraktiver machen. Dazu sieht das Projekt die kostengünstige Fahrt von und zu S- und U-Bahnhöfen vor.

Wer mit dem Rufbus zur nächsten Station gebracht werden möchte, muss dafür 1,50 Euro zahlen zusätzlich zu einem vorhandenen Ticket für den Tarifbereich B. Jeder weitere Mitfahrer zahlt 50 Cent auf sein Ticket obendrauf. Komplett entfallen soll der preisliche Aufschlag in jenen Gegenden des Projektgebiets, die besonders schlecht an den Nahverkehr angebunden sind.

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Neben dem Zubringerdienst sieht das Konzept ebenfalls Direktverbindungen per Rufbus innerhalb des Betriebsgebiets vor. Fahrgäste können dabei Touren von einer virtuellen Haltestelle zu einer anderen buchen, die sich in einem digitalen Netz alle 200 bis 300 Meter über das Gebiet erstrecken.

Ein Prinzip wie beim Berlkönig

Das Prinzip entspricht der Funktionsweise des Berlkönigs, den die BVG seit 2018 gemeinsam mit dem Unternehmen ViaVan in der östlichen Berliner Innenstadt betreibt. Zusätzlich zum Ticket für den Tarifbereich B zahlt ein Fahrgast in dieser Variante pro Kilometer 1,50 Euro. Für weitere mitfahrende Personen kostet das Angebot 50 Cent je Kilometer, heißt es im Konzept.

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Laut den Unterlagen soll der Dienst täglich mindestens 16 Stunden lang angeboten werden. Wie beim Berlkönig soll es sich um ein Ridepooling-System handeln. Das bedeutet, dass die Fahrten in den achtsitzigen Kleinbussen mit fremden Personen geteilt werden, die eine ähnliche Strecke zurücklegen wollen. Unter Umständen wird dazu ein Umweg nötig. Ob und wie die Routen kombiniert werden können, errechnet ein Algorithmus.

Die Wartezeit bei einer spontanen Buchung soll „durchschnittlich 20 Minuten“ betragen, heißt es im Konzept. Später sollen auch Vorbuchungen möglich sein. Buchbar sein soll der Dienst per App und Anruf.

Geplant ist der Einsatz von 24 bis 26 Fahrzeugen für das Angebot. Die Pilotphase soll bis 2025 dauern. Das Land bezuschusst das Projekt mit insgesamt drei Millionen Euro. Die BVG wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Konzept äußern.

Digitales Rufbussystem im Nahverkehrsplan beschlossen

Die rot-rot-grüne Koalition hat das digitale Rufbussystem am Stadtrand bereits vor mehreren Jahren mit dem aktuellen Nahverkehrsplan beschlossen. Damals wurden drei Versuchsgebiete in Neukölln, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf festgelegt.

Das Rufbus-Angebot soll auf einem Gebiet zwischen dem Ostkreuz und dem östlichen Berliner Stadtrand eingeführt werden.
Das Rufbus-Angebot soll auf einem Gebiet zwischen dem Ostkreuz und dem östlichen Berliner Stadtrand eingeführt werden.

© IMAGO / Jürgen Ritter

Im Sommer 2020 legte die BVG dann ein erstes Konzept vor. Der damalige Entwurf sah ein größeres Einsatzgebiet vor. An der Preisstruktur und dem Konzept hat sich seither jedoch fast nichts mehr verändert.

Dass so lange Stillstand herrschte, ist dem Vernehmen nach vor allem Versuchen der BVG geschuldet, das neue Angebot mit dem bestehenden Berlkönig zu verknüpfen, heißt es aus Koalitionskreisen.

Der Berlkönig wird hauptsächlich vom Partner ViaVan getragen. Immer wieder hatte die BVG gefordert, dass das Land den Dienst bezahlt. Doch bei Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) und der Koalition blitzte man ab. Der verkehrliche Nutzen des Angebots sei in der Innenstadt nicht gegeben, lautete eines der Argumente. Auch weil es den Taxiunternehmen Konkurrenz mache.

Preis deutlich unter dem Berliner Taxitarif

Die gleiche Kritik gibt es auch gegen das neue Rufbuskonzept der BVG: Der Preis für eine Direktfahrt liegt deutlich unter dem Berliner Taxitarif, wo neben dem Grundpreis von 3,90 Euro auf den ersten sieben Kilometern 2,30 Euro pro 1000 Meter fällig werden.

„Das stößt auf meine Ablehnung. Wenn die BVG Taxi spielen will, dann auch bitte zu Taxipreisen“, kritisiert SPD-Verkehrspolitiker Tino Schopf das Konzept. „Ich kann nur hoffen, dass sich BVG und Verkehrsverwaltung nochmal zusammensetzen und uns ein neues Konzept vorlegen.“ Grundsätzlich sei die Idee eines digitalen Rufbusses gut. Überlegt werden solle jedoch, wie sich dies gemeinsam mit dem Berliner Taxigewerbe umsetzen lasse.

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Kristian Ronneburg (Linke) ärgert sich über die verlorene Zeit seit dem vergangenen Sommer. „Ich bin ein bisschen konsterniert, so richtig viel Fortschritt hat die Zeit nicht gebracht.“ Er fordert, dass perspektivisch auch das beschlossene Gebiet in Neukölln zum Versuchsbereich wird. Immerhin sei das Konzept für den Rufbus überzeugender als für den Berlkönig in der Innenstadt, erklärt Ronneburg.

Wenngleich auch er die Sorgen der Taxibranche sieht. „Es wäre wichtig, dass wir das mit den Taxiunternehmen als Subunternehmer realisiert bekommen.“ Die Vergabe des Berlkönig BC habe gezeigt, dass dies möglich sei.

Wohl bis Ende 2022 wollen BVG und ViaVan den Berlkönig noch betreiben

Eine Kannibalisierung des Taxigewerbes befürchtet Harald Moritz (Grüne) aufgrund der begrenzten Größe des Projektgebiets hingegen nicht. „Wir wollen gerade in den Randbereichen die Leute in den öffentlichen Nahverkehr bekommen, da müssen wir auch mal Experimente wagen und gucken, was angenommen wird“, sagt er.

Für den Berlkönig könnte damit hingegen das Ende besiegelt worden sein. Über eine gemeinsame Ausschreibung mit dem digitalen Rufbus und die ebenfalls geplante Alternative Barrierefreie Beförderung (ABB) für mobilitätseingeschränkte Personen sollte auch das bisherige Berlkönig-Angebot in die Bezuschussung durch das Land integriert werden, so die Hoffnungen bei der BVG.

Doch daraus wird nun endgültig nichts. Stattdessen sollen nun nur der Rufbus und die ABB gemeinsam per Ausschreibung an einen Subunternehmer vergeben werden. Wohl bis zum Ende der Pilotphase 2022 wollen BVG und ViaVan das Angebot noch betreiben, heißt es von Insidern. Danach dürfte das Projekt Geschichte sein.

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