zum Hauptinhalt
Unterricht im Klassenraum - nach zwei Jahren Corona-Pandemie alles andere als normal.

© Sebastian Gollnow/dpa

Eieruhr und Glaskugel: Berliner CDU hält den Stufenplan für Schulen für überholt

18.000 Schüler positiv, doch nur 16 Schulen auf „Gelb“: Die Union will das Infektionsgeschehen neu bewerten. Die Senatorin lobt hingegen erfinderische Schulen.

Von Sonja Wurtscheid

Die Berliner Senatsverwaltung für Bildung weiß noch nicht, wie es mit der ausgesetzten Präsenzpflicht an Schulen ab dem 1. März weitergeht. „Der März ist noch ’ne Weile hin“, sagte Senatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) am Freitag in einer Sondersitzung des Bildungsausschusses. „Wir können da nicht in die Glaskugel gucken.“

Die pandemische Lage sei dynamisch, „die ändert sich ja von Woche zu Woche“, ergänzte Staatssekretär Alexander Slotty. „Insofern ist es schwierig, heute zu sagen, welche Maßnahmen werden wir Mitte Februar, Ende Februar oder über den Februar hinaus konkret ergreifen.“ Es werde aber intern permanent geprüft, ob Maßnahmen anzupassen seien.

Die Präsenzpflicht ist zunächst bis 28. Februar ausgesetzt. Dies wurde vor Beginn der Winterferien jedoch kaum genutzt. In der ersten Woche ohne Präsenzpflicht blieben je nach Bezirk zwischen null und drei Prozent der Kinder zu Hause, sagte Busse. „Aber ich denke, es ist psychologisch ein ganz wichtiges Moment, weil die Erziehungsberechtigten nun ganz für sich entscheiden können, ob sie ihr Kind in die Schule schicken oder zu Hause lernen lassen."

Bis kommenden Montag soll zudem die Lieferung von mehr als 30.000 Luftfiltergeräten an die Schulen abgeschlossen sein, kündigte Busse an. „In Deutschland sind wir da ganz weit vorne.“

Beim Lüften der Klassenräume geholfen hätten in der Vergangenheit „auch preiswerte Eieruhren, die man im 20-Minuten-Turnus hat klingeln lassen fürs Stoßlüften.“ Die Schulen seien da „erfinderisch“. Im Moment stehen 16 Berliner Schulen im Corona-Stufenplan auf „Gelb“ und befinden sich damit im Wechselunterricht. Das seien zwei Prozent aller Schulen.

Senatorin Busse: „Wirklich guter Orientierungsrahmen“

Die CDU-Abgeordnete Katharina Günther-Wünsch forderte, den Stufenplan abzuschaffen. „Wir haben letztes Jahr mit demselben Stufenplan bei einer Inzidenz von 500 nahezu alle Schulen in Berlin geschlossen. Wir sind bei einer Inzidenz von über 1000, und haben gehört, dass wir 16 Schulen in einem Wechselmodell haben – aber keine Schließung vorliegt“, sagte sie. „In meinen Augen ist der Stufenplan ausgehöhlt und wir brauchen ein neues Instrument. Und wenn ich höre, dass unsere Bildungssenatorin die Eieruhren oder die Glaskugel benötigt, um den Schulen einen Plan zu geben, bin ich irritiert.“

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Staatssekretär Slotty argumentierte dagegen: „Der Stufenplan ist ein Kompromiss, ein gemeinsames Werk der Gesundheitsämter und der Schulverwaltung“, sagte er. „Die Amtsärzte sind dafür zuständig, zu entscheiden, ob eine Schule in den Wechsel- oder Distanzunterricht gehen muss.“

Busse verteidigte den Corona-Stufenplan. Er stelle „einen wirklich guten Orientierungsrahmen“ dar. Dass die Gesundheitsämter je nach baulicher Situation der Schulen und Lüftungsmöglichkeiten entschieden, ob Wechsel- oder Distanzunterricht nötig sei, hält sie für richtig. „Ich finde es gut, dass man da individuell draufschaut.“

1,8 Millionen Lollitests für Kita-Kinder sind geliefert

Die Zahl der positiv getesteten Schüler ist im Vergleich zur Vorwoche stark gestiegen. Die von der Bildungsverwaltung veröffentlichten Zahlen zeigen, dass aktuell 18.009 Schülerinnen und Schüler positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Das sind rund sieben Prozent. Vergangene Woche lag die Zahl bei 14.779.

[Lesen Sie mehr bei Tagesspiegel Plus: Vom Quarantäne-Stopp zur Präsenzpflicht-Aussetzung: Das Berliner Schulchaos in der Rekonstruktion]

Von den 2820 Kindertagesstätten seien 328 Einrichtungen ganz oder teilweise geschlossen. Das entspricht etwa 12 Prozent. Von den fünf Millionen bestellten Lollitests für Kitakinder seien 1,8 Millionen da und in der Auslieferung, sagte Staatssekretär Slotty. Es sei eine Übergangsfrist bis zum 31. Januar vereinbart worden, damit alle Einrichtungen trotz mehrerer Verzögerungen die Tests abholen können. „Das heißt, bis kommenden Montag haben alle Träger die Möglichkeit gehabt, die Tests abzuholen. Uns liegt keine Information darüber vor, dass es da größere Schwierigkeiten gab“, sagte Slotty.

Die 1,8 Millionen Lollitests reichten für vier Wochen. Die Bildungsverwaltung habe bereits eine weitere Bestellung über zwei Millionen zusätzliche Lollitests aufgegeben. Hintergrund sei, dass die Amtsärzte in Berlin die sogenannte Test-to-stay-Strategie auch in Kitas bevorzugten. Statt Quarantäne müssten sich dann Kontaktpersonen von Infizierten nur noch fünf Tage lang täglich testen. „Das heißt, wir sorgen vor, dass wir auch eine Teststrategie-Änderung Richtung Test-to-stay bewerkstelligen können“, sagte Slotty. Senatorin Busse unterstrich, dass versucht werde, mit der Teststrategie in Schulen und Kitas die größtmögliche Sicherheit zu garantieren. Nach den Winterferien sind in Schulen tägliche Testungen vorgesehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false