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Thilo Sarrazin, Mitglied der SPD Westend, bei der Vorstellung seines Buches "Feindliche Übernahme".

© imago/IPON

Update

Ehemaliger SPD-Finanzsenator: Ausschlussverfahren gegen Thilo Sarrazin geht in die dritte Instanz

Über den umstrittenen Autor wird heute verhandelt und entschieden. Er schrieb derweil ein neues Buch – und will um jeden Preis in der Partei bleiben.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Vor dem obersten Parteischiedsgericht der SPD hat die Verhandlung über den Parteiausschluss des umstrittenen Bestseller-Autors und Berliner Ex-Senators Thilo Sarrazin begonnen. Der 75-Jährige betrat am Freitag die SPD-Parteizentrale in Berlin, ohne sich zu äußern.

Nach der mehrstündigen Verhandlung kündigte die Bundesschiedskommission an, dass sie noch heute entscheiden werde. Das Urteil wird gegen 16 Uhr erwartet..

Vor einem Jahr hatte das Kreisschiedsgericht in Charlottenburg-Wilmersdorf den Antrag des Parteivorstands auf Ausschluss aus der SPD positiv beschieden, das Landesschiedsgericht der Berliner Sozialdemokraten bestätigte das Urteil im Januar.

Aber der Buchautor und ehemalige Berliner Finanzsenator ging erneut in Berufung. "Mein Rechtsanwalt und ich sind, was den Verlauf und das Ergebnis der Verhandlung angeht, sehr zuversichtlich", sagte Sarrzin dem Tagesspiegel. Er habe in keiner Weise gegen die geltende Programmatik der SPD verstoßen.

Sollte das SPD-Bundesschiedsgericht den Parteiausschluss bestätigen, will der 75-jährige Sarrazin die ordentlichen Gerichte anrufen, notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht. Bis zu einer endgültigen Entscheidung können also noch Jahre vergehen. Organisiert ist das ungeliebte Parteimitglied im Berliner SPD-Ortsverband Westend, aber er nimmt zur Erleichterung der Genossen schon seit Jahren nicht mehr am Parteileben teil.

Im August erscheint ein neues Buch zur Einwanderungspolitik

Stattdessen schreibt der promovierte Volkswirt Bücher und Kolumnen, beispielsweise in der wirtschaftsliberalen und sehr konservativen "Zürcher Weltwoche". In einem neuen Buch "Der Staat an seinen Grenzen", das im August erscheinen wird, greift Sarrazin seine umstrittenen Thesen zu Flucht und Einwanderung wieder auf. Und zwar mit "Vorschlägen für eine realistische Einwanderungspolitik: von wirksamen Grenzkontrollen bis zur effektiven Bekämpfung der Fluchtursachen in den Heimatländern".

So wirbt der Verlag Langenmüller für die Publikation, die erneut von einer breiten PR-Kampagne, Autorenlesungen und TV-Auftritten begleitet werden soll.

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Den noch nicht rechtsgültigen Parteiausschluss hatte die Landesschiedskommission der Berliner Sozialdemokraten im Januar damit begründet, dass Sarrazin "durch sein Verhalten und seine Äußerungen erheblich, beharrlich und wiederholt gegen Grundsätze der Partei verstoßen und der Partei dadurch schweren Schaden zugefügt hat".

Die SPD wirft Sarrazin "antimuslimischen Rassismus" vor

Vorgeworfen wird ihm außerdem "antimuslimischer Rassismus", den er in seinem Buch "Feindliche Übernahme", das 2018 erschien, verbreitet habe. Die dort geäußerten "Rundumschläge gegen weite Bevölkerungsschichten und -gruppen" seien nicht tolerierbar.

Sarrazin hingegen pochte vor dem Landesschiedsgericht auf die verfassungsrechtlich verankerte Meinungs- und Berufsfreiheit, die Partei müsse seine Buchveröffentlichungen hinnehmen. Er sieht sich als "faktenbasierter Analyst", der die Rolle der muslimischen Minderheiten in Europa kritisch einordne. Den Vorwurf, er sei mit dem rechtspopulistischen Lager vernetzt, weist er zurück.

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