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Noch beleuchtet: Das Brandenburger Tor kurz vor Beginn der internationalen Aktion "Earth Hour" 2017.

© Paul Zinken/dpa

Earth Hour: Wo es in Berlin wirklich dunkel ist

Zur Earth Hour gehen am Abend an bekannten Gebäuden die Lichter aus. Richtig finster wird’s natürlich nicht. Aber es gibt Orte, wo man Schwarz sieht.

Es gibt in Berlin keine Dunkel-, doch zumindest eine Düsterhauptstraße in Reinickendorf, aber das hat nicht viel zu sagen. Ihr Name deutet nicht etwa auf ständig defekte oder gar fehlende Straßenbeleuchtung hin, erinnert vielmehr an den Ziegeleibesitzer Düsterhaupt, im späten 19. Jahrhundert einer der Gründer der Landhauskolonie Waidmannslust. Als zentraler Berliner Veranstaltungsort für die seit 2007 alljährliche Earth Hour ist diese Nebenstraße parallel zum Oraniendamm denkbar ungeeignet.

Es wird also doch wieder das Brandenburger Tor sein, wo am Sonnabend ab 20.30 Uhr für eine Stunde das Licht ausgeknipst und mit zehn Fahrrädern „Strom für ein nachhaltiges Kinoerlebnis“ erzeugt wird, wie es bei der deutschen Sektion der Umweltorganisation WWF heißt, die weltweit wieder zu der einstündigen Öko-Aktion aufgerufen hat.

Nun sollte man meinen, Berlin habe mit dem Köpenicker Blackout in Sachen – zugegeben nicht freiwilliger – Verdunkelung seine Schuldigkeit fürs erste getan, aber das ist sicher zu kurz gedacht, und so werden nun eben auch das Rote Rathaus, die Rathäuser Köpenick und Treptow, der Rathausturm in Spandau, der Funkturm, das Bundesumweltministerium und andere Gebäude eine Stunde lang in Dunkelheit versinken, und dies alles „Für einen lebendigen Planeten“. So lautet das diesjährige Motto, die die öffentliche Aufmerksamkeit „auf die Bedeutung der Artenvielfalt und ihre Bedrohung durch den menschengemachten Klimawandel“ lenken will, wie der WWF mitteilt.

Indoor-Minigolf oder "unsicht-Bar"

So verdienstvoll dieses Anliegen auch sein mag – mit Blick auf den Klimawandel ist die erzielte Energieeinsparung natürlich nicht mal der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Von Nachhaltigkeit kann bei nur einer Stunde wirklich keine Rede sein. Anders sieht es da schon in der „unsicht-Bar“ in der ehemaligen Backfabrik, Saarbrücker Straße 36-38 in Mitte, aus: Der Eingangsbereich ist noch illuminiert, man will ja schließlich sehen, was man bestellt.

Dann aber werden die maximal 80 Gäste in den stockfinsteren Restaurantraum geführt, platziert und von blinden Kellnern bedient. Wer zwischendurch mal unbedingt raus muss: Bitte melden!

Vergleichsweise hell, doch immer noch ziemlich finster geht es in den Indoor-Minigolfanlagen „Schwarzlicht“ im Untergeschoss des Parkcafés im Görlitzer Park in Kreuzberg sowie im Einkaufscenter „Hallen am Borsigturm“ in Reinickendorf zu, 3-D-Effekte inbegriffen. Aber ohne Strom funktioniert das natürlich nicht.

Mit Schummerbeleuchtung muss man auch im Floating-Pool des Liquidroms im Kreuzberger Tempodrom auskommen, doch das ist dort wegen der romantischen Stimmung beim Schweben im warmen Salzwasser ja gewünscht.

Richtig schön dunkel: Gülpe

Aber das sind alles Innenräume, die dort quantitativ begrenzten Lichtquellen ließen sich leicht ausknipsen, was in den Straßen einer Stadt wie Berlin schon schwieriger ist, wenn nicht – siehe Köpenick – ein Bautrupp mit Bagger oder Bohrgerät nachhilft. Wirklich stockdunkle Ecken – gibt es die hier überhaupt? 

Immerhin ist die Lichtdosierung sehr unterschiedlich, in den Außenbezirken viel schwächer als auf Kurfürstendamm oder Unter den Linden. Auch ist es im Grunewald düsterer als im Tiergarten, auf dem Pariser Platz heller als auf dem Tempelhofer Feld, wenn nicht eben gerade die Earth Hour zelebriert wird.

Und es gibt besonders dunkle Orte, die im kollektiven Bewusstsein der Stadt keine allzu große Rolle spielen, nur immer dann in den Vordergrund rücken, wenn nächtliche astronomische Phänomene zu beobachten sind. Das geht eben nur, wenn es möglichst dunkel ist.

Solch eine Gelegenheit gab es etwa im vergangenen August, als in einer Nacht ein heftiger Sternschnuppenregen erwartet wurde. Himmelkundler empfahlen damals nach Gülpe auszuweichen, etwa 70 Kilometer nordwestlich von Berlin: Den dortigen Naturpark Westhavelland hatte die International Dark Sky Association zum 1. Sternenpark Deutschlands ernannt, quasi zur finstersten Ecke der Republik – mehr steht dazu übrigens im neuen Brandenburg-Magazin.

Ansonsten ist lichtscheuen Berlinern etwa der Teufelsberg im Grunewald anzuraten, der Hahneberg in Spandau oder auch der Wuhletal-Wanderweg mit Kienberg, Ahrensfelder Bergen und Biesdorfer Höhe. Und wenn das alles nicht hilft, bleibt immer noch das: Bettdecke über den Kopf!

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