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Ein fiktiver Einbrecher hebelt am mit einem Brecheisen eine Tür im Keller eines Wohnhauses auf.

© dpa

Dunkle Wintermonate besonders gefährlich: „Einbrüche gibt es im ganzen Stadtgebiet“

Wo wird in Berlin häufig eingebrochen? Wie schützt man sich und warum ist es so schwer, die Täter zu ermitteln? Interview mit einem Kriminalhauptkommissar.

Georg von Strünck ist Erster Kriminalhauptkommissar bei der Berliner Polizei

Herr Strünck, bin ich selbst Schuld, wenn bei mir eingebrochen wird?
Niemand ist schuld Opfer einer Straftat zu werden, ganz egal um welche Straftat es geht. Man kann es aber einen Täter leicht oder schwer machen. Wenn ich aus dem Haus gehe und lasse mein Fenster sperrangelweit offen oder schließe meine Haustüre nicht ab, dann mache ich es dem Täter sehr leicht. Das muss man konstatieren und die Versicherung bewertet auch, ob der Bewohner grob fahrlässig gehandelt hat oder nicht.

Die Anzahl an Einbrüchen sinkt seit Jahren. Gibt es da überhaupt ein Problem?
Ja. In den letzten Jahren ist die Zahl kontinuierlich gesunken, das liegt daran, wie intensiv sich die Leute mittlerweile schützen - mit oder ohne unsere Beratung. Viele Menschen haben Einbruchschutzmaßnahmen ergriffen. In der Regel sind das die Verstärkung von Fenstern und Türen oder Beleuchtung. Manche installieren eine Alarmanlage. Das ist alles hilfreich. Dass diese Maßnahmen helfen, hat man daran gesehen, dass die Versuchsquote immer weiter angestiegen ist: Also die Anzahl der Einbrüche, die beim Versuch endet, der Täter ist also nicht reingekommen.

Aber wir wissen nicht, wie sich die Zahlen in Zukunft entwickeln. Allerdings wissen wir, dass die Einbrüche etwa um die Zeit der Zeitumstellung schlagartig ansteigen. Die Nächte werden länger und die Tage kürzer, drei Viertel aller Einbrüche in Einfamilienhäuser finden in den Wintermonaten statt. Die Täter nutzen aus, dass sie nicht gut gesehen werden können und andererseits aber leicht erkennen, ob jemand zu Hause ist oder nicht.

Wie brechen Täter klassischer Weise ein?
In dem sie einen Schraubendreher nehmen und die Tür oder das Fenster aufhebeln. Beim Einfamilienhaus sind es meistens die Fenster, weil man an die ebenerdig gut herankommt. Sind die gesichert, klettern Einbrecher aber auch auf den Balkon im ersten Stock. Im Mehrfamilienhaus versuchen es Täter oft über die Tür, in oberen Stockwerken ist das ja meist der einzige Weg. Im Erdgeschoss aber durchaus auch über Fenster, Balkon oder Terrassentüre, wo etwa die Hälfte aller Einbrüche in Mehrfamilienhäusern stattfindet.

Ein Polizist demonstriert den Aufbruch eines Fensters.
Ein Polizist demonstriert den Aufbruch eines Fensters.

© dpa

Einbrecher suchen prinzipiell immer Orte, an denen sie ungestört arbeiten können. Viele Balkone haben eine blickdichte Brüstung, hinter der sich Einbrecher wunderbar verstecken und in Ruhe arbeiten können: In Wilmersdorf habe ich einmal ein Haus beraten. Vorne war die Straße, hinten rum hatte das Haus viele Ecken und als nächster Nachbar stand hinter dem Garten eine Kirche. Da sind die Einbrecher schon an jedem einzelnen Erdgeschossfenster eingestiegen, weil sie da in den Ecken völlig ungestört arbeiten konnten.

Wo liegen in Berlin die Einbruchsschwerpunkte?
Schwerpunkt beim Wohnungseinbruch ist traditionell der Bereich Charlottenburg. Bei Einfamilienhäusern sind das Frohnau, Halensee und Zehlendorf. Aber wir haben auch große Schwerpunkte in Rudow, in Mahlsdorf, da sind einfach riesige Einfamilienhaussiedlungen. Generell kann man aber sagen: es gibt keine Stelle, wo nicht eingebrochen wird. Einbrüche gibt es im ganzen Stadtgebiet

Welche Täter begegnen Ihnen in ihrer Arbeit?
Ganz allgemein kann man sagen, es gibt Täter, die ortsansässig sind und es gibt reisende Täter. Täter, die hier wohnen, werden relativ häufig in ihrer Nachbarschaft tätig, das sind dann oft auch ganz spontane Einbrüche, wenn sich eben eine günstige Gelegenheit ergibt. Die reisenden Täter konzentrieren sich eher auf die Einfamilienhäuser. Allerdings haben wir bei Einbrüchen nur eine Aufklärungsquote von sieben bis acht Prozent. Daher können wir nur über diese eine Aussage machen und nicht über die restlichen mehr als 90 Prozent.

Warum ist es so schwer Einbrecher dingfest zu machen?
Hat ein Einbrecher erst einmal den Tatort verlassen hat, kann man ihn nur noch fassen, wenn es gute Zeugenaussagen gibt oder Spuren hinterlassen wurden. Also Fingerabdrücke, DNA-Spuren. Wenn beides nicht vorhanden ist, haben wir keinerlei Ermittlungsanhalte.

Ein Einbrecher will sehr schnell rein ohne Spuren zu hinterlassen und das gelingt auch sehr oft, in über 90 Prozent der Taten. Umso wichtiger ist die Prävention. Eine Absicherung der Wohnung oder des Hauses verhindert, dass ein schnelles Einsteigen gelingt.

Wie kann ich denn meinen Wohnraum schützen?
Beim Einbruchsschutz geht es darum, die Zeit, die der Täter zum Einbruch braucht, möglichst lange zu verlängern. Mindestens drei Minuten muss der Einbruchsschutz standhalten, dann werden die meisten Täter schon nervös. Je länger sie arbeiten desto höher ist das Risiko entdeckt zu werden.

Die meisten Fenster sind ab Werk nicht einbruchshemmend, das heißt der Täter kommt sehr schnell, oft in Sekunden rein. Aber man kann aus so gut wie jeder Tür oder jedem Fenster nachträglich einen einbruchshemmenden Zugang machen. Zum Beispiel indem nachträglich ein Beschlag mit Pilzkopfzapfen am Fenster angebracht wird. Die verbinden das Fenster mit dem Rahmen so fest, dass sich beides richtig ineinander verzahnt, wenn jemand versucht das Fenster auszuhebeln. Es geht nicht auf.

[Die Beratungsstelle Einbruchschutz der Berliner Polizei bietet kostenfreie Beratung. Servicetelefon: 4664 979999, email: einbruchschutz@polizei.berlin.de, An der Beratungsstelle am Platz der Luftbrücke ist am Montag 10-18 Uhr und Dienstag bis Donnerstag 08-15 Uhr auch eine Beratung ohne vorherige Terminvereinbarung möglich.]

Abschließbare Fenstergriffe helfen auch oder, gerade bei Altbau Kastenfenstern einfach ein abschließbarer Riegel, der das Fenster von innen blockiert. Ein schwaches Türblatt kann man zum Beispiel durch eine Stahlplatte oder Multiplexplatte verstärken und die Verriegelung kann durch ein Stangenschloss oder einen Querriegel unterstützt werden. In der Regel ist es so: Einbrecher wollen nicht in ein bestimmtes Haus oder eine bestimmte Wohnung, sondern in irgendeine. Und wenn ihnen das an der einen Tür zu lange dauert, gehen sie eben zur nächsten.

Was macht das mit Menschen, wenn jemand in die eigenen vier Wände eingebrochen ist?
Ich kann mich an Gespräche erinnern, in denen Betroffene Einbrüche geschildert haben, als ob sie erst vor drei Tagen geschehen seien - dabei lagen die schon 20 Jahren zurück. Das zeigt, dass ein Einbruch die Betroffenen stark beeinflusst, das vergisst man nicht so einfach.

Aus großen Opferbefragungen wissen wir, dass etwa 20 Prozent so schwer traumatisiert sind, dass sie nach einem Einbruch umziehen. Das Problem ist, dass Fremde in den persönlichen Schutzraum eingedrungen sind. Das nimmt die Leute sehr mit. Unsere Arbeit hat deshalb auch mit Opferschutz zu tun, wir versuchen Menschen eine Sicherheit wiederzugeben, die sie verloren hatten.

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