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Michael Müller kann zufrieden sein. Seinen Bundestagsambitionen steht nicht mehr viel im Weg (Archivfoto).

© imago images/Jürgen Heinrich

Duell im Berliner Westen: Müllers neue Stärke – die Ich-AG Chebli hat sich überschätzt

Berlins Regierender Bürgermeister gewinnt den Kampf um die Bundestagskandidatur. Ist deshalb alles gut bei der Hauptstadt-SPD? Nein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Regierende Bürgermeister und scheidende SPD-Landeschef Michael Müller hat einen Sieg errungen, der für ihn persönlich wichtig ist. Ganz überraschend kam es auch nicht, dass der momentan noch mächtigste Berliner Sozialdemokrat von der Parteibasis beauftragt wurde, im Bundestagswahlkreis Charlottenburg- Wilmersdorf 2021 als Direktkandidat für den Bundestag zu kandidieren.

Die Mitbewerberin Sawsan Chebli, Staatssekretärin in Müllers Senatskanzlei, konnte mit rund 40 Prozent ein achtbares Ergebnis einfahren, mehr war einfach nicht drin.

Die Berliner Genossen können aufatmen, auch wenn sie keine Müller-Fans sind. Hätte er nämlich das Rennen um den Wahlkreis verloren, wäre ihm voraussichtlich auch der Platz 1 auf der Bundestags-Landesliste der SPD streitig gemacht worden. Das hätte ihm die Fortsetzung seiner Karriere auf der Bundesebene vermasselt, er wäre blamiert gewesen und hätte vielleicht ganz hingeworfen.

Dann stünde die Berliner SPD auf einmal ohne Regierenden Bürgermeister da, auch ohne Aussicht auf eine schnelle Nachfolge durch die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey. Dafür wäre es notwendig, dass Linke und Grüne die Kandidatin mitwählen, das wollen sie aber nicht. Mitten in der Coronakrise wäre Berlin auf vorzeitige Neuwahlen zugesteuert, mit einem für die Genossen voraussichtlich katastrophalen Ergebnis. Dies alles bleibt den Sozialdemokraten jetzt erspart.

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Ist deshalb alles gut? Nein. Noch haben sie mit Giffey und dem SPD-Fraktionschef Raed Saleh kein neues Führungs-Duo, noch gibt es keine Spitzenkandidatin. Es ist nicht einmal klar, ob die dafür notwendigen Parteitage, am Sonnabend und im Dezember, stattfinden können.

Die Ich-AG Chebli hat sich überschätzt

Michael Müller dagegen kann noch einmal Luft holen, er geht gestärkt aus der innerparteilichen Auseinandersetzung in der City-West hervor.

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Müller wird das nutzen – und versuchen, im letzten Jahr seiner Amtszeit noch einmal zu zeigen, dass er immer noch der richtige Mann für den harten Job im Roten Rathaus ist. Fest davon überzeugt, dass er anschließend auch im Bundestag solide Arbeit abliefern wird.

Und Sawsan Chebli? Sie hat mutig versucht, der alten Garde Paroli zu bieten, könnte man sagen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sie sich und ihre Rolle für die SPD völlig überschätzt hat. Die Ich-AG Chebli wird sich ganz neu orientieren müssen.

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