zum Hauptinhalt
Ab Juni erfolgt bei der Versorgung Geflüchteter aus der Ukraine ein Systemwechsel.

© dpa / Jens Kalaene

Drohen lange Schlangen für alle?: 60.000 Ukrainer bald Kunden in Berliner Jobcentern

Auf Bundesebene warnt die Arbeitsagentur vor Überlastung, aber die Berliner Vertretung gibt sich gelassen. Wie sollen Zehntausende Neukunden gemanagt werden?

Die Jobcenter rechnen in Berlin ab 1. Juni mit 60 000 Ukraine-Flüchtlingen, die sie als Neukunden betreuen müssen. In Brandenburg werden zusätzlich 24 000 Kunden erwartet. Das sagte Andreas Ebeling, Sprecher der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, dem Tagesspiegel.

Denn ab dem 1. Juni soll die Versorgung der Ukraine-Flüchtlinge vom Bund übernommen werden – und damit von den Jobcentern. Bislang werden die Kriegsflüchtlinge noch von den Sozialämtern der Bezirke nach dem Asylbewerberleistungsgesetz versorgt. Künftig haben sie Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, also Arbeitslosengeld II (Hartz IV) oder Sozialhilfe.

Auf Bundesebene waren wegen des zu erwartenden Ansturms Warnungen vor einem Stocken der Versorgung laut geworden. Laut Bundesagentur für Arbeit droht insbesondere in Großstädten wie Berlin eine Überlastung der Jobcenter. Eine nahtlose Leistungsgewährung ist auch deshalb wichtig, weil Geflüchtete sonst ihren Krankenversicherungsschutz verlieren könnten. Zehntausende Ukrainer in Berlin müssen deshalb auch einen Sicherheitscheck nachholen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte, den Jobcentern die nötige personelle und finanzielle Ausstattung für die Integration der ukrainischen Geflüchteten zu gewähren. Nach dem ursprünglichen Haushaltsentwurf der Bundesregierung sollten in diesem Jahr für die Grundsicherung für Arbeitsuchende 4,4 Milliarden Euro weniger zur Verfügung gestellt werden als 2021, weil die Regierungskoalition einen starken Rückgang der Zahl der Leistungsberechtigten unterstellt habe.

[Konkrete Bezirksnachrichten, Kiez-Debatten, viele Tipps und Termine für Ihre Familie: Die Tagesspiegel-Newsletter für Berlins 12 Bezirke gibt es jetzt kostenlos hier leute.tagesspiegel.de]

In Berlin nimmt man den ab Juni drohenden Ansturm auf die Jobcenter gelassener hin als auf Bundesebene. Sprecher Ebeling sagte: „Es droht keine Überlastung.“ Auch für Bestandskunden der Jobcenter bleibe alles beim Alten. Überfüllte Counter und Schlangen vor den Gebäuden muss niemand fürchten, glaubt man Sprecher Ebeling. Der Betrieb für die bisherige „Stammklientel“ werde nicht umgestellt und laufe weiter wie bisher.

[Mehr aus der Hauptstadt. Mehr aus der Region. Mehr zu Politik und Gesellschaft. Und mehr Nützliches für Sie. Das gibt's nun mit Tagesspiegel Plus: Jetzt 30 Tage kostenlos testen.]

Denn gleichzeitig zu dem Zuwachs an Ukraine-Flüchtlingen geht Ebeling für die Länder Berlin und Brandenburg von einem Schrumpfen der sonstigen Kundenzahl aus. Der Sprecher sagte: „Zum Beispiel verlassen die Kundinnen und Kunden, die in der Corona-Pandemie SGB-II-Leistungen benötigten, aufgrund wirtschaftlicher Erholung die Jobcenter wieder.“ Zusätzliches Personal werde deshalb nicht eingestellt.

Für Ukrainisch und Russisch wurde eine Sonderhotline eingerichtet

Man habe jedoch eine zentrale Sonderhotline für die Sprachen Russisch und Ukrainisch eingerichtet, außerdem seien Broschüren in den beiden Sprachen erstellt worden. Ebeling: „Auch wenn es anspruchsvoll ist, werden wir die Herausforderungen stemmen.“

Es dürfte die Jobcenter zusätzlich gelassen stimmen, dass eine Übergangsfrist geplant ist, in der die Sozialämter weiter für die Kriegsflüchtlinge geöffnet sind. So sollen lange Schlangen am 1. Juni vermieden werden und Tage ohne finanzielle Unterstützung für die Geflüchteten. Beschlossen wird das Ganze erst Ende Mai von Bundestag und Bundesrat.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Gute Nachrichten gibt es unterdessen für Studierende aus der Ukraine. Berlin finanziert ihren Studienstart in Berlin mit insgesamt 200 000 Euro. Betroffene können aus diesem Fonds einen Zuschuss in Höhe von 1000 Euro bekommen, sofern ihr eigenes Geld nicht ausreicht. Damit sollen zum Beispiel Semesterbeiträge oder die Anschaffung von Technik finanziert werden können. Der Ukraine-Zuschuss kann ab sofort beim Studierendenwerk beantragt werden.

Zur Startseite