zum Hauptinhalt
Steine der Erinnerung. Mit Stolpersteinen wird vor Häusern der einst dort lebenden, von den Nazis vertriebenen und oft auch ermordeten Juden gedacht.

©  Thilo Rückeis

Drohbriefe wegen Stolpersteinen: "Vorsicht, Judenfreundin"

Schon 54 Stolpersteine hat Petra Fritsche mit der "Initiative Stolpersteine Stierstraße" in Friedenau verlegt, jetzt kommen noch drei dazu. Doch seit einem Jahr wird sie anonym bedroht – und Steine werden beschädigt.

„Schluss mit dem Schuldkult – Friedenau stolpersteinfrei machen“, liest Petra Fritsche, als sie am vergangenen Sonnabend einen Zettel aus ihrem Briefkasten fischt. Ein anonymer Zettel, sieben Zeilen. Schockierend, aber leider nichts Neues für Fritsche. Seit einem Jahr wird sie immer wieder bedroht. Petra Fritsche arbeitet für die „Initiative Stolpersteine Stierstraße“ in Friedenau. Die Gruppe möchte Menschen darauf aufmerksam machen, welche NS-Verbrechen in ihrer Nachbarschaft geschehen sind. Sie verlegt Stolpersteine vor Häusern, in denen Verfolgte des Nationalsozialismus gelebt haben. Insgesamt 54 Steine hat Fritsche in den fünf Jahren, in denen sie für die Initiative arbeitet, verlegt. Doch vor einem Jahr fing es an: „Wir hatten eine Stolperschwelle und fünf Steine verlegt. In derselben Nacht noch wurden sie beschädigt“, erinnert sich Fritsche.

An diesem Mittwoch wird sie in der Stierstraße drei weitere verlegen. Am Freitag ist sie durch die Nachbarschaft gezogen und hat Einladungen an Haustüren geklebt. Am nächsten Tag lag der anonyme Zettel in ihrem Briefkasten, mit den Einladungen. „Gestern geklebt – heute schon wieder abgerissen“, lautet der erste Satz. Man habe die Straße von der „abscheulichen zionistischen Gutmensch-Propaganda befreit“, heißt es weiter. Fritsche erkennt die Anspielung. 2013 hatte sie einen Artikel über die Beschädigung von Stolpersteinen verfasst: „Gestern verlegt – heute geschändet“.

Vorfälle vermehrt in Friedenau

Fritsche kann sich nicht erklären, warum sich gerade in Friedenau die Vorfälle häuften, die Gegend gelte doch als bürgerlich, gebildet. Die Polizei verspreche, gegen die Täter vorzugehen, doch das reicht Fritsche manchmal nicht. „Einmal bin ich nachts losgezogen und habe die Umgebung nach Tätern abgesucht – ohne Erfolg“, erzählt sie.

Dass gerade sie die Drohungen bekomme, liege daran, dass sie öfter in der Öffentlichkeit stehe als die anderen Mitglieder der Initiative. „Ich bin nun mal die Kontaktperson, halte Vorträge in Schulen und gebe Interviews“, sagt sie. Es überrasche nicht, dass die Menschen, die gegen das Gedenken seien, ihre private Adresse herausgefunden hätten. Vergangenen Juli fand sie schon einmal einen Zettel an ihrer Haustür. „Vorsicht, Judenfreundin“, stand darauf. Die Verlegung der Stolpersteine wird heute trotzdem stattfinden, versichert Fritsche: „Sie erreichen mit ihren Drohungen das Gegenteil von dem, was sie wollen. Ich lasse mich nicht beirren.“

Lea Runge

Zur Startseite