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© dpa

Drogenprobleme: Christiane F. wurde der Sohn weggenommen

Die 46-Jährige war das Kind vom Bahnhof Zoo. Lange lebte sie zurückgezogen am Stadtrand. Jetzt gibt es Probleme mit den Behörden - sie soll wieder rückfällig geworden sein.

30 Jahre ist es her, dass die Geschichte von Christiane F. in dem dokumentarischen Roman „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ ganz Deutschland erschütterte. Dort wird geschildert, wie sie mit 14 heroinabhängig wurde und auf den Kinderstrich ging. Heute ist Christiane F. 46 Jahre alt – und scheint erneut Schwierigkeiten zu haben, ihr Leben im Griff zu behalten. Bereits vor zwei Monaten hat das Jugendamt ihr den zwölfjährigen Sohn entzogen.

„Sie ist ihrer Erziehungspflicht nicht nachgekommen“, sagt eine Sprecherin des Landratsamtes Potsdam-Mittelmark. Das Amt ist zuständig, da Christiane F. seit 1995 im brandenburgischen Teltow lebt. „Als sie damals hierher zog, hat das Jugendamt Charlottenburg sich mit uns in Verbindung gesetzt und gesagt, dass ein Familienhelfer unbedingt nötig ist.“ 15 Jahre lang soll Christiane F. kein Heroin mehr genommen haben, wurde aber mit dem Ersatzstoff Methadon substituiert. Doch nach Tagesspiegel-Informationen war eine Familienhilfe auch deshalb nötig, da sie auch psychisch labil sein soll. Den Bogen überspannt hat Christiane F. laut Behörde, als sie in diesem Frühjahr „von heute auf morgen“ den Jungen aus der Schule nahm und mit ihm und ihrem damaligen Lebensgefährten nach Amsterdam zog. „Das geht nicht. Es besteht eine Schulpflicht“, sagt die Sprecherin des Landratsamtes. Vor zwei Monaten seien Mutter und Sohn dann in Wuppertal aufgegriffen worden. Das Jugendamt entzog Christiane F. daraufhin das Aufenthaltsrecht für ihren Jungen. Der wohnt derzeit in einer betreuten Wohngruppe in Potsdam-Mittelmark. „An eine Rückkehr zur Mutter ist nicht zu denken. Wir sind mit den Großeltern des Jungen im Gespräch und denken, dass er dort bald leben kann“, sagte die Sprecherin. Christiane F. habe ein Umgangsrecht für ihren Sohn und soll ihn auch schon besucht haben. Doch die Umstände seien „sehr schwierig“, wie es in Behördenkreisen hieß, da Christiane F. immer wieder tagelang nicht zu erreichen soll. Es gibt Vermutungen, dass Christiane F. wieder rückfällig geworden sein könnte. Gerüchte, dass sich die 46-Jährige im Drogenmilieu rund um das Kottbusser Tor aufhalte, konnte die Polizei aber nicht bestätigen.

Aufgewachsen ist Christiane F. in Gropiusstadt. Der Vater war alkoholkrank, die Eltern ließen sich scheiden. Bereits mit zwölf Jahren soll sie zum ersten Mal Drogen konsumiert haben. Mit 14 nahm sie das erste Mal Heroin und wurde abhängig. Sie prostituierte sich auf dem Kinderstrich an der Kurfürstenstraße und am Bahnhof Zoo. Als sie 1978 bei einem Prozess als Zeugin aussagte, wurde „Stern“-Reporter Horst Rieck auf sie aufmerksam und interviewte sie mit seinem Kollegen Kai Hermann zur Berliner Drogenszene. Daraus entstand das autobiografische Werk „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. Erstmals erfuhr die Öffentlichkeit etwas über den Alltag in der Drogenszene. Jahrelang führte das Buch die Bestsellerlisten an. Es wurde in 15 Sprachen übersetzt und zählt noch heute in vielen Schulen zur Pflichtlektüre. 1981 wurde das Buch verfilmt.

Christiane F. versuchte Anfang der 80er Jahre, mit ihrem damaligen Lebenspartner Alexander Hacke – dem Gitarristen der Band „Einstürzende Neubauten“ – eine Karriere als Sängerin und Schauspielerin zu starten. 1982 nahm sie sogar als Solosängerin eine Platte auf und spielte in den Filmen „Neonstadt“ und „Decoder“ mit. 1987 zog Christiane F. nach Griechenland und lebte dort sechs Jahre lang. Seit Mitte der 90er Jahre wohnt sie am Berliner Stadtrand in Teltow. Buchautor Horst Rieck hat noch immer Kontakt zu Christiane F. „Spiegel Online“ sagte Rieck, er habe zuletzt vor zwei Wochen mit ihr gesprochen, wisse aber nicht, ob sie wieder Drogen nehme. Doch sie habe „sehr angespannt“ gewirkt. Soweit er wisse, sei Christiane F. „sehr verlässlich, liebevoll und sorgsam“ mit ihrem Sohn umgegangen. Die Frage ist, wie sie es verkraftet, dass die Behörden ihr das Kind weggenommen haben.

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