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Razzia bei Salafisten. Ein Polizist mit einer Ramme bei der Durchsuchung von Wohnung der Mitglieder des vergangenen Donnerstag verbotenen Vereins Jamaatu Berlin

© Christophe Gateau/dpa

Drogen und Anabolika bei Salafisten: Verbotener Islamisten-Verein stimmte sich auf den Heiligen Krieg ein

Die Mitglieder des von Innensenator Geisel verbotenen Vereins Jamaatu Berlin lebten in einer Parallelwelt - mit Marihuana und Antidepressiva.

Von Frank Jansen

Der Blick ins Innenleben der fanatischen Truppe ist aufschlussreich. Die salafistische Gruppierung „Jamaatu Berlin“ alias „Tauhid Berlin“ bereitete sich offenbar mental auf den Heiligen Krieg vor. Das lässt sich aus Utensilien schließen, die Polizeibeamte bei der Razzia nach dem Verbot des Vereins vergangenen Donnerstag fanden.

Nach Informationen des Tagesspiegel wurde viel Propagandamaterial der Terrormiliz „Islamischer Staat“ entdeckt, die Polizisten fanden zudem Steroide zum Muskelaufbau, Medikamente gegen Depressionen sowie Marihuana. Jamaatu-Leute stimmten sich physisch wie psychisch auf den Stress des Dschihad gegen die verhassten Ungläubigen ein.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte am Donnerstagmorgen die Gruppierung aufgelöst. Die Polizei durchsuchte 26 Wohnungen und weitere Objekte in mehreren Bezirken Berlins und in den brandenburgischen Kleinstädten Königs Wusterhausen und Doberlug-Kirchhain. Die 19 Mitglieder von Jamaatu Berlin verstanden sich offenbar als Avantgarde der militant salafistischen Szene.

Der Kampf der Terrormiliz IS wurde verherrlicht, der Mord an dem französischen Lehrer Samuel Paty begrüßt. Ein junger Salafist hatte Paty im Oktober 2020 in einem Vorort von Paris enthauptet, weil der Lehrer im Unterricht die umstrittenen Mohammed-Karikaturen thematisiert hatte.

Die Gruppe propagierte Tötungsfantasien bis hin zum Völkermord

Die Radikalisierung nahm bei Jamaatu Berlin ein Ausmaß an, dass einen wachsenden emotionalen Druck zu gewaltsamen Hassattacken befürchten ließ. In ihrer Wut propagierte die Gruppierung Tötungsfantasien bis hin zum Völkermord. Die „dreckige, undankbare Menschheit“, die sich gegen Allah auflehne, solle vernichtet werden, hieß es in einem Gruppenchat bei WhatsApp.

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Es komme „eine große Schlacht“, darauf müsse man vorbereitet sein. Bei einer Predigt des Jamaatu-Anführers Jarrah B. alias „Sheikh Abu Umar“, veröffentlicht im März 2020 im Telegram-Kanal der Gruppe, lief im Hintergrund ein Kampfgesang mit der Parole, „Tyrannen“ zu zerstückeln und „die Juden“ nicht zu verschonen.

Die Hetze richtete sich auch direkt gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Im Gruppenchat bei WhatsApp wurde Merkel als „Hure“ und „hirnlose dumme Frau“ diffamiert, „möge Allah sie erniedrigen und vernichten“.

Aufbau einer radikalen Moschee geplant

Offen bleibt, ob Mitglieder von Jamaatu Berlin in Kontakt zum Breitscheidplatz-Attentäter, Anis Amri, standen. Den Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass mehrere Salafisten aus der Gruppe in derselben Moschee verkehrten wie der Tunesier. Amri hatte sich häufig in der Fussilet-Moschee in Moabit aufgehalten, zuletzt auch kurz vor seinem Anschlag am 19. Dezember 2016 auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz.

Bei dem Angriff mit einem gekaperten Truck starben zwölf Menschen, mehr als 60 wurden verletzt. Im Februar 2017 verbot Senator Geisel den Fussilet-Verein. Jamaatu Berlin plante offenbar eine zweite Fussilet-Moschee, als Treffpunkt für besonders harte Salafisten. Selbst in anderen radikalen Gotteshäusern war Jamaatu Berlin nicht mehr willkommen. Die Idee einer eigenen Moschee ist allerdings mit dem Verbot vom Donnerstag gestorben.

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