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kottbusser tor

© dpa

Drogen: Der Druck am Kotti steigt

Christiane F. soll sich wieder in der Drogenszene am Kottbusser Tor rumtreiben. Und immer mehr Junkies verbringen ihre Zeit auf dem Platz dort. Vor allem, weil das Parkhaus jetzt dicht ist.

Am U-Bahneingang stehen ein paar Dealer, auf den Treppen hocken Junkies. Rund um den „Kotti“ – dem U-Bahnhof Kottbusser Tor in Kreuzberg – gehen Bierflaschen, Heroin und Spritzen von Hand zu Hand. Vor den Eingängen des Zentrums Kreuzberg – einem in den 70ern errichtetem Sozialblock mit fast 300Wohnungen – sammeln sich seit 20 Jahren Abhängige. Seit kurzem sieht man wieder mehr von ihnen. Die Szene scheint sich gerade wieder einmal zu verändern, denn vor ein paar Monaten wurde das Parkhaus im Zentrum Kreuzberg versiegelt. Autos standen hier schon lange nicht mehr, die Junkies nutzten das leere Gebäude als Schlafplatz.

Inmitten dieser Szene soll sich auch Christiane F., deren Drogengeschichte im dokumentarischen Roman „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ vor 30 Jahren Deutschland erschütterte, herumtreiben. Das jedenfalls hat der Ex-Freund von Christiane F. einer Boulevardzeitung berichtet. Sicher ist, dass die mittlerweile 46-Jährige Probleme mit den Behörden hat. Ihr wurde ihr zwölfjähriger Sohn vom Jugendamt weggenommen, weil sie nicht mehr in der Lage sei, ihrer Erziehungspflicht nachzukommen.

Die Fahnder der Polizei haben Christiane F. bislang jedenfalls nicht am „Kotti“ aufgegriffen. Doch auch sie haben festgestellt, dass seit einigen Wochen noch mehr Drogensüchtige am Platz den Tag verbringen: am U-Bahneingang Adalbertstraße/Ecke Reichenberger Straße, vor dem Kaiser’s-Supermarkt, auf den Treppen. „Dadurch dass das Parkhaus zugemacht worden ist, hat sich die Szene nach Außen verlagert und ist jetzt noch sichtbarer geworden“, sagt ein Polizeisprecher. Um gegen die Rauschgiftkriminalität vorzugehen, gebe es in unregelmäßigen Abständen immer wieder Polizeieinsätze in dem Gebiet: Seit Jahresbeginn wurden dort 400 Leute überprüft. Es gab 38 Festnahmen und 37 Mal haben Beamte Anzeigen geschrieben – vor allem wegen Drogendelikten.

Seit das Parkhaus zu gemacht worden ist, hat auch Ingo Ohm viel mehr zu tun. Der 36-Jährige betreibt seit zwei Jahren die „Paloma Bar“, die über die Treppe neben dem Kaiser’s zu erreichen ist. Wenn er sich auf den Weg in seine Bar macht, läuft er an Spritzen, Urin und Essensresten vorbei. Dass es inzwischen mehr Junkies gebe, glaubt Ohm nicht. Ihnen fehlten nur die Rückzugsräume. Vertreiben will der Wirt die Abhängigen nicht. „Ich wusste in welcher Gegend ich meine Bar aufmache“, sagt der Kneipier. „Die Drogenszene war vor mir hier.“ Am liebsten wäre Ohm, die Süchtigen würden einen neuen Druckraum bekommen, in dem sie unter Aufsicht spritzen können. „Alles andere würde das Problem nur verdrängen“, sagt er. Der Druckraum in der nahen Dresdener Straße reicht offenbar nicht. Was auch fehle, seien öffentliche Toiletten. „Im Moment benutzen sie die Treppen vor der Bar dafür“, sagt er.

Bisher hätten sich am „Kotti“ vor allem süchtige Männer zwischen 30 und 50 Jahren aufgehalten, berichten Anwohner. Inzwischen hätten sich jedoch Teenager zu ihnen gesellt. Es gebe mehr Streit zwischen Junkies, mehr Schlägereien. Dass der Kaiser’s nicht mehr nur bis 20 Uhr, sondern inzwischen bis 24 Uhr geöffnet habe, sei ein Problem. „Nun bekommt man bis Mitternacht billig Nachschub an Bier“, sagt ein Paar, das seit zehn Jahren im Zentrum Kreuzberg wohnt. Sie bemängeln, dass sich die Politik zu wenig um das Problem kümmere. Auch Kneipier Ingo Ohm glaubt, dass dem Senat das Kottbusser Tor egal sei.

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