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Ähnelt eher eine Mondlandschaft: Die Schwimmhalle "Helmut Behrendt" sollte eigentlich im "Spätherbst" wieder öffnen. 

© Ingo Salmen

Dreifach-Frust mit Schwimmbädern: Marzahn-Hellersdorf sitzt auf dem Trockenen

Der Bezirk wünscht sich ein Freibad. Doch Michael Müller macht beim Senatsbesuch „keine konkrete Zusage“ – nicht das einzige Problem für Schwimmer.

Wasser gab es genug – nur nicht so, wie es sich die Leute in Marzahn-Hellersdorf wünschen. Als der Senat jetzt den Bezirk im Nordosten der Stadt besuchte, prasselte immer wieder Regen auf die Gruppe von Politikerinnen und Politikern herab. Einige Vorzeigeprojekte standen am Dienstag auf dem Programm einer Busrundfahrt: das Gut Biesdorf, einst von Werner von Siemens errichtet und bald ein Wohnquartier der Stadt und Land, der Cleantech Business Park, das Don-Bosco-Zentrum für Jugendsozialarbeit oder die Trainingshalle des Kinderzirkus Cabuwazi.

Was fehlte: die Besichtigung eines Schwimmbads. Denn da sieht es derzeit ziemlich traurig aus: Zwei von drei Hallen sind dauerdicht, und auch der Wunsch nach einem Freibad wird nicht so schnell Realität werden, wie der Senatsbesuch zeigte. Marzahn-Hellersdorf sitzt auf dem Trockenen.

Die 270.000-Einwohner-Großstadt ist der einzige Berliner Bezirk ohne eigenes Freibad. Seit 2002 das Wernerbad in Kaulsdorf geschlossen wurde, ist nur noch das Kinderbad „Platsch“ geblieben. Alle Bemühungen, an der Grenze zu Lichtenberg ein Multifunktionsbad zu errichten, waren erfolglos.

Sportstadtrat Gordon Lemm (SPD) hat inzwischen jedoch die Initiative ergriffen: Er lässt prüfen, wo zumindest ein Freibad entstehen könnte. Das ist in der Berliner Bäderplanung eigentlich nicht mehr vorgesehen. Doch es ist kleiner und günstiger im Bau – darauf setzt der Sozialdemokrat. Kurz vor der Visite hatte auch der Linken-Bezirksvorsitzende Kristian Ronneburg noch den Wunsch geäußert, der Senat möge doch klare Aussagen zum Bau eines Freibads machen.

Geschenke hatten die Gäste allerdings nicht mitgebracht. Das Land könne jedoch „keine konkrete Zusage“ machen, sagte Müller dem Tagesspiegel auf Nachfrage. Lediglich eine Prüfung stellte er in Aussicht – machte dem Bezirk aber wenig Hoffnung auf Erfüllung seines (verständlichen) Wunsches. Müller erklärte, dass das Land schon jetzt 60 Bäder in Berlin jedes Jahr mit 50 Millionen Euro subventioniert. Selbst nach positiver Prüfung würde es noch Jahre dauern, bis ein Bad gebaut werden könne. Auch wenn die Maßnahme schnell in die Investitionsplanung aufgenommen würde, wäre frühestens im Haushalt 2022/23 der Fall. „Vor Mitte des nächsten Jahrzehnts wird das nichts“, sagte Müller dem Tagesspiegel zur möglichen Eröffnung eines Bades.

Bis Ende November soll eine Machbarkeitsstudie vorliegen

„Wir wünschen es uns natürlich schneller“, kommentierte Sportstadtrat Gordon Lemm (SPD) die Äußerung. Er merkte an, dass der Bezirk an diesem Tag erstmals sein Anliegen offiziell dem Senat vorgetragen habe – und das sei positiv aufgenommen worden. Vielleicht ließen sich neben dem Investitionshaushalt auch noch Förderprogramme des Landes anzapfen.

Bis Ende November sollen die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie vorliegen, die der Bezirk in Auftrag gegeben hat. Von sechs möglichen Grundstücken solle dann eins übrigbleiben, mit Zahlen unterlegt. Dann gelte es, in konkrete Verhandlungen einzusteigen, sagte Lemm.

Schwimmhalle im Freizeitforum seit zwei Jahren dicht

Der Regen am Dienstag machte ohnehin klar, dass die Freibadsaison für dieses Jahr beendet ist. Doch Schwimmfreunde in Marzahn-Hellersdorf haben derzeit bei jedem Wetter Sorgen: Denn zwei Schwimmhallen sind seit Monaten geschlossen. Als letzte Alternative bleibt ein Bad in Kaulsdorf – oder die Fahrt in andere Bezirke.

Wasser nur an der falschen Stelle: Senat und Bezirksamt bei ihrer verregneten Tour durch Marzahn-Hellersdorf.
Wasser nur an der falschen Stelle: Senat und Bezirksamt bei ihrer verregneten Tour durch Marzahn-Hellersdorf.

© Ingo Salmen

Seit fast zwei Jahren ist die Halle im Freizeitforum Marzahn praktisch durchgehend dicht. Nach einer Sanierung stellte sich im vergangenen Jahr heraus, dass Legionellen im Wasser waren. Es dauerte Monate, bis das Problem beseitigt war. Doch die Freude währte nur kurz: Im März war das Bad für ein paar Tage geöffnet, ehe sich herausstellte, dass im Betrieb zu viele Feststoffe im Wasser durch Chlor gebunden waren.

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Erneut folgten unzählige Untersuchungen, bis die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung herausfand: Schuld waren Fugenreste. Die Hoffnung des Bezirks, dem das Freizeitforum gehört, ruht jetzt darauf, dass Marmorkiesreaktoren das Problem beseitigt haben. Zeigen wird das erst ein Probebetrieb, der in diesen Tagen anläuft: mit Vereinsschwimmern und angehenden Bundespolizisten.

Still ruht das Schwimmbecken: Im Freizeitforum ist wenigstens schon Wasser eingelassen worden
Still ruht das Schwimmbecken: Im Freizeitforum ist wenigstens schon Wasser eingelassen worden

© Ingo Salmen

Falls jemand jetzt voreilig auf den Bezirk schimpft: Die Berliner Bäderbetriebe machen es nicht besser. Seit Anfang Mai ist die Schwimmhalle „Helmut Behrendt“ am Helene-Weigel-Platz geschlossen. Weil Fliesen abgeplatzt waren und das Becken nur notdürftig geflickt werden konnte, soll es jetzt eine „Auskleidung“ in Edelstahl bekommen.

Helene-Weigel-Platz: Mondlandschaft statt Badespaß

Davon ist vier Monate später jedoch noch nichts zu sehen. Wer jetzt an der Halle vorbeischaut, findet zwar keine Fliesen mehr vor, aber auch noch keine Edelstahlwanne. Arbeiter haben das gesamte Becken aufgestemmt, die Halle ähnelt eher einer Mondlandschaft als einem Schwimmparadies.

Schwimmer müssen draußen bleiben: Die Halle am Helene-Weigel-Platz ist seit Mai geschlossen.
Schwimmer müssen draußen bleiben: Die Halle am Helene-Weigel-Platz ist seit Mai geschlossen.

© Ingo Salmen

Noch im Frühjahr war seitens der Bäderbetriebe die Rede davon, die Bauarbeiten würden bis zum 3. November bzw. „Spätherbst“ dauern. Inzwischen schreibt die Landesfirma auf ihrer Website, eine Wiedereröffnung sei „für das 1. Quartal 2020 geplant“. Wie der Tagesspiegel aus zwei Quellen unabhängig voneinander erfuhr, ist damit eher März, vielleicht sogar Ende März gemeint. Eine Stellungnahme der Bäderbetriebe war zunächst nicht zu bekommen.

Klaus Lederer mit kreativer Lösung

Schwimmfreunde stehen derweil staunend vor der Tür. „Da hast du mal einen Schwimmkurs gemacht“, sagt ein Vater zu seinem Sohn, als sie vor einigen Tagen an der Baustelle vorbeikommen. „Wir bleiben jetzt lieber zu Hause“, erzählt eine Großmutter, der die Wege zu den anderen Bädern zu weit sind.

Die Schwimmbad-Misere von Marzahn-Hellersdorf scheint wenigstens die Kreativität zu beflügeln. Beim Stopp des Senats auf Gut Biesdorf, wo 515 Wohnungen entstehen, fragte Kultursenator Klaus Lederer (Linke) in die Runde: Würde auf den Quartiersplatz nicht auch ein Freibad passen?

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