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Im Klinikum Havelhöhe behandelt Krankenhauspersonal einen Covid-19-Patienten.

© Fabrizio Bensch/Reuters

„Dramatische Verjüngung“: Mediziner warnen vor überfüllten Intensivstationen in Berlin

Die dominierende Corona-Mutation B.1.1.7 bringt die Krankenhäuser in neue Bedrängnis. Viele jüngere Patienten sind in Behandlung, die Liegedauer steigt.

Notfall-Mediziner haben vor einer drohenden Überlastung der Berliner Intensivstationen in der dritten Pandemie-Welle gewarnt. Es gebe im Moment bereits eine dramatische Belastung, sagte Steffen Weber-Carstens, medizinisch-wissenschaftlicher Leiter des Registers der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) am Freitag.

„Wir haben in Berlin in den vergangenen drei Wochen wieder 100 beatmete Patienten mehr auf den Intensivstationen. Aktuell sind es 280.“ Allein in der Charité, die die schwersten Fälle behandelt, seien es 90. Ein Ende der Neuaufnahmen sei bei steigenden Infektionszahlen nicht absehbar.

30 Prozent der Covid-Patienten auf den Intensivstationen der Hauptstadt seien aktuell im Alter von 35 bis 59. „Und die nächsten zwei Drittel sind im Alter von Anfang bis Ende 60. Das ist eine dramatische Verjüngung“, sagte Weber-Carstens.

Viele Covid-Kranke brauchten Beatmung. Die Mediziner gingen davon aus, dass sie auch eine deutlich längere Liegedauer auf den Intensivstationen haben werden als früher. Denn es gebe nun mehr schwere Verläufe mit Multiorganversagen und Sekundärinfektionen. Das sei wahrscheinlich auf die nun dominierende Virus-Variante B 1.1.7. zurückzuführen.

Sie gilt Virologen nicht nur als ansteckender, sondern auch als gefährlicher im Vergleich zum Urtyp, der vor einem Jahr vorherrschte. Nach Angaben der Divi stirbt bundesweit bei den unter 50-Jährigen jeder fünfte schwerkranke Covid-Intensivpatient. Bei den Älteren sei es im Schnitt jeder zweite.

Planbare Operationen werden bereits abgesagt

Wir müssen die Infektionsdynamik unter Kontrolle bringen“, betonte Weber-Carstens. Sonst könne es passieren, dass die Reserve an Klinikbetten und Personal nicht mehr reiche. Deshalb werden bereits planbare Operationen abgesagt.

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Auf dem Höhepunkt der zweiten Welle gab es nach Divi-Angaben in Berlin mehr als 450 Covid-Intensivpatienten - auch aus anderen Bundesländern. Seitdem seien die Zahlen nicht unter 170 gefallen, sagte Weber-Carstens. Die Divi befürchtet, dass die dritte Welle die zweite ohne einen sofortigen harten Lockdown toppt.

Die Corona-Ampel der Senatsgesundheitsverwaltung stand mit Blick auf die Belegung der Intensivbetten mit Corona-Patienten am Donnerstag mit 23,9 Prozent auf Orange. Ab 25 Prozent springt sie auf Rot. (dpa)

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