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Die Künstlerin Penelope tritt bei Proben mit der Kunst des Zopfhanges auf.

© Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/ZB

Diva-Gesten und Hüftschwung sind zurück: Wintergarten Varieté startet mit neuer Show

Der Wintergarten kehrt mit neuem Programm in die zwanziger Jahre zurück. Der Lockdown wurde für Umbauten genutzt.

Wenn Absalom das geahnt hätte! Sie wissen schon, der aufrührerische Sohn König Davids, ein Mann mit extra langem Haupthaar, das sich nur leider auf der Flucht vor seinen Verfolgern in den Zweigen eines Baumes verfing. Da war es um Absalom geschehen.

So eine Prachtmähne hält eben jede Menge aus, trägt einen ganzen Mann und erst recht eine zierliche Frau. Jeder, der mag, kann sich demnächst im Varieté Wintergarten in der Potsdamer Straße davon überzeugen. Der biblische Tunichtgut ein Ahnherr der Kunst des fast vergessenen Zopfhangs? Wäre denkbar, auch wenn die Österreicherin Penelope so gar nichts Alttestamentarisches an sich hat, als sie am Dienstagvormittag, den Haarschopf an einem variablen Seil befestigt, unter der Saaldecke durch die Luft tanzt.

Als sie kreiselt, den Schlangenmensch gibt, schwebend im Fakirsitz verharrt und gleich darauf wieder die Extremitäten in alle möglichen und unmöglichen Richtungen faltet – eine begnadete Equilibristin und eines der Kunststückchen aus dem neuen Programm des Wintergartens, das Geschäftsführer Georg Strecker gestern vorstellte.

„Golden Years – Die 20er Jahre Varieté Revue No. 2“ wird es heißen, das schließt unmittelbar an die vor dem Lockdown mit großem Erfolg gestartete und dann notgedrungen abgebrochene Show an, beruft sich, wie Regisseur Rodrigue Funke wissen ließ, auf die Varietétraditionen der 20er Jahre – und hätte ohne Weiteres im alten Wintergarten in der Friedrichstraße gezeigt werden können. Na gut, ein paar moderne Einsprengsel wird es geben.

Auch wenn die regulären Proben noch nicht begonnen haben, versprechen die drei gezeigten Ausschnitte doch schon einen vergnüglich-unterhaltsamen Abend, eröffnet durch einen Begrüßungssong der durch den Abend führenden Nina de Lianin, die die großen Divagesten ebenso beherrscht wie den sexy Hüftschwung des Revuegirls. Und nicht nur Hundefreunde dürften sich über die Dressurnummer von Rodrigue und seines Foxterrier-Duos amüsieren, von dem gestern nur die kleinere Hälfte Skipper über die Bühne tänzelte und allerhand komödiantische Fehlversuche seines Herrchens erzwang, bevor er sich endlich zum Hüpfer durch den Reifen bewegen ließ.

Doorman Rene Wolter begrüßt am Eingang vom Wintergarten Varieté zum Programm.
Doorman Rene Wolter begrüßt am Eingang vom Wintergarten Varieté zum Programm.

© Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/ZB

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Noch wird kräftig geschraubt und gemalert

Am 23. September sollen die „Golden Years“ erstmals über die Bühne gehen, die schon ziemlich komplett aussieht, im Gegensatz zum Rest des Hauses. Wie der Friedrichstadtpalast hat auch der Wintergarten, wenn auch in kleinerem Rahmen, den Lockdown genutzt, um ohnehin demnächst anstehende Arbeiten vorzuziehen. Noch wird kräftig geschraubt, gebohrt, gehämmert und gemalert, aber man werde fertig, versicherte Strecker – jedenfalls so weit, dass die Show wieder beginnen könne.

So hat man beispielsweise – ein Erbe André Hellers – die saalhohen Vitrinen an den Seitenwänden runderneuert. Die Glasfenster waren dort angeschraubt, sie mal zu putzen, dahinter neu zu dekorieren, war kaum möglich. Jetzt wurden die Fenster zu Türen, sind also leicht zu öffnen, der rote Samt dahinter wurde erneuert. Auch wird die Bestuhlung auf dem Balkon erneuert und dabei um etwa ein Drittel verringert, sodass man künftig dort oben auch speisen kann – ein Teilprojekt, dass erst im Winter abgeschlossen ist. Die Küche wurde erneuert und dabei zugleich vergrößert, Licht- und Tonregie erhalten neue, mittige und damit für ihre Aufgaben günstigere Plätze, samt neuer Technik.

Am Restaurant selbst wird sich noch nicht viel ändern, es ist erst im kommenden Jahr dran. Und auch im Außenbereich auf dem hinteren Teil des Grundstücks werden die Arbeiten an der geplanten kleinen Piazza noch etwas dauern. Sogar einen Brunnen wird es dort geben, ein uraltes, längst versiegtes Baudetail, das voraussichtlich im kommenden Sommer wieder plätschert.

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