zum Hauptinhalt
Ente gut, alles gut. Don Rosa wird von Fans vor allem wegen seiner Comics mit Onkel Dagobert verehrt.

© Mike Wolff

Disney-Zeichner Don Rosa: Schnabel von Welt - ein Treffen mit Dagoberts Zeichner

Keiner trifft Donald und Dagobert so gut wie Don Rosa. Dafür lieben die Fans den US-Zeichner –  auch unser Autor. Jetzt kam er seinem Idol beim Berlinbesuch näher.

Enten kommen bei ihm durchaus auf den Tisch. Allerdings nicht montags bis samstags. Der berühmteste lebende Zeichner der Comicabenteuer aus Entenhausen ist Veganer – bis auf den letzten Tag der Woche. „Dann esse ich alles“, sagt Don Rosa und lächelt. Wir sitzen beim Thailänder unweit vom Europacenter. Da hat der US-Zeichner auf seiner Deutschlandtour den Comicladen „Modern Graphics“ besucht und 180 Fans mit Zeichnungen und Autogrammen beglückt. Hinterher geht’s zum Abendessen – und Rosa bietet beim Warten auf die Bestellungen scharfe Peperoni aus eigenem Anbau an. Der 63-Jährige ist leidenschaftlicher Gärtner. Er schwärmt von der Arbeit auf seinem Zehn-Hektar-Naturrefugium und von der Gastfreundschaft in Europa.

Hierzulande sind die Disney-Geschichten aus Entenhausen inzwischen populärer als im Ursprungsland USA. Die Fans verehren ihn auch in Berlin wie einen Star – zugegeben, ich gehöre zu ihnen. Die erste Begegnung mit Rosas Werk ist 17 Jahre her. Da fiel mir als damals fünfjährigem Nachwuchs-Leser ein Micky-Maus-Magazin in die Hände, in dem ein atemberaubendes Weltraumabenteuer mit Dagobert in der Hauptrolle zu finden war. Die Geschichte war so detailreich gezeichnet und so packend erzählt, dass ich auch als Comic-Neuling spürte, dass dahinter ein besonderer Künstler steckt. „Reisende durch die Ewigkeit“ hieß die Geschichte – Auftakt einer lebenslange Liebe zum Comic (und der Leidenschaft, sie auch selbst zu zeichnen).

Ein persönliches Treffen mit dem Schöpfer dieser und vieler anderer Comic-Klassiker gab es dann zum ersten Mal vor zwei Jahren bei einem Berlin-Besuch Rosas. Nach einer stundenlangen Wartezeit – die gehört bei seinen Signierstunden einfach dazu – schüttelte ich jenem Mann die Hand, der mich einst für mein Hobby begeisterte. Er signierte mir seine Alben. Tags drauf begegneten wir uns zufällig erneut: Direkt neben mir durchsuchte er auf dem Flohmarkt an der Straße des 17. Juni eine Kiste mit Comics. Wir kamen erneut Gespräch, er fragte: „Hast du gestern eigentlich eine Zeichnung erhalten?“ Dann zückte er seinen Stift und legte los.

Während mein Zeichner-Vorbild einen Dagobert aufs Papier legte, konnte ich mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen: Don Rosa hatte mich schließlich als Kind dazu inspiriert, selbst zum Zeichenstift zu greifen. Über die Jahre brachte ich mir nach seinem Vorbild bei, vor allem Donald Duck mit verschiedenen Mimiken und Gestiken frei Hand zu zeichnen. Nie war die Gelegenheit besser, schnell einen augenzwinkernden Donald aufzuzeichnen. So stand ich neben meinem Zeichenidol und wir fertigten simultan ein Andenken für den jeweils anderen an. Danach unterhielten wir uns über die Möglichkeiten, ins Comicgeschäft einzusteigen – und er warnte mich davor, dass im Comicsystem bei Disney die Arbeitsbedingungen miserabel seien. „Aber die Anerkennung der Fans gibt mir viel Kraft, zumal ich doch eigentlich immer nur das gemacht habe, was mir Spaß bereitet – Comics zu zeichnen.“

Die Unzufriedenheit mit Disney war auch ein Grund, weshalb Rosa seit 2007 keine neuen Geschichten mehr zeichnet. Dank vieler Neu- und Wiederauflagen ist er trotzdem noch sehr präsent. „Letztlich sind es meine Liebe zu den Figuren und die Treue der Fans, die mich bis heute weitermachen lassen“, erzählte er. Zwar nicht mehr mit langen Geschichten, aber mit Zeichen- und Signiertouren rund um die Welt.

Ein weiterer Grund für seinen Schritt waren Augenbeschwerden, die 2008 zu einer Netzhautablösung führten. Unbehandelt führt sie zur dauerhaften Blindheit. Nach einer Notoperation und mehreren kleineren Eingriffen blieb Rosa sein Augenlicht erhalten, aber feine Zeichenarbeiten sind langfristig beeinträchtigt.

Derzeit ist Rosa erneut auf Deutschland-Tour, deshalb gab es nun wieder die Gelegenheit, ihn in Berlin wiederzusehen. Viereinhalb Stunden zeichnet er ohne Pause für seine Fans, in der Schlange stehen Ehepaare und Rentner einträchtig neben Kindern und Jugendlichen. Geschichten wie seine Biografie „Onkel Dagobert – Sein Leben, seine Milliarden“ sprechen viele Menschen an.

Dahinter steckt immer ein kluger Kopf: Dieses Bild zeichnete Don Rosa einst bei einem Berlinbesuch.
Dahinter steckt immer ein kluger Kopf: Dieses Bild zeichnete Don Rosa einst bei einem Berlinbesuch.

© Illustration: Don Rosa

Nachdem er mich auch nach stundenlangem Fließbandsignieren freundlich begrüßt, erinnert er sich an seinen Flohmarktbesuch und daran, dass er damals zusammen mit einem Fan spontan etwas zeichnete. Und schon zaubert er für den Tagesspiegel einen Dagobert aufs Papier – und ich hocke mich neben ihn und zeichne wieder mit. Er blickt auf mein Papier, zwinkert mir zu, tippt auf seine Nase und sagt: „Du hast Donalds Nasenlöcher im Schnabel vergessen“. Tatsächlich. Niemand ist eben so genau wie Rosa.

Dann sprechen wir über seine Augenkrankheit. Es freut ihn, dass er mal nicht nach seinen Comics befragt wird. Detailliert berichtet er von seinen Beschwerden. „Ich hätte sofort zum Augenarzt gehen müssen“, sagt er. Stattdessen seien sieben Tage vergangen, bis er behandelt wurde. Nun ginge es ihm aber wieder verhältnismäßig gut. Er kann sehen und immer noch zeichnen und sei unendlich dankbar dafür. Wir Fans sind es auch.

Unser Autor ist Medizinstudent und Mitarbeiter der Tagesspiegel-Gesundheitsredaktion. Eine lange Fassung seines Artikels finden Sie hier: tagesspiegel.de/comics. Das Gespräch mit Rosa über dessen Augenkrankheit wird demnächst im Tagesspiegel-Magazin „Gesund“ veröffentlicht.

Leonard Hillmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false