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Im Fokus: Die designierte Vorsitzende sowie Spitzenkandidatin der Berliner SPD, Franziska Giffey.

© Michael Kappeler

Diskussion um SPD-Spitzenfrau: Wie Giffey aus dem Doktorarbeits-Dilemma finden könnte

Die erneute Prüfung der Doktorarbeit von Franziska Giffey trifft die Berliner SPD ins Mark. Aus Wissenschaft und Partei wird ein möglicher Ausweg vorgeschlagen.

Die Frau, um die sich alles dreht, äußert sich bislang kaum. Nur so viel sagte Franziska Giffey am Sonntag: Sie sehe dem wiederaufgenommenen Plagiatsverfahren „gelassen“ entgegen. Auch die Parteigremien, sagte ein Mitglied des Landesvorstandes am Montag, habe Giffey noch nicht über ihren „Match-Plan“ informiert.

Sie muss jetzt gegenüber ihrer Universität, der FU, noch einmal Stellung zu ihrer Doktorarbeit nehmen, sich auf ein monatelanges Verfahren einstellen. Sie selbst und die gesamte Berliner SPD dürfte die gleiche Frage beschäftigen: Kann eine Spitzenkandidatin mit diesem Ballast erfolgreich in den Bürgermeisterinnenwahlkampf ziehen?

Einen möglichen Ausweg eröffnete Giffey der Politikwissenschaftler Benjamin Höhne. Sie könnte auf das Führen ihres umstrittenen Doktortitels von sich aus verzichten, sagte der stellvertretende Leiter des Instituts für Parlamentarismusforschung in Halle/Saale am Montag.

„Das Verfahren an der Hochschule liefe dann zwar weiter, aber Giffey könnte das Thema der politischen Debatte entziehen“, sagte Höhne. Auch mehrere einflussreiche SPD-Mitglieder brachten am Montag diese Option ins Spiel. Noch hätte die 42-Jährige die Chance, hieß es, Schaden abzuwenden.

Immerhin hatte Giffey die FU im Februar 2019 selbst um die Einleitung eines formellen Prüfverfahrens ihrer Dissertation mit dem Titel „Europas Weg zum Bürger – Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft“ gebeten. Sie hatte angekündigt, im Fall des Entzugs vom Ministeramt zurückzutreten, war letztlich aber nur gerügt worden.

Alles auf Giffey - mit und auch ohne Titel

Definitiv für die Beibehaltung der bisherigen Personalplanung und für die Spitzenkandidatur Giffeys bei der Abgeordnetenhauswahl im kommenden September sprach sich Iris Spranger aus, stellvertretende Vorsitzende der Berliner SPD.

„Mich interessiert überhaupt nicht, ob und wenn ja welchen Titel sie trägt, solange sie der Partei und den Berlinerinnen und Berlinern aus dem Herzen spricht“, erklärte Spranger, die sich als einzige Spitzenvertreterin der Sozialdemokraten zu der intern mit Verve debattierten Personalie äußern wollte.

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Dass Giffey der Titel aberkannt wird, halten auch viele Spitzengenossen für nicht gänzlich unwahrscheinlich. Spranger hält eine Kandidatur aber auch dann für möglich, wenn Giffey infolge der drohenden Aberkennung ihres Doktortitels ihren Ministerposten würde aufgeben müssen. Sie erklärte mit Blick auf den Landesvorstand, davon abweichende Meinungen seien ihr nicht bekannt.

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Weil es diese aber durchaus gibt, herrscht rund zwei Wochen vor dem Landesparteitag und der anstehenden Wahl Giffeys zur Landesvorsitzenden Ratlosigkeit in der Partei. Echte Alternativen zur sozialdemokratischen Hoffnungsträgerin sind nicht in Sicht, schon gar keine Frauen.

Es zeichnet sich jedoch langsam ab, dass gerade die Parteilinke nicht um jeden Preis zu Giffey stehen wird, sollte sie ihren Doktortitel tatsächlich verlieren. Mehrere Vertreter machten deutlich, dass eine Aberkennung und der dann wohl fällige Rücktritt als Familienministerin eine Kandidatur beinahe unmöglich machen würden. Von einem „Erklärungsdefizit“ und der fehlenden „Argumentationslinie“ für das Festhalten an der Kandidatur war die Rede.

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