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Bausenatorin Katrin Lompscher (Die Linke), hier neben Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), steht derzeit wegen geplanter Mietobergrenzen in der Kritik.

© Monika Skolimowska/dpa

Update

Diskussion im Berliner Parlament: Rot-rot-grüne Koalition stellt sich hinter Lompschers Mietendeckel

Der Mietendeckel führte zu einer hitzigen Debatte im Abgeordnetenhaus. „Linkspopulismus“ nennt ihn die Opposition. Doch ihre Anträge wurden abgewiesen.

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Ganz Berlin spricht über den Mietendeckel. Am Donnerstag hat auch das Berliner Abgeordnetenhaus sich mit diesem Instrument zur Preissteuerung auf dem Wohnungsmarkt beschäftigt. Und obwohl SPD und auch Grüne sich im Vorfeld von den Mietabsenkungen distanziert hatten, wie sie in einem Papier aus dem Hause von Bausenatorin Katrin Lompscher vorgesehen sind, stimmten sie im Plenum geschlossen gegen die Dringlichkeitsanträge der Opposition – und stellten sich damit hinter Lompscher und den Mietendeckel. Doch am Abend war der Burgfrieden vorbei.

Da trafen sich die Spitzen der Koalition und rangen darum, wie dieser erstmals in der Republik überhaupt geplante Eingriff in den Wohnungsmarkt mit der Verfassung in Einklang zu bringen ist. Die SPD war in den Abend mit mahnenden Worten von Julian Zado, Referent im Bundesjustizministerium, und der Bundestagsabgeordneten Eva Högl gegangen. Die beiden hatten den Mietendeckel in die Debatte gebracht. „Schon Mieterhöhungen zu verbieten, so wie die SPD es vorschlägt, ist bereits ein erheblicher Eingriff in die Eigentumsfreiheit“, warnte Zado. Der sei zwar „dringend nötig und auch verhältnismäßig, zumindest wenn er befristet erfolgt“. Aber er schob nach, dass Vermieter Anspruch auf eine Miete hätten, „die sicherstellt, dass das Eigentum keinen Substanzverlust erleidet“. Den Mietenstopp sieht er deshalb vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts gedeckt, „etwas anderes ist das Absenken von Mieten“. So würden Vermieter Geld er verlieren, „auf deren Erhalt sie fest vertraut haben“. Verfassungsgemäß ist das eher nicht, deutet Zado an und schreibt: „Es ist ein maximal riskantes Vorgehen.“

Christian Gräff (CDU) hält den Mietendeckel für "Linkspopulismus".
Christian Gräff (CDU) hält den Mietendeckel für "Linkspopulismus".

© Monika Skolimowska/dpa

Deshalb sieht der Rechtsexperte auch die höchst umstrittene Tabelle mit den Mietobergrenze aus dem Hause von Senatorin Katrin Lompscher (Linke) mit Mieten von weniger als acht Euro pro Quadratmeter problematisch: Warum es diese „Tabellenwerte“ sein müssten, „erschließt sich nicht sofort“. Die Frage sei letztlich, was „extrem überzogene“ Mieten seien. Diese zu senken hält Zado für ein gerechtfertigtes politisches Ziel.

Zado benennt das zu erreichende Ziel. Es müsse versucht werden, bei bestehenden Mietverhältnissen „die Mieten abzusenken“, so „dass das ganze Gesetzgebungsvorhaben vor Gericht hält“. Zado weiter: „Wir haben keinen solchen Weg gefunden.“
Mit genau diesem Ziel war die Linke in die Verhandlungen der Koalitionsspitzen gegangen. Fraktionschef Udo Wolf hatte im Tagesspiegel-Interview dies erneut betont und sich hinter die Linken-Senatorin Katrin Lompscher gestellt.
Und die Grünen? Sie brachten einen möglichen Ausweg aus der Gefahr ins Spiel, dass ein radikaler Mietendeckel vor dem Verfassungsgericht mit sich bringt: Eine Mietsenkung soll es nur bei solchen Haushalten geben, die an ihrer wirtschaftlichen Grenze sind. Diese könnte bei 30 Prozent des Einkommens liegen oder wahrscheinlicher noch bei 40 Prozent, weil damit zugleich auch die „Verhältnismäßigkeit“ des schwerwiegenden Eingriffs in den Markt gegeben wäre: Eben weil die Mieter in einer echten Notlage wären.

Opposition: „Der Mietendeckel ist der denkbar falscheste Weg“

Damit wäre eine der absurden Folgen des Lompscher-Entwurfs vom Tisch: nämlich die, dass ausgerechnet viele Mieter von Altbauten in durchgentrifizierten Citylagen von Berlin – am Kurfürstendamm beispielsweise – von den höchsten Mietsenkungen profitieren könnten. Viel geringer fiele dagegen die finanzielle Entlastung der Mieter von Altbauten in schlechten Lagen aus, weil dort im Bestand nicht sehr viel mehr Miete fällig wird als die bisher bekannten Mietoberwerte vorsehen. So gesehen sendete die zur Schau gestellte Geschlossenheit im Abgeordnetenhaus vor allem ein Signal: Der Mietendeckel kommt. Wie, darüber wurde am Abend noch verhandelt.

Für die Opposition ist dagegen ohnehin klar: „Der Mietendeckel ist der denkbar falscheste Weg“, so FDP-Fraktionsvorsitzende Sebastian Czaja im Parlament. Der Senat spiele „mit Nöten und Ängsten der Mieterinnen und Mieter“ und mit der „Zukunft unserer Stadt“. Er schlug stattdessen vor, die Grundsteuer zu halbieren und den Wohnungsneubau voranzutreiben. Außerdem plädierte Czaja für einen „Mieten-TÜV“, durch den jedes Gesetz auf die Folgekosten für Mieterinnen und Mieter geprüft werden müsse. Der vom Senat geplante Mietendeckel hingegen würde lediglich dazu führen, dass Geld für Investitionen fehlen würde, auch bei den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften.

Katrin Schmidberger (Grünen) plädiert im Abgeordnetenhaus für einen "atmenden" Mietendeckel, der moderate Mietsteigerungen zulässt.
Katrin Schmidberger (Grünen) plädiert im Abgeordnetenhaus für einen "atmenden" Mietendeckel, der moderate Mietsteigerungen zulässt.

© Monika Skolimowska/dpa

Christian Gräff, baupolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, sprach von „Linkspopulismus“. Er sei sich sicher, dass das Vorhaben vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern werde. Iris Spranger, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion warf der Opposition vor, sich zu „Handlangern“ von Immobilienunternehmen wie der Deutsche Wohnen zu machen. „Wenn wir hier im Parlament ein Gesetz verabschieden, dann muss das rechtssicher sein.“

Juristisch ist umstritten, ob Berlin überhaupt die Gesetzgebungskompetenz hat, um ein Instrument wie den Mietendeckel zu beschließen. Für das Mietrecht ist nämlich der Bund zuständig. Union und FDP haben deshalb bereits eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt, sobald das Gesetz vorliegt. Rechtsexperten zweifeln, ob das Absenken der Miete, wie es derzeit im Gespräch ist, einen verhältnismäßigen Eingriff ins Eigentum darstellt. Der SPD dankte die Linken-Abgeordnete Gabriele Gottwald am Donnerstag im Plenum des Abgeordnetenhauses, weil die Partei den Mietendeckel auf die politische Agenda gesetzt hatte. Gottwald. Sie ist sich sicher: „Der Mietendeckel kommt, und das ist auch gut so.“

Dass die Mieten in Berlin in den vergangenen sieben Jahren um 71 Prozent gestiegen seien, während die Einkommen nur um knapp 20 Prozent angewachsen sind, darauf verwies Katrin Schmidberger von den Grünen. Sie wies darauf hin, dass derzeit „verschiedene Modelle“ zur Ausgestaltung des Mietendeckels im Gespräch seien, die alle Vor- und Nachteile hätten. Das Einfrieren der Mieten könnte Eigentümer wie Genossenschaften und kleine private Vermieter, die ihre Mieten in den vergangenen Jahren gar nicht oder nur gering erhöht haben, bestrafen, während Wohnungsunternehmen mit hochpreisigen Mieten einen Bestandsschutz erhielten. „Da sehe ich eine große Gerechtigkeitslücke, die wir schließen müssen“. Sie und ihre Fraktion plädieren deshalb für einen sogenannten „atmenden Deckel“, der bis zu bestimmten Obergrenzen moderate Mietsteigerungen zulässt.

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