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Warten auf dem Amt - mit dem "Servicekonto" Vergangenheit?

© Kai-Uwe Heinrich

Digitalisierung in Berlin: "Bürgerportal? Planen wir seit Jahren"

Bei Digitalstaatsministerin Bär klingt es so einfach, das digitale Bürgeramt. Doch wie sieht es in der Berliner Realität aus?

Hört sich bequem an: Der Bürger zieht um, meldet dem Amt zwischen den Umzugskartons die neue Adresse, Onlineüberweisung, fertig. Kein Behördengang, keine Wartezeit, nichts. „Im Oktober geht’s los, mit dabei sind zunächst der Bund und vier Bundesländer: Bayern, Berlin, Hamburg und Hessen“, hat Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) am Sonnabend im Tagesspiegel erzählt und präzisiert: „Online erledigt werden können dann Anträge für Kinder- und Elterngeld sowie die An- und Abmeldung für Wohnsitze, Gewerbe und Kfz. Weitere Dienste sollen folgen.“

Realitätscheck in einem Berliner Rathaus, Bezirk Spandau, 240.000 Einwohner. Der zuständige Stadtrat dort heißt Stephan Machulik, SPD. Er ist 46 Jahre alt und macht diesen Job seit sieben Jahren. „Wir sitzen nicht erst seit einer Woche an diesem Bürgerportal, sondern planen es seit Jahren“, sagt Machulik. Was Bär meint, nennt sich in Berlin konkret: „Servicekonto“. Und ist in einer ersten, soften Version seit 2017 in Betrieb.

Weniger Daten gehen verloren

Bürger können sich den ersten Gang zum Amt sparen, wenn sie beispielsweise Anwohnerparkausweise bestellen wollen. „Dinge, die keinen großen Schaden anrichten können“, nennt das Machulik. Vorteil: Es gehen weniger Daten verloren, Warte- und Arbeitszeit wird gespart, weil Bürger nicht mit einem selbst ausgefüllten Papier mühsam zum Bürgerbüro rennen, wo dann einzeln die Buchstaben abgetippt werden müssen. So ähnlich macht es auch die Polizei: Anzeigen mit allen Daten können längst vom heimischen Tablet gestellt werden. Der Gang zur Wache: im ersten Schritt nicht nötig.

Stufe 2 im Bürgerbüro soll dann im Herbst 2018 starten, wie es jetzt die CSU-Politikerin Bär meint. Der Sicherheitsfaktor ist da höher. Machulik: „Wir müssen ja wissen, mit wem wir da kommunizieren.“ Entsprechend detailliert müssen die Daten der Person sein, die sich über eine verschlüsselte Verbindung an die Behörde wendet. Bürger müssen sich anmelden, erstellen – wie etwa bei Banken auch – ein Benutzerkonto, können bestimmte Dinge wie biometrische Fotos hochladen. Die Bezahlung soll per E-Payment funktionieren – das sollte auch kein Hexenwerk sein.

Reisepass? Lieber persönlich

Berlins neue IT-Chefin Sabine Smentek treibe die Projekte aber voran und stehe mit den Ämtern vor Ort in Kontakt. Und wie sollen Dokumente abgeholt werden, wenn sie einige Wochen später fertig aus der Druckerei kommen – einfach per Post verschicken? Nein, sagt Machulik: „Ich plädiere dafür, dass es bei diesen sehr wichtigen Dokumenten wie etwa neuen Reisepässen einen direkten Kontakt mit dem Amt geben sollte.“ Die zwölf Stadträte hätten diese Empfehlung gegeben. Extra-Kosten für den Online-Service fallen nicht an.

Dass Berlin zu den ersten Bundesländern gehört, die dieses System ausprobieren, findet der Stadtrat logisch. „Nur so können wir mitreden bei der Verfeinerung, wenn wir Verbesserungsvorschläge haben.“ Wichtig werde die Ansprache: „Wir erleben es oft, dass Eltern ängstlich zu uns in ein Amt kommen, weil sie nicht wissen, ob sie alles korrekt ausgefüllt haben. So entsteht Hektik“, sagt Machulik. „Die Prozesse beim Online-Portal müssen so einfach sein, dass sie jeder Bürger versteht.“ Ein simpler Plan, bleibt die Umsetzung.

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