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Schlaue Lösung. Der Einsatz moderner Medien kann den Unterricht erleichtern.

© Mauritius/Hero Images

Digitalisierung an Privatschulen: Gute Ausstattung ist nicht alles

Um Schüler fit für die Digitalwelt zu machen, braucht es tragfähige Konzepte – und engagierte Mitstreiter.

Ob für kirchliche, Waldorf oder andere freie Träger – der sinnvolle Einsatz digitaler Medien im Unterricht ist für viele Privatschulen eine Herausforderung, denn mit der digitalen Ausstattung und deren Wartung allein ist es nicht getan. Zusätzlich braucht es Medienkonzepte, die zur jeweiligen Schule passen – und engagierte Menschen, die sie entwickeln.

Ein Blick in die Ausstattung der Evangelischen Schule Berlin Zentrum (ESBZ) im Bezirk Mitte: 90 Tablets, W-Lan im Schulgebäude und zwei Räume mit jeweils zehn Computern. Die Anwendung des ersten Wartungssystems schlug 2014 fehl, das aktuelle ist aber funktionstüchtig. „Diese 90 Tablets hören sich erst mal nach viel an, aber sie sind für alle 650 Schüler da“, sagt die Kunstlehrerin Mira Thomsen. Seit November 2016 ist sie Digitalbeauftragte – ein Posten, der von der Schulleitung initiiert wurde. Vor allem im Oberstufenunterricht wird von den Tablets häufig Gebrauch gemacht, in der Mittelstufe zunächst geprüft, wie sich die Mediennutzung auf das Lernverhalten auswirkt. Perspektivisch bestünde die Herausforderung darin, die Ausstattung noch selbstverständlicher in den Schulalltag zu integrieren.

Gleicher Bezirk, andere Schule: In der Freien Waldorfschule Berlin-Mitte stehen 420 Schülern 32 Laptops zur Verfügung. Das klingt nach wenig, allerdings beginnt der Medienunterricht erst später: „Die erste bis sechste Klassenstufe wird medienfrei unterrichtet, danach beginnen wir mit der technischen Einführung“, erklärt Reinhard Braun, Geschäftsführer der Schule. Entgegen vieler Vorurteile sind digitale Medien in Waldorfschulen „fester Bestandteil im Lehrplan“, so steht es auf der Internetseite des Bundes der Freien Waldorfschulen. „Ein Kollege macht gerade eine dreijährige, berufsbegleitende Fortbildung zum Medienpädagogen und wartet auf die Schulgeräte“, sagt Braun.

Beim Digitalpakt wurden freie Träger zunächst gar nicht mitbedacht

Dass Privatschulen Bedarf an digitaler Ausstattung haben, zeigt die Forderung des Verbandes Deutscher Privatschulverbände (VDP) zum Digitalpakt des Bundesbildungsministeriums. Freie Bildungseinrichtungen müssten bei der Verteilung der Mittel ausdrücklich mit berücksichtigt werden, betont der Präsident des Verbandes, Klaus Vogt. Zunächst war die Antragstellung freier Schulträger nicht vorgesehen, im aktuellen Entwurf ist diese Möglichkeit nun aber festgeschrieben.

Wann die fünf Milliarden Euro aus dem Digitalpakt verteilt werden, ist noch unklar. Eine Einigung von Bund und Ländern blieb im vergangenen Dezember aus. Vorrangiges Ziel des Programms ist eine bundesweite, digitale Grundausstattung der Schulen. „Keine Ausstattung ohne Konzept“ ist der Grundsatz des Paktes; die Konzepte müssen bei der Beantragung mitgeliefert werden. Eine Mehrarbeit, die für viele Schulen nicht leistbar ist. „Die Schulen müssen in der Lage sein, mit den Mitteln ganzheitliche Medienkonzepte für einen nachhaltigen digitalen Unterricht umzusetzen und ihre Lehrer in diesem Bereich fortzubilden“, schlägt VDP-Präsident Vogt vor.

Ähnlich sieht das auch Mira Thomsen: „Wichtig wäre doch, dass die Schulen zuerst eine eigene Haltung zur digitalen Welt entwickeln, bevor sie sich für Geräte entscheiden müssen.“ Ein solches Haltungspapier kann die ESBZ auf ihrer Webseite schon vorweisen: das „digitale Leitbild“. Der respektvolle Umgang im Netz, das kritische Bewerten und der Datenschutz bilden die Basis des Leitfadens. Das Papier ist eine Gemeinschaftsarbeit von Eltern, Schülern und Lehrern – eine Konstellation, die zusammen mit der Schulstiftung die digitale Entwicklung der Schule prägt. So bieten fachkundige Eltern eine Programmierwerkstatt an oder sind Teil des „Education Innovation Lab“, einem in der Schule ansässigen Innovationsbüro, das neue Lernmaterialien erarbeitet.

Schuleigene Geräte seien nicht immer notwendig

Eine andere Haltung zur digitalen Welt hat die Freie Waldorfschule in Berlin-Mitte. Sie setzt auf einen bewussten Umgang mit Medien – ab einem festgelegten Zeitpunkt. Bis die schuleigenen Laptops im Unterricht genutzt werden, sind aus den Kindern Teenager geworden. Bevor sie lernen, wie ein PC funktioniert, können sie lesen und schreiben und sind über Internetgefahren aufgeklärt worden. „Wir setzen digitale Medien dann ein, wenn wir es für sinnvoll halten“, sagt Geschäftsführer Braun. Ist die Zeit für die Medien reif, können sich die Schüler in den Oberstufenräumen bei Bedarf über ein Kabel mit dem Lan-Zugang verbinden. Smartphones dürfen sie während der Unterrichtszeit nicht nutzen.

Die ESBZ hat ihre Schulordnung in diesem Aspekt geändert: Aus einem Handyverbot wurde eine Testphase. „Zu bestimmten Zeiten dürfen die Schüler ihre Smartphones in dafür vorgesehenen Zonen nutzen“, erklärt Mira Thomsen. Parallel dazu können sie Impulsvorträge besuchen, um ihr eigenes Nutzerverhalten zu reflektieren. Die digitale Ausstattung ist aktuell Thema der Digital-AG: Schuleigene Geräte seien nicht immer notwendig, manchmal tue es auch ein Leasing oder die BYOD-Methode (Bring Your Own Device). Mit dem Ergebnis dieser Diskussion mache eine Bewerbung beim Digitalpakt Sinn, findet die ESBZ-Digitalbeauftragte.

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