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Berlin: Dietmar Thielmann (Geb. 1958)

Minigolf ist ein Sport, da gibt es gar nichts zu lachen

Junior war gerade mal zwei und thronte stolz auf Papas Arm. „Horch mal! Was kommt denn da für    ein Auto?“ Der Kleine legte den Kopf schräg: „Fauwehfauwehfauweh“ – „Genau. Da kommt ein VW Golf!“

Papa hatte Erziehungsurlaub, war immer mit dem Sohn unterwegs, und da lernte der natürlich, was der Vater gelernt hatte.

Als Vater war Didi super. Er hatte sich ja schon von klein auf um Kinder gekümmert. Um seine Geschwister, um das Kind der Freundin, das nicht von ihm war, obwohl er schon in der Schule um ihre Hand angehalten hatte.

Dietmar war in Raubach aufgewachsen, im Westerwald. Der Vater ließ die Familie im Stich, der Stiefvater starb viel zu früh. Mit 14 hatte Didi schon zwei Väter verloren.

Er sorgte sich um die Oma, die bettlägrige Mutter, die Geschwister, da war kein Studium drin. Er musste früh arbeiten, lernte Kfz-Mechaniker, ging zu Fiat, dann zu BMW. Didi, der Autoflüsterer. Er hörte das Motorengeräusch und wusste, was los war, das hat er im Hintern gespürt. Seinen eigenen BMW fuhr er noch im 19. Jahr, und er hätte ihn wieder durch den TÜV gebracht, so wie die „Reisschüssel“ seiner Liebsten, japanischer Kleinwagen, aber auch schon 17 Jahre auf dem Buckel, weil Didi ihn adoptiert hatte. Obwohl, seine Marke war immer schon BMW, auch als er dann nach Berlin kam, seiner ersten Kinderliebe folgend.

Aus der Liebe wurde Freundschaft, aber auch damit fand sich Didi zurecht.

Er wurde Werkstattmeister bei einem großen BMW-Händler. Nach dem Erziehungsurlaub wollte er zurück, aber da war der Vertragshändler eine Niederlassung geworden, und Didi hatte man einfach ausgelistet. Lagerist sollte er nun sein, nicht mehr in Tempelhof, sondern in Neuenhagen, anderthalb Stunden Fahrt, einfach Strecke. Kurz vor Warschau, spottete seine Liebste. Zumutbar, meinten die Anwälte. Er akzeptierte die Abfindung und erfand sich neu. 2005, Ich-AG, Handtextildruck. T-Shirts mit Sprüchen für Sportvereine und für privat. Vorne: „Danke Jungs!“ Hinten: „Ihr habt mehr als den Ball bewegt.“ Das Shirt war ein Hingucker auf der Fanmeile der Fußball-WM. Und die Minigolfbahnen, 18 an der Zahl, sauber gedruckt. Auf der Minigolf-WM in der Schweiz rissen sich die Japaner um die T-Shirts.

Didi war immer schon Vereinsmensch gewesen. Im Westerwald ohnehin, da führte kein Weg am Schützenverein vorbei. Und bei den Funkern war er, Funkername „Ofenrohr“, das war eine ernste Sache. Sie hörten Polizeifunk ab, und wann immer ein Unfall war, machten sie sich auf den Weg, erste Hilfe leisten.

Dann natürlich Minigolf. Minigolf ist ein Sport, da gibt es gar nichts zu lachen. Er wird auf Kreis-, Regional, National- und internationaler Ebene gespielt. 20 Millionen spielen hierzulande. Didi hatte den Minigolfclub an der Wiesenbaude mitbegründet, und war dann zu den Spandauer Minigolfern gewechselt, mit beiden wurde er mehrfacher Berliner Meister in der Mannschaft. Und wichtiger noch, bei den Wiesenbaudern lernte er 1995 seine Frau kennen, denn er war ein guter Spieler, aber ein noch besserer Coach.

Die beiden fanden zusammen, als habe es genau so sein sollen, Schritt für Schritt: zusammenziehen, verloben, heiraten, Kind. Und natürlich die gemeinsamen Hobbys. Bowling im Winter, Minigolf im Sommer, Aikido ganzjährig. Didi war ein Fan von Steven Seagal, dessen Filme Aikido zelebrieren, „nix von wegen boah, geile Äktsch’n!“ Didi hat genau hingesehen, das war altasiatische Kampfkunst, die er auch beherrschen wollte.

Daneben war er noch Hauswart und Spieleprogrammierer der ersten Stunde. Didi hat ein Programm geschrieben, um Minigolfspielpläne elektronisch zu erfassen. Es gab einfach nichts, was ihn nicht interessiert hätte: Kalligrafie, Ölmalerei und natürlich Puzzeln. Alles war irgendwie seins. Der einzige Vorwurf, den man ihm hätte machen können: Er hätte ein wenig mehr in sich selbst hineinhorchen und das mit dem Rauchen sein lassen sollen. Dann wäre der finale Motorschaden wohl zu verhindern gewesen: Herzinfarkt. Gregor Eisenhauer

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