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Der Angeklagte im Prozess wegen des Diebstahls eines künstlichen Vogelnestes aus Gold.

© Christophe Gateau/dpa

Update

Diebstahl von „Goldnest“: Berliner Jugendgericht verurteilt Clan-Mitglied zu viereinhalb Jahren Haft

Bei dem Einbruch in eine Biesdorfer Grundschule soll der Angeklagte das 30.000 Euro teure Kunstwerk gestohlen haben. Laut Gericht seien die Indizien eindeutig.

Der Angeklagte aus einem deutsch-arabischen Clan stürmte zur Saaltür, als er das Urteil hörte: Rund zwei Jahre nach dem Verschwinden des aus Gold gefertigten Nestes ist ein Clan-Mitglied verurteilt worden. Eine Jugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängte das Jugendschöffengericht Tiergarten am Montag. Munyr F., 20-jähriger Spross einer polizeibekannten arabischstämmigen Großfamilie, wurde unter anderem des gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall schuldig gesprochen. Und der durch Justizwachtmeister gestoppte Angeklagte, der als freier Mann zum Prozess gekommen war, jammerte laut: Mehrere Beamte führten den 20-Jährigen in die U-Haft.

F. wurde unter anderem des gemeinschaftlichen Diebsstahls in einem besonders schweren Fall schuldig gesprochen. Geplant und mit Spezialwerkzeug seien die Täter vorgegangen – „im Bereich von Hochkriminalität bewegen wir uns“. Das Urteil entsprach dem Antrag der Staatsanwältin. Die Verteidiger verlangten Freispruch und kündigten bereits Rechtsmittel an.

Munyr F. war aus Sicht der Richter einer von mindestens zwei Tätern, die am 15. Mai 2019 kurz nach Mitternacht durch ein Fenster einer Grundschule in Biesdorf eingestiegen waren. Dort hätten sie eine gut gesicherte Glasvitrine mit einer Spezialsäge aufgesägt und das darin ausgestellte, filigrane Kunstobjekt mit Brachialgewalt entwendet. Nach Angaben des Künstlers betrug der Materialwert rund 30 000 Euro. Das Gericht ordnete nun die Einziehung von Wertersatz in dieser Höhe an.

Einbezogen in das Urteil gegen F. wurden eine frühere Verurteilung in Höhe von 22 Monaten Haft auf Bewährung. Eine deutliche Strafe sei nun zu verhängen gewesen, so der Richter. F. habe unter Bewährung gestanden und sei mit einer hohen kriminellen Energie vorgegangen. Da sehe das Gericht keine andere Möglichkeit, als bei der Strafe „hoch in die Klaviatur zu greifen“.

Drei Indizien führten zum Schuldspruch. Munyr F. war wenige Tage vor der Tat an der Schule in Biesdorf beobachtet worden. Dann sah man ihn in einem Baumarkt, wo er Arbeitshandschuhe und Sprühlack gekauft haben soll – „baugleich wie bei der Tat verwendet“, so das Gericht. Und schließlich wurde am Griff des Fensters, durch das die Einbrecher eingestiegen waren, DNA des Angeklagten sichergestellt. „Eine eindeutige Spur“, sagte der Richter.

Schon als Jugendlicher beschäftigte der 20-Jährige aus einer arabischstämmigen Großfamilie Polizei und Justiz. Allerding habe er inzwischen eine Ausbildung als Lagerist abgeschlossen und gehe einer Arbeit nach, sagte ein Bewährungshelfer. Damit habe er in seiner Familie ein „Alleinstellungsmerkmal“. Er wolle „nicht wie Brüder von ihm im Knast landen.“

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Die 74 feinen Zweige des „Goldnestes“ bestehen aus 814 Gramm 999er Feingold. Das Kunstwerk ist weiterhin verschwunden. Ermittler befürchten, dass das goldene Nest eingeschmolzen wurde – wie vermutlich auch die im Frühjahr 2017 aus dem Bodemuseum verschwundene 100-Kilo-Goldmünze „Big Maple Leaf“. Für diesen spektakulären Diebstahl wurden Angehörige der Großfamilie R. zur Rechenschaft gezogen.

Kerstin Gehrke

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