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Berlin: Die Tage des Tacheles sind gezählt

Eigentümer wollen Gelände noch in diesem Jahr räumen. Zwangsversteigerung soll Ende Januar erfolgen

Der Streit um das räumungsbedrohte Künstlerhaus Tacheles in Mitte ist am Dienstagmorgen eskaliert. Aus der Menge der Tacheles-Unterstützer flog nach Polizeiangaben ein Stein auf den Sicherheitsdienst, der das Gebäude bewacht. Zwei Personen wurden festgenommen. Grund für die Auseinandersetzungen ist eine Stahlbrücke, die von den Künstlern vom Hof des Gebäudes zum Gartenareal gebaut wurde. Der Sicherheitsdienst hatte begonnen, die Konstruktion zu umzäunen und einzureißen.

Dem Vernehmen nach soll das Areal am 31. Januar versteigert werden. Ein Gerichtssprecher sagte, ein Termin werde in Kürze veröffentlicht. „Bis Ende des Sommers ist die Freifläche mit der Metallwerkstatt geräumt, bis Ende des Jahres das ganze Haus“, kündigte Rechtsanwalt Michael Schultz an.

Schultz hatte zuvor bereits den Betreiber des „Café Zapata“ durch eine Millionenzahlung sowie weitere Künstler vom Gelände heruntergekauft. Die nun verbliebenen Besetzer wollen allerdings nicht für Bares wegziehen. Deshalb holen Rechtsanwalt Schultz und der Verwalter des insolventen Tacheles-Besitzers nun Räumungstitel vor Gericht ein. Die Künstler auf dem Freigelände zogen gegen die geplante Räumung aber vorsorglich vor Gericht und erwirkten vorerst einen Beschluss zu ihren Gunsten. „Das verzögert allenfalls die Räumung, verhindern wird es sie nicht“, sagte Schultz.

Am frühen Dienstagmorgen begannen Sicherheitskräfte, Mitarbeiter des Bauamtes und Polizisten auf dem Gelände eine am Sonntag von den Künstlern aufgebaute Brücke wieder einzureißen. Die Brücke hatte zwei Plattformen miteinander verbunden, die von den Künstlern im Hof der Tacheles-Ruine sowie auf der dahinter gelegenen Freifläche aufgebaut worden waren. Zwischen den beiden Brückenköpfen liegt allerdings die freigekaufte und vom Insolvenzverwalter umzäunte Brache. Gegen die Überbrückung seiner Grundstücksteile gingen Schultz und der Insolvenzverwalter nun vor.

„Ein Teil der Touristen hält den Auftritt der Bauleute und der Wachschutzmänner mit ihren schnieken schutzstaffelschwarzen Uniformen für eine zynische Antifaschismus-Performance“, sagte Martin Reiter, Wortführer der Tacheles-Künstler. Für das Kunsthaus sei das „schöne Außenwerbung“. Das Tacheles bleibe offen, auch die Freifläche sei zugänglich. Das Programm gehe weiter. Zum Tag des Mauerbaus am 13. August wollen die Künstler den Zaun auf dem Gelände zum Mahnmal erklären. ball/jra

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