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In der Krise wurden Therapien und Operationen verschoben. Um sie nachzuholen, wird Personal gebraucht.

© Kitty Kleist-Heinrich

„Die Situation eskaliert“: Medizinisches Personal beklagt Mangel an Kita-Notbetreuung

Die eingeschränkten Öffnungszeiten der Kitas werden für "Systemrelevante" zum Problem. Aber auch andere Eltern verzweifeln.

Alle großen Kitaträger hatten davor gewarnt, jetzt ist es eingetreten: Das Nebeneinander von Notbetreuung und der Öffnung für immer mehr Altersgruppen führt in den Kitas zu unlösbaren Problemen, da der Senat auf kleine Kitagruppen beharrt. Jetzt haben mehr als 400 Mitarbeiter der Vivantes-Krankenhäuser in einem offenen Brief an die Senatorinnen für Gesundheit und Bildung, Dilek Kalayci und Sandra Scheeres (beide SPD), davor gewarnt, dass viele Eltern aus systemrelevanten Berufen „sehr bald“ nicht mehr voll arbeitsfähig sein werden.

„Die Situation eskaliert“, heißt es in dem Brief, der von zwei Chefärztinnen, Malgorzata Lanowska und Mandy Mangler, initiiert wurde. Sie berichten, dass Kitas ihre Öffnungszeiten für die Notbetreuten zum Teil drastisch reduziert hätten, um – wie vom Senat gefordert – mehr Kinder aufzunehmen, deren Eltern keine systemrelevanten Berufe haben. Die Betreuung werde von Woche zu Woche schwieriger zu organisieren.

Das müsse sich ändern. Zudem sei in den Schulen ein Präsenzunterricht notwendig, der über ein „Konservieren der Kinder“ in den Notbetreuungen hinausgehe, zumal „an den meisten Schulen umsetzbare Online-Unterrichtskonzepte“ fehlten.

„Wir merken: Das System kracht“

Angesichts der Situation appellieren die Vivantes-Mitarbeiterinnen an die Senatorinnen, ihre Entscheidungen „dringend“ abzustimmen. Es könne nicht sein, dass nun eine zunehmende Öffnung des Gesundheitssystems für aufgeschobenen Therapien geplant werde „und gleichzeitig die Betreuung der Kinder von Personen aus dem Gesundheitssystem in der Form reduziert und erschwert wird“.

„Wir merken: Das System kracht“, bestätigte am Freitag die Sprecherin des bundesweit tätigen Kitaträger Fröbel e. V., Beatrice Strübing die beschriebene Problemlage. Die vom Senat eingeforderten Abstandsregeln bei gleichzeitiger Öffnung für mehr Kinder passten nicht zusammen.

Ohne Anspruch auf Notbetreuung darf man Kinder unter zwei Jahren erst ab 20. Juli wieder in die Kita bringen.
Ohne Anspruch auf Notbetreuung darf man Kinder unter zwei Jahren erst ab 20. Juli wieder in die Kita bringen.

© Kitty Kleist-Heinrich

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„Dramatische Szenen in den Kitas“

In den Kitas spielten sich „dramatische Szenen ab“, weil immer mehr Betriebe ihre Mitarbeiter zur Rückkehr aufforderten, ohne dass die Betroffenen wüssten, wie sie ihre Kinder betreuen könnten. Scheeres agiere „zu abwartend“, während Länder wie Sachsen oder Städte wie Cottbus längst alle Kinder zurück in die Kitas holten. Berlin müsse als Hauptstadt mit „guten Beispiel vorangehen“. „Wir arbeiten intensiv an Lösungen“, heißt es von Scheeres’ Sprecher.

Senatorin für Bildung, Jugend und Familie: Sandra Scheeres (SPD).
Muss die Risiken abwägen: Die Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, Sandra Scheeres (SPD).

© Britta Pedersen/dpa

Auch die Landeselternsprecherin für die Kindertagesstätten, Corinna Balkow, bestätigte, dass „die Eltern immer verzweifelter werden“. Der Landeselternausschuss und das Kitabündnis seien der Meinung, dass die Stufenregelung überarbeitet werden müsse. Wie berichtet, sollen Kinder unter zwei erst am 20. Juli zurückkommen.

Erschwerend kommt hinzu, dass dann etliche Kitas ihre Schließzeit haben. Somit müssten die Eltern kleiner Kinder noch über zwei Monate ohne Betreuung aushalten.

Die Hotline des Senats zu Fragen rund um die Kita- und Schulschließung ist werktags von 9-15 Uhr unter 030/90227-6600 erreichbar.

Der vollständige offene Brief der Vivantes-Kräfte lässt sich HIER herunterladen.

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