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Treppe ins Nichts. Naja, nicht wirklich. Der Ausguck hat ein Geländer, wenngleich der Blick durch den Rost fällt.

© Christoph Stollowsky

Die schönsten Aussichtspunkte in Berlin: Frei schweben über Marzahn - auf dem Skywalk

Marzahn hat es mit dem neuen spektakulären Skywalk ganz nach oben geschafft: zu den Berliner Orten mit besten Aussichten. Eine Umschau.

Kann denn fliegen schöner sein? Nein! So frei schwebt nicht mal ein Hubschrauberpilot in seinem gläsernen Cockpit über der Stadt. Unter den Füßen nur ein Gitterrost. Durch den Boden fällt der Blick ohne Halt hinab. Gut siebzig Meter tief bis zu den Baumkronen der Marzahner Promenade. Nichts für Schwindelanfällige.

Dieser Balkon reicht von der Dachkante des 23-Geschossers an der Raoul-Wallenberg-Straße 40/42 in Marzahn etliche Meter über den Abgrund hinaus. Willkommen auf dem „Skywalk“ im ungeteilten Himmel über Berlin. Hier liegt die Einheit zu Füßen.

Wie einst die Kamera in Wim Wenders 1987 gedrehtem Filmklassiker „Der Himmel über Berlin“ fährt das Auge über die Stadt. Heute, 28 Jahre später, aber grenzenlos. Ganz in der Nähe liften Kräne die Stahlträger für die neue Tropenhalle auf dem künftigen Areal der Internationalen Gartenausstellung IGA 2017 in Marzahn, fern im Westen grüßen Funkturm und ICC. Über den einstigen Todesstreifen schlängeln sich die S-Bahnen in alle Richtungen. Und an den Rändern Berlins, rundherum im brandenburgischen Speckgürtel, rotieren die Windräder.

Man kann in Berlin an einem Nachmittag gleich mehrmals abgehoben auf Tour gehen. Die Auswahl an Ausgucken ist groß (siehe unten). Das neueste Highlight ist der „Skywalk“, die spektakuläre Plattform auf einem Wohnriesen. Zehn Minuten Fußweg sind es vom S-Bahnhof Raoul-Wallenberg-Straße zum Haupteingang des weiß verputzten Hochhauses. Vor einer Woche wurde der Aussichtspunkt, wie berichtet, eröffnet, drei Mal wöchentlich kann man nun dieses Abenteuer bei Führungen erleben. Die 15- Uhr-Gruppe versammelt sich im Foyer, aus der ganzen Stadt sind Neugierige da.

Öde Plattenbausiedlung? Von wegen!

„Ich bin Markus Krause und zeige ihnen nun einen der schönsten Ausblicke über Berlin“, sagt pünktlich am Pförtnertresen ein junger Mann mit Jeans und Basecap. Der Geoökologiestudent wohnt seit mehr als 20 Jahren in Marzahn. Krause gehört zum Helferteam, das Besucher ehrenamtlich hinaufführt. Das macht er, weil ihn schon lange die vielen Vorurteile über seinen Bezirk ärgern. Öde Plattenbausiedlung – von wegen. Endlich kann er mal „vielen Menschen zeigen, wie schön grün und lebenswert Marzahn mit seinen breiten Baumalleen ist“. Diese Chance beflügelte auch den größten Vermieter des Bezirks, die Wohnungsbaugesellschaft Degewo, rund 17 Tonnen Stahl aufs Dach zu hieven. Aus 1350 Einzelteilen wurde die Plattform mit 850 Schrauben zusammengefügt. Kosten der neuen Perspektive: 400.000 Euro.

„Viel Vergnügen!“ ruft ein Concierge der Gruppe hinterher. Die verschwindet in zwei Aufzügen zum 21. Stock. Ein Rehpinscher kehrt im Lift auf dem Arm seines Frauchens gerade vom Gassi gehen in die 20. Etage zurück. Oben sagt Markus Krause: „Pssst, wir steigen hier rund 1000 Menschen in 300 Wohnungen aufs Dach.“ Also – leise sein.

Krause öffnet die verglaste Tür zur Gitterkonstruktion. Erste Schritte auf einer Himmelsleiter. Die führt außen an der Fassade entlang mehr als vierzig Stufen hinauf zur Plattform. Auf halber Strecke kann man auf dem Skywalk-Balkon wie auf einem Sprungbrett weit hinauslaufen. Festhalten am sonnenwarmen Geländer, selbst in dieser Höhe ist der Wind eingeschlafen.

Weit schweift der Blick bis zu den Müggelbergen, zum Zementwerk Rüdersdorf. Vor allem das östliche Umland und die einstige Hauptstadt der DDR sind von hier gut zu sehen. Ganz nah dran die Windmühle im Dorf Marzahn, die Gärten der Welt, auch das neue Containerdorf für die Flüchtlinge.

Markus Krause erklärt die Geografie mit weiten Gesten. Und mehrere, meist ältere Paare aus Marzahn, offenbaren sich als Hochhausfans. Zum Beispiel Renate und Jörg Lohmann. Seit 1982 leben sie im Bezirk, zurzeit im zehnten Stock eines Wohnblocks. „Das Beste“ an ihrem Zuhause sei die verglaste Loggia, schwärmen die beiden. „Dort ein Weinchen trinken, wenn die Sonne untergeht ....“ Dann liegt ihnen nicht nur Marzahn zu Füßen, sondern die ganze Stadt. Rosarot eingefärbt.

Eine Stunde dauert der Skywalk. Danach reicht die Zeit noch für weitere Höhepunkte. Vorschlag: Gut doppelt so hoch hinauf geht’s im Park-Inn-Hotel am Alexanderplatz. Erst im Lift die 37. Etage drücken, dann noch 44 Stufen zur Panoramaterrasse nehmen. Ein kuscheliges Plätzchen mit Liegestühlen und umwerfendem Blick. Das Drehrestaurant im Fernsehturm fast auf Augenhöhe, die historische Mitte en miniature ausgebreitet.

Atemberaubender Ausguck. Der Skywalk - mit dem Teleobjektiv herangezoomt.
Atemberaubender Ausguck. Der Skywalk - mit dem Teleobjektiv herangezoomt.

© Christoph Stollowsky

Und danach das Kontrastprogramm. Aufstieg im Turm der Zionskirche in Prenzlauer Berg. Eine Wendeltreppe zwischen Backsteinmauern, enger als in vielen Burgtürmen. 104 schräge, ausgetretene Stufen. Und dann: Ein Schritt hinaus auf die Balustrade über der Rosenthaler Vorstadt. Die ist in luftiger Höhe ein Bild der Gemütlichkeit. Auf Balkonen genießen Anwohner letzte Sonnenstrahlen, auf ihren Dachterrassen das Abendessen.

Skywalk Marzahn, kostenlose Gruppenführungen dienstags und samstags 10-12 Uhr, donnerstags 14-16 Uhr, Anmeldungstelefon: 030- 264852588. Zionskirche am Zionskirchplatz, Turm geöffnet sonntags, 12-17 Uhr. Park-Inn-Terrasse, tägl. 11–22Uhr, Winter bis 18 Uhr, 4 Euro Eintritt.

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Romantik in 150 Metern Höhe. Auf der Panorama-Terrasse des Park Inn-Hotels am Alexanderplatz.
Romantik in 150 Metern Höhe. Auf der Panorama-Terrasse des Park Inn-Hotels am Alexanderplatz.

© Christoph Stollowsky

Man muss keinen Flug buchen, um Berlin von oben zu erleben. Die Auswahl an Aussichtspunkten ist groß. Türme, Anhöhen, Kantinen und Clubs bieten tolle Blicke auf die Stadt.

TÜRME

Kuppel des Berliner Doms am Lustgarten, toller Blick auf die Museumsinsel und den Schlossneubau, Mo.-Sa.,9-19 Uhr, So. ab 12 Uhr. Kollhoff-Hochhaus am Potsdamer Platz mit dem schnellsten Aufzug Europas zu Terrasse und Panorama-Café. Dort auf Barhockern sitzen und den atemberaubenden Sonnenuntergang über der West- City genießen (Täglich 10-20 Uhr, im Winter bis 18 Uhr).

Atemberaubender Ausguck. Der Skywalk - mit dem Teleobjektiv herangezoomt.
Atemberaubender Ausguck. Der Skywalk - mit dem Teleobjektiv herangezoomt.

© Christoph Stollowsky

Glockenturm am Olympiastadion: Im gläsernen Aufzug geht’s 77,17 Meter nach oben. Vor allem der Blick aufs Stadion und die Havellandschaft bei Spandau lohnen die Fahrt (1. April bis 1. November tägl., 9-18 Uhr). Grunewaldturm an der Havelchaussee. Hier muss man 55 Meter über 204 Treppenstufen hinaufsteigen. Dann breitet sich in der Tiefe die Unesco-Weltkulturerbelandschaft entlang der Havel zwischen Berlin und Potsdam aus. Wannsee, Pfaueninsel, Heilandskirche, alles gut zu sehen (tägl. 10-22 Uhr).

Funkturm am Messegelände mit Aussichtskanzel (125 Meter) und Jugendstil-Restaurant in halber Höhe. An der östlichen Tischreihe, direkt an den schrägen Fenstern, wurde schon mancher Hochzeitsantrag mit Blick auf die abends erleuchtete Westcity gemacht (Plattform, Mo., 10-20 Uhr, Di.-So., 10-23 Uhr, wetterabhängig, Tel.: 30381905, Lokal Tel.: 30382900.

ANHÖHEN

Flak-Bunker am Humboldthain: Das ist ein Tipp fürs Höhen-Picknick. Der nördliche einstige Flak-Bunker ist zum Park hin aufgeschüttet, doch zur S-Bahn hin ragt das Bauwerk noch hoch hinaus. 85 Meter über Gesundbrunnen hat man einen prächtigen Blick besonders auf den Norden Berlins.

Plateau auf dem Kreuzberger Viktoriapark: Tagsüber pilgern hier Touristen zum Nationaldenkmal von Schinkel hinauf, am Abend trifft man sich auf dessen Stufen mit Gitarre und Wein. Unter den Füßen rauscht der Wasserfall, breitet sich Kreuzberg aus.

Aussichtspunkt Zionskirche in Mitte: Von der höchsten Stelle im Turm des Gotteshauses am Zionskirchplatz blickt man auf die Rosenthaler Vorstadt - durch die neoromanischen Backsteinbögen. Der Turm ist sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet.
Aussichtspunkt Zionskirche in Mitte: Von der höchsten Stelle im Turm des Gotteshauses am Zionskirchplatz blickt man auf die Rosenthaler Vorstadt - durch die neoromanischen Backsteinbögen. Der Turm ist sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet.

© Christoph Stollowsky

KANTINEN

Cafeteria Skyline der Technischen Universität: Kaffeetrinken im Studentenhimmel, Aussicht gratis. Das ist in der 20. Etage des Telefunken-Hochhauses am Ernst-Reuter-Platz möglich. Die Cafeteria ist öffentlich, obwohl kaum ein Schild auf das Lokal hinweist (werktags 7.30-16.15 Uhr). Kantine im Rathaus Kreuzberg, Yorckstraße 4-11: Guten Appetit in der 10. Etage, Blick auf Riehmers Hofgarten oder zum Südstern inklusive. Hier kann jedermann günstig essen und die Sicht genießen (werkt. 7-15 Uhr).

CLUBS

Bar- und Restaurant „Solar“ am Anhalter Bahnhof, Stresemannstraße 76. Mit dem gläsernen Lift geht’s hoch, Etage um Etage entblättert sich die Stadt. Dann in der Bar auf den schaukelnden Sofas einen Drink nehmen und auf Mitte hinabschauen (Mo-Sa. ab 18 Uhr, So. ab 11 Uhr). Und hier noch drei Top-Adressen für Ausblicke auf die West- und Ostcity: „Puro“-Club im 20. Stock des Europa-Centers, Roof- Garden über dem Weekend-Club im einstigen Haus des Reisens am Alexanderplatz. Und der kunterbunte Klunker-Kranich Kultur- Dachgarten auf den Neukölln Arcaden.

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