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Schlaf gut. Viele Babys schlafen wie dieses zehn Wochen alte Kind am liebsten mit ganz viel Körperkontakt.

© Uwe Anspach/dpa

Die richtige Position: Geborgenheit in der Anhock-Spreiz-Stellung

Was beim Tragetuch-Kauf zu beachten ist.

Ein Tragetuch zu verwenden, dafür spricht so einiges: „Die kindlichen Grundbedürfnisse nach Nähe und Geborgenheit werden befriedigt“, sagt Evelin Kirkilionis, Mitbegründerin der selbstständigen „Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen“ aus Kandern bei Freiburg. Denn stammesgeschichtlich betrachtet seien Kinder von Jägern und Sammlern daran angepasst, getragen zu werden. Im Tuch nimmt das Baby bekannte Gerüche wahr, spürt den Herzschlag des Elternteils und kann Blickkontakt aufnehmen. Außerdem wird das kindliche Gleichgewichtssystem durch das Mitschwingen beim Laufen angeregt. „Durch das Tragen kommt es nicht nur zu einer motorischen und kognitiven, sondern auch zu einer emotionalen Stimulierung“, sagt Kirkilionis.

Was macht ein gutes Tragetuch aus?

„Ein hochwertiges Tragetuch muss in der Länge und Breite stabil, aber in der Diagonalen elastisch und damit äußerst strapazierfähig sein“, sagt Kirkilionis. Handelsübliche Tücher sind – je nach Bindeart und Körperproportionen des Tragenden – etwa zwischen 2,50 Meter und 5,40 Meter lang, mit gezwirntem Garn speziell gewebt und in allen möglichen Farben verfügbar. Außerdem besitzen einige Modelle Extras wie aufgesetzte Taschen für das Portemonnaie oder den Schlüssel. Ein geeignetes Tuch koste etwa zwischen 60 und 120 Euro, gute gebrauchte Tücher seien günstiger zu haben.

Gesunde Babys können ab dem ersten Lebenstag bis zu einem Alter von etwa drei Jahren oder sogar noch länger im Tuch transportiert werden – wobei die Bindeweisen altersabhängig variieren. Vielen Nutzern gefällt besonders gut, dass sie mit dem Textil nebenbei auch leichte Hausarbeiten erledigen können.

Nicht alle Babytragen sind ab Geburt empfehlenswert

Neben den Tüchern existieren auch andere Tragevorrichtungen für Babys: Komforttragen beispielsweise sind Tragesitze, die wie kleine Rucksäcke vorgeformt sind. Es gibt sehr viele unterschiedliche Systeme, auf den ersten Blick kann die Vielfalt durchaus verwirrend wirken. Deshalb wird oft geraten, eine Trageberatung in Anspruch zu nehmen. Das ist unter anderem auch deshalb wichtig, weil – anders als die Tücher –, nicht alle Tragegurte ab Geburt zu empfehlen sind – selbst wenn die Hersteller es tun. Manche Babytragen werden mit dem Hinweis angeboten, man könne sie auch für eine nach vorn gerichtet Position nutzen. Davon raten jedoch Trageberaterinnen nachdrücklich ab. Denn weder kann so die „Anhock-Spreiz-Haltung“erreicht werden, noch ist es für die Babys gut, mit der Reizüberflutung fertigzuwerden, die durch das Nach-Vorne-Schauen entsteht. Auch für die Eltern ist eine Trageberatung vor dem Kauf einer Trage wichtig, da es sehr auf Körperform und -größe ankommt, welche passt. Viele Eltern mögen auch sogenannte Ring-Slings, bei denen Stoffbahnen durch Metallringe festgezogen werden. Qualitativ hochwertige Ring-Slings kosten zwischen 50 und 80 Euro. Entscheidet man sich für eine gute Komforttrage, sind etwa 100 bis 160 Euro fällig.

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Der Rücken muss gut gestützt sein

Wie wirkt sich das Tuch auf den Rücken aus? „Gleich, ob ein Kind im Tuch oder in einer anderen Tragehilfe sitzt, wichtig ist, dass sein Rücken gut gestützt wird, leicht gerundet ist und vor allem nicht ins Hohlkreuz fällt“, sagt Kirkilionis. Deswegen muss der Babyrücken fest eingebunden sein, während die Beinchen stark angehockt werden. Diese „Anhock-Spreiz-Haltung“ der Beine wirke sich positiv auf die Hüftgelenkentwicklung aus. Auch Julia Funk, Oberärztin für Kinder- und Neuroorthopädie vom Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie der Charité, hält diese spezielle Position für wichtig, wenn man ein Tragetuch verwendet. „Erst wenn die Hüftgelenke der Kinder im Tragetuch um mindestens 90 Grad gebeugt sind, ist eine für die Hüftentwicklung günstige Haltung erreicht“, sagt sie. Neben dem Rücken des Kindes sei auch an den des Trägers gedacht: Manche Eltern berichten, dass sie durch die Tragetücher ihre Rückenschmerzen sogar lindern konnten – bei ihnen wirken sie wie ein Krafttraining für die Rückenmuskulatur.

Bis 16 Kilo belastbar

In Deutschland erhältliche Tragetücher werden auf ihre Inhaltsstoffe und den Pestizidgehalt kontrolliert. Technische Institute prüfen sie regelmäßig auf Elastizität und Reißfestigkeit – mit dem Ergebnis, dass Tragetücher je nach Hersteller Belastungen bis zu über 16 Kilogramm standhalten. Seit 1998 führt auch das Verbraucher-Magazin „Öko-Test“ Qualitätskontrollen durch. Das Ergebnis: Wenn das Tragetuch korrekt gebunden ist, sitzen die Babys in allen Tüchern richtig.

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