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Abgebranntes Feuerwerk liegt auf einer Straße in Berlin.

© Christophe Gateau/dpa

„Die Lage ist nicht eskaliert“: Geisel wertet Verbotszonen als Erfolg – Koalition bei künftigen Böller-Einschränkungen uneins

Laut Berlins Innensenator ist der Jahreswechsel ruhiger verlaufen. Angriffe auf Einsatzkräfte gingen zurück. Jedoch wurden mehrfach Molotov-Cocktails geworfen.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat die Pyro-Verbotszonen zum Jahreswechsel als Erfolg gewertet. Silvester sei „etwas ruhiger“ abgelaufen als in den Vorjahren, sagte Geisel am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Zugleich verteidigte er die Verhängung der 54 Pyro-Verbotszonen im gesamten Stadtgebiet – trotz vereinzelter Böllerei.

„Einzelne Raketen sind nicht unser Problem“, sage Geisel. Ziel der Verbotszonen, in denen Aufenthalt und Böllerei verboten waren, sei es gewesen, „Gruppenbildung zu vermeiden“. Die Pyro-Verbotszonen seien Mittel zum Zweck gewesen – nicht gegen Böllerei, sondern um größere Ansammlungen zu verhindern und um die stark ausgelasteten Kliniken nicht zu belasten. Auch das Verkaufsverbot von Feuerwerk haben wesentlich dazu beigetragen, dass der Jahreswechsel ruhiger verlaufen sei.

Zugleich bedankte sich Geisel auch bei den Berlinerinnen und Berlinern. Sie hätten Umsicht gezeigt, „die Vorschriften in der Regel eingehalten“ und „sehr bewusst den Jahreswechsel reduziert gefeiert“, sagte der Innensenator. „Die Lage ist nicht eskaliert.“ Dennoch sei die Polizei bei Verstößen konsequent eingeschritten. Brennpunkte seien die Gropiusstadt, das Märkischen Viertel und die Seitenstraßen am Hermannplatz gewesen.

Innensenator Geisel wollte sich jedoch nicht darauf festlegen, ob künftig in Berlin generell Feuerwerk stärker eingeschränkt werden sollte. Innenpolitiker seiner Koalitionspartner erklärten, die starken Einschränkungen seien ein Vorbild, um künftig Böllerei zu begrenzen.

Benedikt Lux (Grüne) sagte: „Ich hoffe, wie finden Möglichkeiten und Mehrheiten, die Böllerei einzuschränken, es muss nicht alles wieder werden wir früher.“ Es müsse jetzt einen gesellschaftlichen und politischen Konsens zur Einschränkung geben, Berlin müsse sich dafür einsetzen, dass in dicht besiedelten Gebieten wie der Hauptstadt privates Böllern verboten werden könne. „Der Verzicht auf private Böllerei ist ein Gewinn an Freiheit“, sagte Lux. Es lohne sich, wenn Menschen die Tradition der Böllerei verlernten.

Linke und Grüne für Böller-Einschränkungen

Auch Niklas Schrader (Linke) sagte: „Wir wollen an der Reduzierung der Böllerei festhalten, auch nach der Pandemie – zum Schutz von Mensch, Umwelt und Tier. Die wichtigste Erkenntnis: Das effektivste Mittel ist die Regulierung des Verkaufs von Feuerwerk.“ Allerdings mahnte Schrader auch zu Augenmaß: „Es war jetzt nicht nötig, auch noch Wunderkerzen und Tischfeuerwerk zu untersagen. Das sollten wir nächste Mal besser machen.“ Er habe dennoch mit seinen Kindern eine „fette Party“ gefeiert.

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Geisel zeigte sich jedoch skeptisch. Berlin habe Mitte 2020 für seine Bundesratsinitiative, Silvesterfeuerwerk stärker zu reglementieren, keine Mehrheit gefunden. Es handle sich bei der Sprengstoffverordnung um Bundesrecht. Zwar könne Berlin über Allgemeinverfügungen vorgehen, doch in diesem Jahr sei dies vor allem durch Infektionsschutzverordnung gelungen.

Eine Differenzierung zwischen Flächenstaaten und Stadtstaaten im Bundesrecht sei nicht so leicht wie gedacht. „Solange sie in jedem Supermarkt Feuerwerk kaufen können, solange das durch den Bund nicht verändert wird, wird es schwer, Einschränkungen vorzunehmen“, sagte Geisel. „Gleichwohl zeigt dieses Silvester eindeutig, dass Beschränkungen zu weniger Einsätzen, Übergriffen und weniger Verletzten führen.“

Der Innensenator ließ durchblicken, dass er die harte Linie der Koalitionspartner nicht teilt: Es sei eine Diskussion wert, „ob man jede einzelne Rakete verbieten muss oder mit Augenmaß veranstaltetes Feuerwerk einschränken muss“. Bei diesem Silvester sei es lediglich darum gegangen, weitere Corona-Infektionen zu vermeiden.

Rückgang bei Angriffen auf Einsatzkräfte

Bei den Angriffen auf Einsatzkräfte ist ein Rückgang zu verzeichnen. Laut Geisel gab es 30 gezielte Angriffe auf Polizisten, 19 sind verletzt worden. Silvester 2019/2000 waren es 47 Angriffe und 24 Verletzte. Bei der Feuerwehr waren es fünf Angriffe auf Rettungskräfte, vier davon mit Pyrotechnik, im Vorjahr waren es 24 Übergriffe.

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Polizeipräsidentin Barbara Slowik wies jedoch auf eine Besonderheit hin. Ihren Angaben zufolge seien mehrfach Molotov-Cocktails auf Einsatzwagen geworfen worden. „Mollis waren das Thema der Nacht“, sagte Slowik.

Bei einer Kontrolle seien Brandsätze gefunden worden, in einem Fall hätten Unbekannte einen „Molli“ auf einen Einsatzwagen geworfen, diesen aber verfehlt. In einem anderen Fall landete ein Brandsatz direkt vor einem Einsatzwagen, der dann durch eine Wand aus Feuer fahren musste. Ein weiterer Brandsatz sei im „vorderen Bereich“ des Wagens gelandet. „Mehr als glücklicherweise sind die Einsatzkräfte nicht verletzt worden.“

Slowik: „Mollis waren das Thema der Nacht“

Auch bei den Einsätzen gab es einen Rückgang zu verzeichnen. Während die Berliner Feuerwehr sonst in 24 Stunden rund 1310 Einsätze bewältigt, waren es nun zwischen 19 und 7 Uhr 862 Einsätze, davon 211 Brände und 556 Rettungsdiensteinsätze. In der Silvesternacht 2019/2020 waren es insgesamt 1523 Einsätze, davon 617 Brände und 806 Mal beim Rettungsdienst. Bei der Polizei ging die Zahl der Einsätze in der Silvesternacht um 100 auf rund 1933 zurück, die Zahl der Notrufe sank um 300 auf 2765.

Vor allem aber: Die Zahl der Brände, die durch Pyrotechnik ausgelöst worden sind, ist um ein Drittel zurückgegangen. Beim Jahreswechsel 2020/21 waren es 58 solcher Brände. Auch die Zahl der Menschen, die durch Pyrotechnik verletzt worden sind, ist zurückgegangen. Den Angaben zufolge musste der Rettungsdienst Silvester 2019/20 insgesamt 33 durch Pyrotechnik Verletzte versorgen, diesmal waren es 13.

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